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Papablog: «Richtig» streiten
Komm, wir regeln das wie echte Kinder!

Der Klügere gibt nach? Oft fällt es bei Zankereien schwer, die richtigen Ratschläge zu geben. 
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Gerade in Tagen wie diesen braucht man kaum zu erwähnen, dass Gewalt keine gute Lösung ist. Nicht verbal, schon gar nicht körperlich. Denke ich aber an meine Kindheit und Jugend zurück, gehörte beides zwischendurch dazu – bestimmt nicht im familiären, aber im schulischen und freizeitlichen Umfeld allemal. Da hat man hin und wieder – angestachelt durch was auch immer – Fäuste verteilt und sich, wie man im Berndeutschen sagt, «Totsch u More» gesagt.

Wie kann ich die Kleine und Junior dabei unterstützen, sich trotz Streitereien einigermassen korrekt zu verhalten?

Nein, nein, in eine wirklich ernst zu nehmende Schlägerei bin ich zum Glück zeitlebens nie geraten. Aber eben dieses «Beefen», erst Reizen, dann Rangeln, schliesslich «Tätschen» und Hauen war scheinbar Teil der Entwicklung. Auch meine Kinder haben ab und zu Zoff im Chindsgi oder in der Schule. Nur, wie kann ich die Kleine und Junior dabei unterstützen, sich trotz Streitereien und Scharmützeln einigermassen korrekt zu verhalten? Oder müssen sie das selbst herausfinden? Austeilen? Zurückschlagen? Erdulden? Einstecken? Zwei Beispiele: 

1. Fiese Sprüche im «Bäbi-Egge»

«Sie hat gesagt, ich sei ein doofes Kind», winselt ein kleines Mädchen vor der Eingangstür des Kindergartens, als ich meine Kleine abholen will. Mit «sie» ist meine Tochter gemeint. «Ach, warum sagt sie denn so was?» Sie wisse es auch nicht mehr genau weshalb, lautet die Antwort. «Das ist wirklich nicht nett», sage ich und bin gespannt, was hinter diesem Drama steckt. Angesprochen auf den Vorfall meint meine Tochter nach einigem Nachhaken: «Ich wollte einfach nicht mit ihr spielen.» Da könne man sich aber auch diplomatischer ausdrücken, predige ich. «Du solltest dich bei diesem Mädchen entschuldigen.» Das habe sie schon getan, sie seien wieder Freundinnen, gibt die Kleine zu Protokoll.

Für fünfzig Prozent dieser beiden Kinder war der Fisch also rasch vom Tisch. Die andere, nicht meinen Lenden entsprungene Hälfte, kaute vielleicht noch zehn Minuten an der Story rum, bevor sie sich von einem Schmetterling oder einer schönen Blume auf dem Nachhauseweg ablenken liess. Klar, fiese Stacheln können im Wiederholungsfall auch tiefer sitzen. Aber dem Vernehmen nach haben die Mädels am nächsten Tag bereits wieder freudig miteinander gespielt. Alles gut?

2. Der Nackenklatscher schlägt wieder zu

Wie es der Zufall wollte, wurde ich an jenem Tag – es war ein Donnerstag – nochmals mit einer Streiterei konfrontiert. Junior kommt nach Hause und antwortet auf die Frage, wie es ihm denn gehe mit: «Nur halb gut.» Er tischt eine wilde Story auf. Dieser eine Junge habe ihm erneut eine Nackenklatsche mit dem Lineal verpasst, er habe sich gewehrt und am Ende sei ein Gegenstand durchs Schulzimmer geflogen, der einen unbeteiligten Buben im Gesicht getroffen habe. Zur Erklärung: Der Nackenklatscher ist eigentlich ein prima Jüngling. Er und Junior sind dicke Freunde, sitzen in der Schule oft nebeneinander und verbringen ihre Freizeit gemeinsam.

Freundschaft hin oder her, wenn die Dinge ausarten, bleibt am Ende bei keinem ein gutes Gefühl zurück. Nur, wie soll sich Junior beim nächsten Mal verhalten? Der biblische Ansatz, nach der ersten Klatsche den zweiten Nacken auch noch hinzuhalten, scheitert nur schon anatomisch. Aber muss es denn gleich Nacken um Nacken, Klatsche für Klatsche sein? Nein. «Mein Sohn», pflege ich in solchen Momenten nicht gänzlich frei von Pathos zu sagen, «du musst ihm deine Spielregeln erklären. Mach ihm ruhig und bestimmt klar, dass du sein Verhalten nicht tolerierst.» Aber wie soll das funktionieren, wenn die Emotionen situativ derart hochkochen?

Können wir Erwachsenen es wirklich besser?

Nun, ich möchte nicht, dass meine Kinder andere Kinder beleidigen oder schlagen – und umgekehrt. Aber beides wird in den nächsten Jahren wohl ab und zu der Fall sein. Sich angemessen wehren und verteidigen zu lernen, ist ein langer Prozess. Viele Menschen finden die Balance zwischen austeilen, einstecken, zurückschlagen und erdulden selbst Jahrzehnte später nicht wirklich. Zudem sind Streitereien unter sogenannten Erwachsenen oft viel subtiler, versteckter, manchmal perfider.

Die Kids sind zwar direkt, aber versöhnlich zugleich.

Und während ich diese Zeilen schreibe, frage ich mich, wer denn nun hier von wem lernen kann. Die Kinder von uns oder wir von den Kindern? Sind sich Streithennen und -hähne uneins, gar uneinsichtig, heisst es rasch, das Verhalten der einen oder des anderen sei «Kindergarten». Schön wärs. Denn wie die Beispiele zeigen, macht es der Nachwuchs scheinbar besser, als wir denken. Die Kids sind zwar direkt, aber versöhnlich zugleich. Letztlich regeln sie die Dinge so, wie das richtige Kinder eben tun. Trotzdem bleibt die Frage offen, wie wir Eltern sie dabei unterstützen können.

Haben Sie Vorschläge, liebe Leserinnen und Leser? Diskutieren Sie mit.