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Neue Klima-Abgabe gefordert
Alles soll teurer werden: Auto fahren, fliegen, heizen

Ein Airbus A220-300 der Swiss International Airlines befindet sich im Landeanflug auf den Flughafen Zuerich, fotografiert am Donnerstag, 27. Januar 2022 in. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Keine neuen oder höheren Abgaben: Diese Lehre zog der Bundesrat, nachdem das Stimmvolk 2021 das verschärfte CO2-Gesetz abgelehnt hatte. Es hätte eine Verteuerung des Benzins und eine Flugticketabgabe gebracht. Das Nein war ein Sieg für die SVP.

Die Neuauflage der Vorlage, die derzeit vom Parlament behandelt wird, arbeitet denn auch hauptsächlich mit einem anderen Instrument: Subventionen. Mit der Vorlage kann der Bund zwischen 2025 und 2030 rund 4 Milliarden Franken in den Klimaschutz investieren. Allerdings legt das neue CO2-Gesetz die Klimapolitik nur bis 2030 fest. Was danach geschieht, ist offen.

Mitte-Chef Pfister will Klimasünder bestrafen

Einen möglichen Weg skizziert nun Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Die Idee: Der Bund erhebt ab 2030 eine Lenkungsabgabe auf alle Treibhausgasemissionen auf Schweizer Staatsgebiet sowie auf alle Flüge, die in der Schweiz starten. Die Abgabenhöhe passt er regelmässig an, abhängig davon, ob die Emissionen so schnell sinken, dass die Schweiz spätestens 2050 klimaneutral ist. Auch alle importierten Produkte werden – je nach Höhe der CO2-Emissionen, die in ihnen stecken – mit einer Abgabe belegt. 

Die Einnahmen aus der Abgabe – so Pfisters Idee – fliessen vollumfänglich an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurück. Wer klimafreundlich lebt, erhält so am Ende des Jahres vom Bund mehr Geld zurück, als ihn die Abgaben gekostet haben.

Finanziell bestraft werden dagegen jene, die klimaschädlich unterwegs sind, also zum Beispiel viel fliegen, mit einem Benzin- statt einem Elektroauto fahren oder auf eine Ölheizung statt eine Wärmepumpe setzen. «Will die Schweiz glaubwürdig bleiben, muss sie neue Wege begehen, um bis 2050 klimaneutral zu werden», sagt Pfister. 

Auch für die exportierende Wirtschaft hat der Mitte-Chef einen Vorschlag. Sollten sich Lenkungsabgaben international weiter nicht durchsetzen, erhalten in der Schweiz Unternehmen, die CO2-intensive Produkte exportieren, die Abgabe zurückerstattet. So sei die internationale Konkurrenzfähigkeit gewährleistet, sagt Pfister. 

FDP-Chef begrüsst die Klimaabgabe

Ab Donnerstag berät die Umweltkommission des Ständerats den Vorschlag, den Pfister in eine parlamentarische Initiative verpackt hat. Die Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen und Grünliberalen dürften zustimmen. Und mit Thierry Burkart steht im Freisinn der Chef persönlich hinter der Idee. Die Initiative greife ein wichtiges Anliegen auf, sagt der FDP-Präsident, der neu in der ständerätlichen Umweltkommission sitzt.

«Emissionen sollen einen Marktpreis haben.» Damit das Geld aber nicht in der Staatskasse verschwinde, müsse es zurückerstattet werden, so Burkart. Nur so würden die Sparsamen belohnt. «Das ist ein wichtiger und entscheidender Unterschied.» Lenkungsabgaben seien keine Steuern.

Kritik kommt aus dem SVP-Lager

Doch diesen Unterschied zu vermitteln, ist kein Leichtes – zumal in Abstimmungskämpfen, bei denen komplexe Inhalte auf Schlagworte reduziert werden. Die Gegner wissen das. SVP-Nationalrat Michael Graber etwa spricht prompt von einer Klimasteuer, die Pfister einführen wolle.  Es sei eben doch eine Steuer, sagt er und verweist auf ein Faktenblatt der Schweizerischen Steuerkonferenz, worin die CO2-Abgabe als Lenkungssteuer bezeichnet wird.

Graber wirft dem Mitte-Präsidenten mangelndes Demokratieverständnis vor:  «Das Stimmvolk will keine neuen Abgaben.» Das habe es nicht nur 2021 mit dem Nein zum CO2-Gesetz bestätigt, sondern auch im vergangenen Sommer mit dem Ja zum Klimaschutzgesetz. Die Befürworter hätten im Abstimmungskampf zweierlei gebetsmühlenartig betont: Es gebe erstens keine neuen Abgaben, und zweitens werde die Landwirtschaft ausdrücklich ausgenommen. «Beides ignoriert Gerhard Pfister.»

Der Mitte-Präsident entgegnet, sollte es jemals zu einem solchen Gesetz kommen, behalte das Volk mittels Referendum das entscheidende letzte Wort.

Einnahmen fliessen zurück

Bereits heute existiert eine Lenkungsabgabe, und zwar auf fossile Brennstoffe. Eine Tonne CO2 kostet 120 Franken, was einem Aufschlag von rund 30 Rappen pro Liter Heizöl entspricht. So kommen pro Jahr rund 1,2 Milliarden Franken zusammen. Davon fliesst nicht der gesamte Betrag an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurück, sondern nur rund zwei Drittel, pro Kopf sind es in diesem Jahr rund 64 Franken. Mit dem Rest treiben Bund und Kantone die Energiewende voran.  

Das Gerüst für die Idee stammt von zwei Experten: Peter Richner, stellvertretender Direktor der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, und Gianni Operto, Präsident der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. 2022 sprachen sie sich für ein «wirksames und leicht verständliches» CO2-Gesetz aus.

Vorstoss hat erste Hürde genommen

«Die Idee klingt einfach und einleuchtend», sagt FDP-Chef Burkart. Wie sie genau umgesetzt werden soll, darüber werde man sich aber noch den Kopf zerbrechen. Es sei jedoch die Aufgabe des Parlaments, einen mehrheitsfähigen Weg zu finden.

Eine erste Hürde hat Pfisters parlamentarische Initiative genommen. Im Sommer, unmittelbar nach dem Volks-Ja zum Klimaschutzgesetz, hat die Umweltkommission des Nationalrats den Vorstoss ziemlich knapp gutgeheissen; Widerstand kam vor allem aus der SVP.

Wie heikel das Thema ist, zeigt sich daran, wie die Kommission ihren Entscheid begründete. Es gehe ihr nicht darum, den «bewährten Instrumentenmix abrupt umzustossen, sondern eine vertiefte Diskussion zur Wirksamkeit und Akzeptanz klimapolitischer Massnahmen zu führen».