Abstimmung vom 29. NovemberKonzernverantwortung: Der Überblick
Schweizer Unternehmen sollen sich auch im Ausland an Menschenrechte und Umweltstandards halten: Dafür will eine Initiative sorgen. Die Gegner warnen vor Nachteilen für den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Darum geht es
Keine Verstösse gegen Menschenrechte und Umweltauflagen: Schweizer Unternehmen sollen sich bei Geschäften im Ausland genauso an internationale Standards halten wie daheim. Die Konzernverantwortungsinitiative will darum, dass alle Grossunternehmen sowie kleine und mittlere Betriebe aus Risikobranchen wie dem Rohstoffhandel neu sogenannte Sorgfaltsprüfungen durchführen. Das heisst, sie müssen ihre Lieferketten durchleuchten und Massnahmen ergreifen, um Regelverstösse zu verhindern. Hält sich ein ausländisches Tochterunternehmen oder ein Lieferant, den ein Schweizer Unternehmen wirtschaftlich kontrolliert, nicht daran, soll das Mutterhaus in der Schweiz dafür verklagt werden können.
Das sagen die Befürworter
Hinter der Initiative steht ein Komitee aus Nichtregierungsorganisationen, die vor allem in der Entwicklungshilfe und im Umweltschutz aktiv sind. Hinzu kommen Organisationen mit einem kirchlichen Hintergrund. Im Parlament wurde die Initiative hauptsächlich von SP und Grünen unterstützt. Es existiert inzwischen aber auch ein bürgerliches Pro-Komitee und die Parteien GLP, BDP und EVP haben die Ja-Parole beschlossen. Die Initianten nennen ihre Initiative eine «Lösung mit Augenmass»: Die grosse Mehrheit der Schweizer Unternehmen – jene, die sauber geschäften – habe nichts zu befürchten. Man wolle aber, dass die schwarzen Schafe künftig auch in der Schweiz für Schäden haften, die sie im Ausland verursachen.
Das sagen die Gegner
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Eine Annahme schade dem Wirtschaftsstandort. Unternehmen könnten die Schweiz verlassen. Die Gegner stören sich an den neuen Haftungsregeln. Den Grundsatz, dass Schweizer Unternehmen internationale Standards auch im Ausland einhalten müssen, anerkennen sie aber ebenfalls. Das Parlament hat einen Gegenvorschlag zur Initiative verabschiedet. Er setzt nicht auf das Haftungsrecht, sondern auf mehr Transparenz bei Grossunternehmen. Sie sollen in Berichten darlegen, wie sie für ein korrektes Verhalten ihrer Tochterunternehmen sorgen. In zwei Bereichen (Kinderarbeit und Konfliktmineralien) verlangt auch der Gegenvorschlag eine umfassende Sorgfaltsprüfung.
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