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Vize-Präsidentin im Wahlkampf
Kamala Harris’ Medien­offensive – mehr als eine Bieridee?

CHANDLER, ARIZONA - OCTOBER 10: Democratic presidential nominee, Vice President Kamala Harris arrives during a campaign rally at the Rawhide Event Center on October 10, 2024 in Chandler, Arizona. Vice President Harris continues campaigning against Republican presidential nominee, former U.S. President Donald Trump in battleground swing states ahead of the November 5 presidential election. Trump currently has a 2% lead ahead of Harris in the Arizona polls.   Brandon Bell/Getty Images/AFP (Photo by Brandon Bell / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP)
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In Kürze:
  • Kamala Harris startet eine Medienoffensive, um ihre Bekanntheit zu steigern.
  • Die Vize-Präsidentin kämpft mit dem Image, schwer nahbar zu sein.
  • Sie kritisiert Trump scharf und nennt ihn einen «Loser».

Die Sache mit dem Bier erklärt die grösste Schwäche von Kamala Harris wohl am besten. Donald Trump lügt und wütet, dass sich die Balken stärker biegen als bei den zahlreichen tropischen Wirbelstürmen, die über die USA hinwegfegen. Die Amerikanerinnen und Amerikaner wissen genau, was sie erhalten, wenn sie den Republikaner mit den autoritären Fantasien wählen; seit mehr als acht Jahren geistert er auf der nationalen Politbühne umher.

Harris hingegen muss sich den Leuten immer noch vorstellen, ein Viertel der Wähler sagte noch vor wenigen Wochen, sie wüssten zu wenig über sie. Dennoch will es der Demokratin nach ihrem sagenhaften, von positiven Vibes getragenen Aufstieg nicht gelingen, einen entscheidenden Vorsprung in den Umfragen zu erringen. Weil sie zu vorsichtig taktiert. Weil sie ihre Politik zu wenig klar umreisst. Weil es ihr doch nicht so einfach fällt, nahbar zu wirken.

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Mit einer Büchse Bier versuchte Late-Night-Komiker Stephen Colbert das Problem diese Woche zu entschärfen. Die Amerikaner wollten eine Präsidentin, mit der sie ein Bier trinken könnten, sagte Colbert, nicht einmal halb im Scherz. Und was wählte Harris? Miller High Life, Slogan «der Champagner unter den Bieren», ein Lager aus Wisconsin, dem wichtigen Swing-State, beliebt bei älteren Arbeitern und neuerdings auch in Hipsterkreisen, beides wichtige Wählergruppen. Gemächlich nippte Harris an ihrem Bier als Zeichen dafür, dass sie weder eine überhebliche kalifornische Wein-Mom ist, noch an einem Alkoholproblem leidet, wie die Republikaner gerade herumerzählen.

Harris’ Medienoffensive mit Podcasts und TV-Stars

Mit der Vorstellung der meisten Amerikaner von einem gemütlichen Feierabendbier stimmt ein solch ausgeklügelter Kampagnenschachzug nun nicht gerade überein. Er war einer dieser nur bedingt gelungenen Teile einer grösseren Wahlkampfübung in einer entscheidenden Zeit. Die Briefwahl hat in mehreren Bundesstaaten begonnen, in nur dreieinhalb Wochen steht die letzte Gelegenheit zur Stimmabgabe an, am Wahltag vom 5. November. Quasi in letzter Minute hat die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten darum in dieser Woche eine Medienoffensive begonnen, in der militäraffinen Sprache der US-Politikberichterstattung ein «media blitz», eine eher zweifelhafte Anlehnung an den Blitzkrieg Nazi-Deutschlands gegen Polen.

Neben dem Besuch bei Colbert trat Harris auch im Podcast «Call Her Daddy» auf, sie gab ein Interview bei «60 Minutes» von CBS, liess sich von Radiolegende Howard Stern befragen, gesellte sich zur Frauenrunde in «The View» von ABC, meldete sich beim Wettersender «The Weather Channel» per Telefon zu Wort und stellte sich am Donnerstag den Fragen von Lateinamerikanern bei einer Veranstaltung des spanischsprachigen Senders Univision.

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Das war eine bemerkenswerte Häufung von Medienauftritten der Demokratin, die nur eine Handvoll Interviews gegeben hat, seit Harris im Juli die Präsidentschaftskandidatur von Joe Biden übernommen hatte.

«Call Her Daddy» bei Frauen beliebtester Podcast

Es war ein geballter Effort, die Kritik an ihrer zurückhaltenden Medienstrategie zu entkräften – und Nähe zu den Stimmberechtigten zu schaffen. Und es waren vor allem Versuche, ein Publikum zu erreichen, das von der aufgeheizten politischen Stimmung ermattet ist und traditionelle Medienkanäle meidet. Mehr als die Hälfte der Amerikaner bezieht Informationen bevorzugt auf digitalen Geräten, nur ein Viertel davon bei Nachrichtenseiten und -Apps.

