Klimawandel in Schweizer BergenBald wird es selbst für die Kunstbeschneiung schwierig
Wenn es zu warm ist, lassen sich die Skigebiete nicht mehr beschneien. Dies betrifft auch höhere Lagen – und dürfte für teurere Skipässe sorgen.
- Bis 2050 wird die Schneemenge in Wintersportgebieten unter 1500 Metern um weitere 30 Prozent zurückgehen.
- Doch auch die künstliche Beschneiung benötigt Minustemperaturen, die immer seltener werden.
- Der Wintertourismus muss sich anpassen, und Skitouristen müssen sich mit höheren Preisen abfinden. Die Preisschere zwischen den Skigebieten wird aufgehen.
Die Skisaison fängt in vielen Skigebieten bald an, Skifans hoffen auf möglichst gute Bedingungen. Die Temperaturen und die Schneemenge werden sich in den kommenden Jahren in den Schweizer Bergen deutlich verändern. Dies zeigt eine Studie, die der Klimaforscher Reto Knutti für Schweiz Tourismus erstellt hat. Der ETH-Professor erklärt, dass sich deshalb niedrig gelegenen Skigebiete umstellen werden müssen.
In Wintersportgebieten unter 1500 Metern wird es bald deutlich weniger Schnee geben: Schon bisher hat der Schnee um 40 Prozent abgenommen. Bis 2050 wird er Knutti zufolge auch bei moderaten weltweiten Klimaschutzmassnahmen um weitere 30 Prozent zurückgehen. «Das heisst nicht, dass es nicht auch Jahre mit viel Schnee geben kann», schränkt der Klimaforscher ein. Doch der Trend zeige, dass die Schneemenge abnehme.
Die Bergstationen der Schweizer Seilbahnen liegen im Schnitt auf 1666 Metern. Das bedeutet: Praktisch alle sind vom Klimawandel betroffen. Und auch bei höher gelegenen Pisten wird es mit der Talabfahrt schwierig.
Schweiz Tourismus will, dass sich Hotels und Bergbahnen besser darauf einstellen können. Denn für sie entscheidend ist vor allem der Wintertourismus, weil er ihnen den höchsten Umsatz bringt.
Die Schneearmut stellt nicht unbedingt die Hauptgefahr für die Skigebiete dar. Schon jetzt wird gut die Hälfte der Skipisten technisch beschneit. Das Wort Kunstschnee meidet die Tourismusindustrie, da es vermuten lässt, dass es sich hierbei um chemische Beigaben handelt. Tatsächlich geht es jedoch um reines Wasser, das in der Luft verstäubt wird, um dann bei Kälte zu Schnee zu gefrieren. Doch dafür braucht es Minustemperaturen. Diese werden aber auch in den Bergen immer seltener.
«Seit den 1960er-Jahren ist die Nullgradgrenze um 300 bis 400 Meter* gestiegen», erklärt Knutti. Bis 2050 wird sie sich um weitere 300 Meter nach oben verschieben. Das heisst: Wo wenig Schnee liegt, kann auch wenig technisch beschneit werden – sodass es für Skigebiete unter 1500 Metern kritisch werden wird.
Doch auch auf Skipisten über 1500 Metern zeigt sich der Klimawandel. Bis 2050 wird der Schnee auch bei moderaten weltweiten Klimaschutzmassnahmen um 10 Prozent abnehmen. Bislang hat sich der Schnee dort schon um 15 Prozent reduziert.
Der Anteil Skipisten, die künstlich beschneit werden, dürfte bald zunehmen. Die Beschneiung muss dabei schneller gehen. Erstreckte sich das bislang über zwei Wochen, könnte sich dies wegen der seltener auftretenden Minustemperaturen auf wenige Tage oder Stunden verkürzen. Das bringt Investitionen in die nötige Infrastruktur in grössere Wasserrohre und -pumpen mit sich.
Je höher das Skigebiet, desto teurer das Billett
Die sich verschärfenden Schneeverhältnisse in den tiefer gelegenen Gebieten werden sich auch auf die Preise auswirken: «Die Preisschere zwischen den Skigebieten wird aufgehen», sagt Berno Stoffel. Der Geschäftsführer von Bergbahnen Schweiz erwartet, dass die höher gelegenen Skigebiete mehr für Skipässe verlangen werden. «Letztlich aber definiert der Gast den Preis, er muss bereit sein, dafür zu zahlen.»
Der Wintertourismus muss sich nicht nur an den Klimawandel anpassen, er verursacht auch selbst Klimagase. Das grösste Problem des Winter- und auch des Sommertourismus ist die Anreise der Gäste. «Das macht mit Abstand die grössten CO2-Emissionen aus», sagt Stoffel. Er ist deshalb darauf aus, Schneezüge der SBB zu etablieren.
Das Besondere an Schneezügen ist, dass sie die Gäste möglichst ohne Halt vom Unterland in die grossen Bergbahnhöfe transportieren. Und dass das Umsteigen an Bahnhöfen wie Visp auf derselben Plattform ohne mühseligen Weg mit Skischuhen zu einem anderen Gleis funktioniert.
Für die kommende Wintersaison herrscht bei den Hoteliers aktuell Zuversicht, besonders in den alpinen Regionen. Dort rechnet jeder dritte Betrieb mit höheren Umsätzen, wie der Verband Hotelleriesuisse mitteilte. Getragen wird diese Prognose von der Hoffnung auf schönes Wetter – und gute Schneeverhältnisse.
* Korrektur am 12.11., 15.05 Uhr: In einer früheren Version hiess es, seit den 1960er Jahren sei die Nullgradgrenze um 100 Meter gestiegen. Sie verschob sich jedoch um 300 bis 400 Meter, wie Klimaforscher Reto Knutti sagte.
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