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Wegen Fachkräftemangel
KMU lassen Angestellte im Rentenalter weiterarbeiten

86 Prozent der kleinen und mittelgrossen Firmen haben Mühe, Personal zu finden, also greifen sie auch auf Angestellte im Pensionsalter zurück.
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Der Schweizer Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Inzwischen gehen mehr Mitarbeitende in Pension, als neu Ausgebildete eine Stelle suchen. Dies macht vielen Firmen zu schaffen. Der Personalmangel ist für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) derzeit die grösste Herausforderung, wie eine Umfrage im Rahmen der diesjährigen Axa-Arbeitsmarktstudie ergeben hat. Dafür wurden in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Sotomo von Michael Hermann gut 300 Schweizer KMU befragt.

Auch Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands und Mitinhaber der Bäckerei Hotz Rust in Baar, kriegt den Mangel an Arbeitskräften zu spüren: «Oft erhält man auf Inserate keine einzige Bewerbung.» Eine Konditoreichefin habe er fast ein Jahr lang gesucht.

Er suchte ein Jahr lang eine Konditoreichefin: Silvan Hotz, Präsident des Bäcker-Confiseurmeister-Verbands.

Ähnliche Erfahrungen macht Seraina Wyss, die bei der Küffer Elektro-Technik AG im bernischen Kirchberg die Administration leitet: «Inserate schalten reiche heute nicht mehr. Man muss in den sozialen Medien präsent sein und dort Employer Branding betreiben.» Auch an Stellenvermittlungsbüros komme man nicht mehr vorbei.

Im Vergleich zum letzten Jahr haben sich die Rekrutierungsprobleme nochmals verschärft. Gaben 2022 noch 14 Prozent an, dass sie meistens oder immer Mühe hätten mit dem Besetzen von Stellen, sind es in diesem Jahr bereits 18 Prozent. Insgesamt tun sich 86 Prozent mindestens teilweise schwer mit dem Einstellen neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Bei handwerklichen Berufen ist es besonders schwierig, geeignetes Personal zu finden. Und die Mehrheit der befragten KMU (69 Prozent) geht davon aus, dass sich die Situation noch weiter verschärfen wird. Das befürchtet auch Bäcker Hotz: «Die Zahl der Lernenden sinkt, weshalb der Mangel in unserer Branche wohl grösser wird.»

Viele Unternehmen suchen auch im Ausland – etwa in der Gastronomie, im Detailhandel und in der Industrie. «Wir erhalten selbst Bewerbungen aus Nahost und Afrika», sagt Seraina Wyss. Kürzlich habe ihr Betrieb einen Programmierer aus Nordmazedonien angestellt.

«Wir erhalten selbst Bewerbungen aus Nahost und Afrika»: Seraina Wyss von der Küffer Elektro-Technik AG in Kirchberg BE.

Willkommen sind auch Mitarbeitende im Rentenalter. Während vor Jahren noch erzwungene Frühpensionierungen Schlagzeilen machten, sind die Unternehmen jetzt froh, wenn ihre Angestellten nach dem Erreichen des Pensionsalters noch einige Jahre anhängen. Drei Viertel der KMU ermöglichen ihren Mitarbeitenden eine solche Verlängerung der Berufskarriere.

Wer davon Gebrauch macht, tut dies oft mit reduziertem Pensum. Was wiederum mehr Koordination und Planung bedarf. Bei Bäcker Hotz zum Beispiel arbeitet eine Verkäuferin noch einen bis zwei Tage pro Woche. Sie will aber mit ihrem Mann auch mal ein paar Wochen lang verreisen. Auf solche Bedürfnisse muss man eingehen, wenn man die Leute behalten will.

Je kleiner die Unternehmen, desto stärker sind sie daran interessiert, dass ihre Angestellten weiterarbeiten, selbst wenn diese bereits im Rentenalter sind. Das Know-how konzentriert sich in solchen Kleinbetrieben oft auf wenige Personen, sodass diese Firmen besonders froh sind, wenn sie das Wissen im Betrieb halten können.

Zurückhaltender sind die Unternehmen dagegen bei Neuanstellungen von Älteren. Offenbar scheuen sie die Einarbeitungskosten. Kosten, die bei einer Weiterbeschäftigung bisheriger Angestellter im Rentenalter nicht anfallen.

Auch beim Anbieten von Teilzeitarbeit und Homeoffice sind KMU eher zurückhaltend. Eine Mehrheit von 57 Prozent schätzt sich diesbezüglich als eher «traditionell» ein, 43 Prozent bezeichnen sich eher als «fortschrittlich». 80-Prozent-Pensen sind inzwischen breit akzeptiert, tiefere Pensen dagegen weniger – mit Ausnahme von «Frauenberufen» etwa im Detailhandel sowie im Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialwesen.

«Das hätten wir früher nicht gemacht»

Doch der Druck vonseiten der Mitarbeitenden wächst. «Sie pochen vermehrt darauf, mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können», sagt Hotz. Aufgrund des Personalmangels hätten sie auch gute Chancen, solche Forderungen durchzubringen. «Bei etlichen Unternehmen muss wohl ein Umdenken stattfinden», so der Präsident des Bäckerverbands. Heute müsse man auf dem Arbeitsmarkt nehmen, was man kriege. Dies bedinge auch, dass man in der Ferienzeit die Öffnungszeiten mal reduziere, um Ferienwünschen der Mitarbeitenden entsprechen zu können. «Das hätten wir früher nicht gemacht», so Hotz.

Auch für Seraina Wyss ist klar, dass Unternehmen auf die Wünsche der Mitarbeitenden eingehen müssen. In ihrer Branche sei der Wunsch nach Teilzeitpensen aber gering. Sie vermutet, dass die meisten Techniker eine traditionelle Rollenteilung mit einer Teilzeit arbeitenden Frau vorziehen.

Und was halten die KMU von einer gesetzlichen Viertagewoche? Stimmten 2022 noch 39 Prozent der Befragten einem solchen Modell zu, sind es in diesem Jahr nur noch 31 Prozent. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass die Medien vermehrt darüber berichtet haben und die KMU-Vertreter nun besser informiert sind. Sobald unter einer Viertagewoche nämlich weniger Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn verstanden wird, sind die meisten Unternehmen dagegen.