Kommentar zu Sam AltmanDer Traum von der gemeinnützigen KI ist geplatzt
Open AI sollte ein Hightechlabor zum Nutzen der Menschheit sein. Das Drama um den Rauswurf des Gründers zeigt, wie wenig davon geblieben ist.
Sam Altman hat den Machtkampf gewonnen, aber seine Vision ist tot. Nach vier chaotischen Tagen darf der Unternehmer in die von ihm gegründete Firma Open AI zurück. Die Idealisten im Verwaltungsrat, die Altman feuerten, werden nun selbst ersetzt. Der Geschäftsmann Altman kann mit dem Grossinvestor Microsoft, der ihn stützte, durchregieren.
Künstliche Intelligenz (KI) von Open AI steckt hinter dem Chatbot Chat-GPT, mit dem Menschen zum Teil faszinierende Gespräche führen können. Sie steckt auch hinter dem Programm Dall-E, das auf Befehl Bilder malt, die man sich sogar gut an die Wand hängen kann. Die Aufregung um KI, die derzeit Studierende wie Vorstandsmitglieder umtreibt, hat vor allem Altman ausgelöst.
2015 konstruierte er Open AI als idealistisches Projekt: ein Hightechlabor für die Menschheit, in dem KI kontrolliert und ohne Kollateralschäden entwickelt werden sollte. Diesen Traum lebte Altman ein paar Jahre. Nun jedoch ist klar: Er will dann doch lieber ein Steve Jobs sein als ein Albert Schweitzer.
Die Erfolge haben dem Silicon Valley endlich wieder eine Grosserzählung gegeben.
Zu gross waren die Verlockungen des KI-Goldrauschs. Denn die Durchbrüche in dieser Technologie haben dem Silicon Valley endlich wieder eine Grosserzählung gegeben, die eine Revolution verspricht und die seiner Milliardärskaste neue Mitglieder beschert. Die Quantensprünge gründeten jedoch auf einem Forschergeist, der eigentlich mit der Business-Ideologie des Silicon Valley – Software auf den Markt werfen und rasch skalieren – kollidiert.
Skeptiker, die KI nur langsam auf die Menschheit loslassen wollten, stellten sich daher gegen Altman. Dabei trieb sie möglicherweise Paranoia, doch sie waren auch das einzige Korrektiv innerhalb der KI-Elite. Bis die Geschäftsinteressen gewonnen haben. Altman folgte deren Logik, brachte neue Produkte raus, plante zu expandieren. Er löste alle Bremsen.
Altmans Gegner gingen unprofessionell vor, der Putsch verpuffte.
Nach dem Rauswurf hat sich der ehemalige Idealist als gut vernetzter Machtspieler gezeigt. Praktisch die gesamte Belegschaft sowie Microsoft und einflussreiche Techmilliardäre schlugen sich auf seine Seite. Die Drohung der Mitarbeiter, kollektiv zu kündigen und Open AI praktisch aufzulösen, war ein Loyalitätsbeweis, in dessen Genuss nur wenige Chefs kommen. So verpuffte der hektisch umgesetzte Putsch von Altmans Gegnern.
Die Mitarbeiter mögen erleichtert sein, weil Altman wieder da ist und sie reich machen kann. Ihre Unternehmensanteile sind viel wert. Wie viel von ihrer Arbeit nach dem KI-Hype in der Arbeitswelt und im Alltag der Menschen ankommt, müssen Open AI und seine Konkurrenten von Google bis Meta nun beweisen.
Open AI ist kein Projekt zur Rettung der Menschheit. Egal, was die Gründer erzählen.
Die führende Forschungsstelle für künstliche Intelligenz wird nun endgültig von kommerziellen Interessen dominiert. Der neue Verwaltungsrat wird Altman gefügiger sein als der bisherige. Zudem ist die Abhängigkeit von Microsoft noch grösser geworden, seit der Konzern Altman ein – vermutlich gut bezahltes – Asyl anbot. Das erhöhte den Druck auf Open AI, ihn zurückzunehmen.
Am Ende hat ausgerechnet der Lautsprecher Elon Musk, der Open AI einst mit Altman gründete und dann im Streit ging, recht behalten: Open AI ist heute auch nicht mehr als eine Firma, die in der Schuld von Microsoft steht. Sie ist kein Projekt zur Rettung der Menschheit. Die gibt es im Silicon Valley einfach nicht. Egal, was Gründer wie Sam Altman erzählen.
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