Abstimmung vom 29. NovemberSo soll die Konzerninitiative umgesetzt werden
Ungewöhnlicher Schritt: Mitten im Abstimmungskampf unterbreiten die Initianten einen konkreten Vorschlag für ein Konzernhaftungsgesetz – und machen damit Druck auf die Gegner.
Die Gegner warnen mit drastischen Worten. Etwa damit, dass Zehntausende Unternehmen von der Konzernverantwortungsinitiative betroffen sein sollen. Oder dass Unternehmen auch für eine Vielzahl von Lieferanten haften müssen. Solche Einschätzungen sind möglich, weil der Text der Initiative relativ offen formuliert ist und viele Details erst nach einem Ja an der Urne auf Gesetzes- und Verordnungsebene geklärt würden. (Lesen Sie hierzu auch unseren Faktencheck)
Am Mittwoch nun haben die Initianten mit einem überraschenden Schritt die Warnungen ihrer Gegner gekontert: Sie haben ihren Vorschlag für ein Konzernhaftungsgesetz präsentiert. Autor ist der St. Galler Rechtsanwalt Gregor Geisser, der auch als Vater des Initiativtextes gilt.
Der Vorschlag ist nicht verbindlich. Das Parlament könnte nach einem Ja des Stimmvolks am 29. November immer noch selber entscheiden, wie es die Initiative umsetzen will. Die Initianten halten nun aber schriftlich die Minimalvariante fest, mit der aus ihrer Sicht die Initiative gerade noch verfassungskonform umgesetzt wäre. Dass das Parlament einer härteren Variante zustimmen würde, kann praktisch ausgeschlossen werden – es lehnt die Initiative ja ab.
Das sind die wichtigsten Punkte des Vorschlags der Initianten:
- Nahe am Nationalrat: Lange hat das Parlament um einen Gegenvorschlag zur Initiative gerungen. Der Nationalrat ist dabei am Ende mit einer harten Variante unterlegen, für die die Initiative zurückgezogen worden wäre. Das Gesetz der Initianten basiert nun auf jenem Vorschlag. Sie platzieren aber an entscheidenden Stellen Verschärfungen.
- Tiefere Grenze für betroffene Unternehmen: Mindestens 250 Mitarbeiter, eine Bilanzsummer von 20 Millionen Franken und ein Umsatz von 40 Millionen Franken: Erfüllt ein Unternehmen zwei dieser Bedingungen, wird es zu Sorgfaltsprüfungen verpflichtet. Das bedeutet, dass es seine Geschäftsbeziehungen durchleuchten und Massnahmen ergreifen muss, um Verstösse gegen Menschenrechte und Umweltstandards zu verhindern. Im Vergleich zum Vorschlag des Nationalrats haben die Initianten alle drei Kennzahlen halbiert.
- Kleine und mittlere Unternehmen (KMU): Erfüllen Unternehmen die oben genannten Bedingungen nicht, sollen sie nur von der Initiative betroffen sein, wenn es sich um Hochrisikounternehmen handelt. Das sah bereits der Gegenvorschlag des Nationalrats vor. Was genau Hochrisikounternehmen sind, müsste der Bundesrat dann in einer Verordnung festlegen. Die Initianten nennen als Beispiel Unternehmen, die Rohstoffe in Entwicklungsländern abbauen oder damit handeln.
- Das sind «kontrollierte» Unternehmen: Für wen müssten Schweizer Unternehmen nach einem Ja zur Konzerninitiative haften? Nur für Tochterfirmen oder auch für Lieferanten? Das ist eine der grossen Streitfragen im Abstimmungskampf. Im Vorschlag der Initianten wird nun genauer definiert, ab wann eine ausländische Firmen unter der Kontrolle des Schweizer Unternehmens steht. Für Lieferanten reicht es demnach nicht aus, wenn die Schweizer die wichtigsten Kunden sind. Sie müssen darüber hinaus Einfluss auf den Lieferanten nehmen. Die Initianten halten aber auch fest, dass hier wohl jeweils im Einzelfall ein Gericht die Grenze ziehen müsste.
Auf Basis des Vorschlags der Initianten lässt sich auch abschätzen, wie viele Unternehmen in der Schweiz von einem Ja zur Konzerninitiative betroffen wären. Zwei von drei der genannten Kennzahlen erfüllen in der Schweiz maximal 3500 Unternehmen. Hinzu kämen die Hochrisiko-KMU: Die Initianten gehen von einigen Hundert aus – ohne zu wissen, wo der Bundesrat die Grenze ziehen würde.
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