Bund beaufsichtigt «intensiv»Jede vierte Krankenkasse hat zu wenig Reserven – auch der grösste Versicherer im roten Bereich
Erfüllten 2022 noch sämtliche Krankenversicherer die Mindestanforderungen an die Zahlungsfähigkeit, sind aktuell 11 von insgesamt 44 Krankenkassen unterfinanziert.
![[Symbolbild] Verschiedene Schweizer Krankenversicherungskarten, fotografiert am Dienstag, 25. April 2023 in Bern. (KEYSTONE/Christian Beutler)](https://cdn.unitycms.io/images/7D6UHyIs45sBpkpVhrfDG8.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=stkO9KSw0B0)
Seit 2012 beurteilt das Bundesamt für Gesundheit die Zahlungsfähigkeit der Schweizer Krankenkassen mit einem Solvenztest. Dieser soll sicherstellen, dass die Versicherer genügend Reserven haben, um auch in Jahren mit unerwartet hohen Gesundheitsausgaben alle anfallenden Ausgaben ihrer Versicherten decken zu können.
Wegen der jährlich steigenden Krankenkassenprämien und der durch die Pandemie zusätzlich gestiegenen Ausgaben beschloss der Bundesrat 2021 einen Abbau der Krankenkassenreserven. Betrug die gesetzlich vorgeschlagene Liquiditätsquote 2020 noch 150 Prozent, wurde sie im Rahmen der geplanten Verordnungsrevision auf 100 Prozent gesenkt. Seither sind die Reserven aller grossen Krankenversicherer massiv zurückgegangen, wie eine Übersicht des Beratungsunternehmens Deloitte aufzeigt.
2022 konnten noch sämtliche Versicherer die Mindestanforderungen an die eigene Zahlungsfähigkeit erfüllen. 2023 hatten dann bereits sieben Krankenkassen zu wenig Reserven. 2024 sind bereits 11 von insgesamt 44 Kassen unter die vom Bund geforderte Quote gerutscht. Das entspricht jeder vierten Krankenkasse.
Wie unterschiedlich sich die Krankenversicherer entwickelt haben, lässt sich am Beispiel der CSS, der mit 1,5 Millionen Grundversicherten grössten Krankenkasse, und der Concordia exemplarisch aufzeigen: Die Reserven der CSS sind innerhalb von drei Jahren um fast 1 Milliarde Franken geschrumpft – von einer Solvenzquote von 205 Prozent auf 84 Prozent.
Concordia konnte seine Liquiditätsquote trotz Abbau der Reserven um 274 Millionen bei aktuell 174 Prozent behalten. Der Versicherer konnte im laufenden Jahr 71’000 neue Grundversicherte gewinnen, die CSS hingegen muss 2025 ihre Prämien überdurchschnittlich stark erhöhen und konnte 2024 nur 30’000 neue Versicherte in der Grundversicherung verpflichten.
Krankenkassen mit ungenügenden Reserven werden intensiv beaufsichtigt
Das BAG, welches mit dem Monitoring der Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen beauftragt ist, betont trotz der beunruhigenden Entwicklung, dass man die Situation der Versicherer «intensiv beaufsichtige». So müssen die Kassen regelmässig Zustandsberichte an die Aufsichtsbehörde übermitteln, wie BAG-Sprecherin Gabriela Giacometti gegenüber CH-Media betont.
Nur wenn ein Versicherer «keine oder nur ungenügende Massnahmen» ergreife, ordne das BAG eigene Massnahmen an. Diese beginnen bei der Festlegung der Prämien für das Folgejahr: Sie müssen gemäss BAG so angesetzt werden, dass sie zum Reserveaufbau beitragen. Nur in extremen Fällen und bei stark unterfinanzierten Versicherern, wie etwa beim Zuger Versicherer Klug, muss das BAG auf eine Prämienerhöhung während des laufenden Jahres pochen.
Der gewünschte positive Effekt des Reserveabbaus bei den Versicherern, nämlich kein sprunghafter Zuwachs bei den Krankenkassenprämien, war leider nur von kurzer Dauer: Sanken die Prämien 2022 um 0,2 Prozent, geht es seither nur noch sprunghaft nach oben: Für kommendes Jahr erneut um 6 Prozent.
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