Um auch die anderen anzusprechen, meldete sich Harris etwa bei Alex Cooper. Die 30-Jährige hat ihren Ratgeber- und Comedy-Podcast «Call Her Daddy» zum erfolgreichsten der USA bei Frauen gemacht, mit «sex-positiven» Interviews, wie es «The Atlantic» beschrieb. Nun gab sie Harris eine Gelegenheit, ausführlich darüber zu reden, wie die Republikaner das Recht auf Abtreibung abschafften und die Selbstbestimmung von Frauen geringschätzten.

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Die Mitarbeiter von Harris’ Kampagne waren mit dem Resultat zufrieden, sie hätten mit dem Podcast politisch wenig interessierte Frauen erreicht. Podcasterin Cooper hingegen musste sich von ihrem ideologisch gemischten Publikum vorwerfen lassen, unkritische Fragen gestellt und sich damit parteiisch verhalten zu haben.

Eine Kontroverse löste auch das Interview bei CBS aus, weil der Sender zwei sehr unterschiedliche Zusammenschnitte einer Antwort veröffentlichte, in der Harris zum schwierigen Umgang mit Israel Stellung nahm. In die Kritik geriet damit der einzige Sender, der Harris in dieser Woche mit hartnäckigen Fragen konfrontierte und bei ihren oft ausweichenden Antworten nachhakte.

Kamala Harris und die Formel 1

In allen anderen Gefässen erhielt Harris vor allem Stichwörter zugespielt, um ihre auswendig gelernten Argumente vorzutragen. Das bestärkt einen Teil der Wählerschaft in ihrem Eindruck, nicht an einer Wahl teilzunehmen, sondern einer Schau beizuwohnen, einer sorgsam inszenierten und bis ins Detail kontrollierten Werbekampagne.

Geradezu langweilig war ihr Gespräch bei Howard Stern, der Harris ein gutes Dutzend Mal versicherte, wie sehr er sie möge, und sich sogar zur Aufforderung an Trump-Wähler verstieg, ihre Stimme gar nicht erst abzugeben. Für Überraschungen sorgten nur noch einige Details aus ihrer Biografie, etwa, dass sie Formel 1 schaut.

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Auch auf die Fragen der lateinamerikanischen Wählerschaft von Univision, in diesem Jahr eine entscheidende Gruppe, antwortete Harris in erster Linie mit Textbausteinen. Einer um ihre verstorbene Mutter trauernden Frau drückte die Demokratin ihr Mitgefühl aus.

Aber sie blieb eine Antwort schuldig, wie sie der Mutter Zugang zu einem amerikanischen Pass und damit besserer Krankenpflege ermöglicht hätte; stattdessen erklärte sie wortreich, wie Donald Trump eine Einwanderungsreform blockiert habe. Eine offenbar überraschende Frage nach drei guten Eigenschaften ihres politischen Gegners brachte Harris aus dem Tritt. «Ich kenne ihn nicht wirklich, um ehrlich zu sein», sagte sie.

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Natürlich stellt sich auch Trump bei seinen zahlreichen Podcast- und TV-Auftritten fast ausschliesslich ihm wohlgesinnten Fragen. Eine zweite Debatte gegen Kamala Harris etwa hat er abgelehnt. Und seine Zusage zu einem Interview bei CBS, das traditionsgemäss in derselben Ausgabe von «60 Minutes» ausgestrahlt werden sollte wie der Harris-Auftritt, zog der Republikaner in letzter Minute zurück. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Demokratin stärker unter Druck steht, sich der Wählerschaft noch vorzustellen.

Starker Moment, als Harris Trump einen Loser nannte

Starke Momente hatte Harris durchaus. Neu war ihr Vorschlag, die staatliche Medicare-Versicherung solle mehr Abgeltungen für die Krankenpflege zu Hause bezahlen. Davon sollen besonders Frauen profitieren, die im Sandwich stecken zwischen der Betreuung der eigenen Kinder und der eigenen betagten Eltern. Allerdings blieb sie die Antwort schuldig, wie sich das finanzieren liesse.

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Am besten wirkte die Präsidentschaftskandidatin in allen Sendungen, wenn sie gegen Donald Trump härtere Töne anschlug, womit sie der Wählerschaft Kampfeswillen und Durchsetzungskraft signalisiert. Sie griff ihn an, weil er mitten in der Pandemie Covid-Tests an Wladimir Putin nach Moskau geschickt hatte, sie empörte sich über seine Lügen zur Unwetterhilfe im Südosten des Landes. Harris nannte Trump bei Stephen Colbert sogar einen Loser, einen Verlierer. «Das geschieht, wenn ich Bier trinke», bemerkte Harris. Sie sollte es wohl öfter tun, wenn sie diese Wahl gewinnen will.

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