Meta AIBei Whatsapp nervt die KI, bei Facebook die Deepfake-Flut
Der Meta-Konzern pflegt einen Umgang mit der künstlichen Intelligenz (KI), der den Bedürfnissen der User keinerlei Rechnung trägt.

- Meta verweigert bei Whatsapp einen Deaktivierungsschalter für die KI-Funktionen.
- Facebook wird zunehmend mit KI-generierten Bildern für politische Zwecke überflutet.
- Rührselige KI-Bilder locken Nutzer erfolgreich zu emotionalen Reaktionen.
- Der Freunde-Feed bietet eine Alternative zu algorithmisch gesteuerten Inhalten.
«KI in Whatsapp? Nur über meine Leiche!» Das schrieb vor zwei Wochen eine Kolumnistin des «Guardian». Auch in den Foren der Diskussionsplattform Reddit wogt die Empörung hoch: «Es gibt echte und wichtige Anwendungsfälle für die künstliche Intelligenz. Doch das ist keiner», schreibt ein Nutzer. Einige Leute haben Bedenken wegen ihrer Privatsphäre. Aber viele finden auch, dass eine KI nichts in den Chats mit ihren Freunden und der Familie verloren hat.
Es wäre für Meta ein Klacks, einen Aus-Schalter anzubieten. Dass es den bislang nicht gibt, ist ein untrügliches Anzeichen, dass Mark Zuckerbergs Unternehmen die Anwenderinnen und Anwender zu ihrem Glück zwingen will. Es zeichnet eine «KI-gesteuerte Zukunft». Und es lässt keinen Zweifel daran, dass Meta in dieser Zukunft wichtige Schlüsselstellen besetzen will.

Zu diesem Plan gehört die Annahme, dass die Akzeptanz mit der Zeit zunehmen wird. Schliesslich hat sich die Mehrheit der User auch an die Cloud, ans GPS im Handy und an smarte Haushaltsgeräte gewöhnt.
Facebook hat ein KI-Problem
Doch bei Meta geht das Problem tiefer, denn auch Facebook hat ein KI-Problem. Die Social-Media-Plattform wird momentan von künstlich generierten Bildern geflutet. Einige davon sind politische Deepfakes, mit denen etwa die AfD politische Gegner diskreditiert. Eine grosse Zahl fällt indes in den Bereich des «Engagement Farmings»: So nennt man die Strategie, die User bei ihren Emotionen zu packen und zu Aktionen wie Klicks und Likes zu verleiten.

Das funktioniert hervorragend: Viele der Reaktionen unter den Fake-Bildern zeigen echte Anteilnahme. Viele der kommentierenden Menschen sind sich anscheinend nicht im Klaren, dass sie auf ein Motiv hereingefallen sind, das nichts mit der Realität zu tun hat.
Gefühlsduselei, wohin man blickt
Das klappt besonders gut mit rührseligen Motiven. Innert Stunden lassen sich Dutzende davon auffinden: Vater und Sohn, die gemeinsam eine Holzskulptur geschnitzt haben. Eine Mutter mit Töchtern, die Tonnen von Äpfeln ernten. Kleinkinder, die Geburtstag feiern. Eine Frau mit einer riesigen Torte. Im Text wird behauptet, die Bäckerin hätte «mit Liebe gebacken, doch keinerlei Wertschätzung erfahren».
Zwischendurch tauchen auch falsche Naturbilder auf. Zum Beispiel ein Eisberg, der bunter leuchtet als eine Disco in den 1980er-Jahren.

KI-Inhalte müssten deklariert werden. Der AI Act der Europäischen Union schreibt Transparenz vor. Meta selbst liess vor einem Jahr verlautbaren, KI-Inhalte mit einem Label kenntlich machen zu wollen.
In der Hilfe heisst es allerdings, dass nur Videos und Audios kennzeichnungspflichtig seien – nicht aber Bilder. Warum diese Ausnahme? Wir haben bei Meta zu all diesen Punkten angefragt, aber bis zum Redaktionsschluss keine Antworten erhalten.
Was heisst das für Nutzerinnen und Nutzer? Wir können unseren Willen durch demonstrative Nichtbeachtung dieser unnötigen KI-Features kundtun. Es bietet sich auch eine gute Gelegenheit, unsere Nutzung grundsätzlich zu überdenken und von Whatsapp auf Threema oder Signal umzusteigen. Bei diesen Apps stehen die Ansprüche an die Privatsphäre der sorglosen KI-Integration entgegen. (Tipps zum Löschen von Onlinekonten finden Sie in diesem Beitrag.)
Sich auf die echten Freunde konzentrieren
In den sozialen Medien hilft es, Fake-Inhalte konsequent zu blockieren. Wenn in Facebook Beiträge über das X-Symbol in der rechten oberen Ecke geschlossen werden, teilt das dem Algorithmus mit, dass derlei Inhalte unerwünscht sind. Und es gibt auch den «Freunde-Feed». In ihm erscheinen nur die Beiträge der Personen, mit denen Sie auch tatsächlich vernetzt sind – keine Inhalte, die der Algorithmus Ihnen unterbreitet. Für diese Ansicht öffnen Sie die Rubrik «Feeds», dann «Freunde».
Das lässt sich als Eingeständnis werten, den Bogen überspannt zu haben. In einer Pressemeldung von Ende März erklärt Facebook, dass diese Ansicht in der App leichter zugänglich platziert werden soll. Das solle die «Freunde-Magie» zurückbringen, die anfangs die Kerneigenschaft des sozialen Netzwerks war und die in all den belanglosen Inhalten – ob KI-generiert oder nicht – verloren gegangen ist.
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