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Meinung

Kommentar zum Wikileaks-Gründer
Julian Assange ist weder Heiliger noch Märtyrer

LONDON, ENGLAND - FEBRUARY 21: Supporters of Julian Assange gather outside the High Court prior marching to Downing Street on February 21, 2024 in London, England. The two-day hearing in London determines whether Julian Assange can appeal against the extradition order approved by then-Home Secretary Priti Patel in June 2022. The WikiLeaks founder is facing life imprisonment in the US for publishing thousands of classified military and diplomatic documents in 2010, which were provided by US army whistleblower Chelsea Manning. Between 2012 and 2019, Assange received asylum in Ecuador on the grounds of political persecution. Since 2019, he has been held at London's Belmarsh Prison as the US extradition case has proceeded. (Photo by Carl Court/Getty Images)
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Julian Assanges Schicksal hat natürlich nichts mit der Schwarz-Weiss-Sphäre zu tun, in die sich seine Anhänger gern zurückziehen. Nichts an diesem Mann ist einfach. Die Geschichte des Wikileaks-Gründers, Hackers und Politaktivisten ist überladen mit Widersprüchen, Mythen und einer ungesunden Ideologisierung. Mal wirkt all dies für, mal gegen Assange. Falsch wäre es jedenfalls, in der – nun aufgeschobenen – Entscheidung des obersten Gerichtshofs von Grossbritannien ein Urteil über die Person und ihr Wirken insgesamt zu sehen.

Auf der juristischen Ebene handelt es sich um die letztinstanzliche britische Entscheidung über die Rechtmässigkeit eines Auslieferungsbeschlusses. Zwischen Rechtsstaaten sind Auslieferungen üblich. Im Fall Assange wird von seinen Anwälten und Anhängern indes eine Politisierung der Justiz unterstellt, die ein Verfahren in den USA unmöglich erscheinen lässt.

Das ist eine groteske Unterstellung, die seit Jahren schon angestellt wird, um den Fall politisch aufzuladen. Unbestritten ist, dass Wikileaks die amerikanische Politik jedweder Couleur zur Weissglut getrieben hat. Im strafrechtlichen Kern gibt es aber kein Indiz, dass die Justiz am Ende nicht zu einem sauberen Urteil kommen kann.

Gegen alle journalistischen Grundsätze

Wohlgemerkt: Assange wird zwar auch wegen der Verbreitung von Geheimdokumenten angeklagt, aber der Kern der Anklage und die daraus abgeleiteten Straftaten betreffen Anstiftung und Beihilfe zu Datendiebstahl. Dies ist auch deshalb ein wichtiger Unterschied, weil Assange sich zwar stets als Journalist bezeichnet und in den Justizverfahren einen Angriff auf die Pressefreiheit sieht. Tatsächlich ist Assange aber am wenigsten ein Journalist und mehr ein Hacker und Aktivist.

Die Publikation von einer Viertelmillion Datensätzen hält keinem Vergleich stand, in ihrer Masslosigkeit und Radikalität widerspricht sie allen journalistischen Grundsätzen. Natürlich hat dieses Leak auch gewaltige Missstände aufgedeckt. Doch die Papiere waren eben auch gefährlich für Dissidenten und Informanten in autoritären Regimes, gefährlich für Schutzsuchende, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden.

Assange ist also kein Heiliger, kein Märtyrer und nur bedingt ein Justizopfer, weil er selbst es war, der sich dem Rechtsstaat immer wieder entzogen hat und einen Mythos gedeihen liess, der jede befriedende Aufarbeitung seiner Taten verhindert. Offenbar ist er aber auch ein kranker Mann, der an sich, seiner Selbstisolation und der Verfolgungswelt zerbrochen ist. Ein faires Rechtssystem würde all das nach zwölf Jahren Selbstisolation und Haft in ein Urteil einfliessen lassen.