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Meinung

Kommentar zu geleakten US-Dokumenten
Je mehr über das Geheimdienst­leck bekannt ist, desto peinlicher wird es

Die neuste Peinlichkeit lässt sich für die US-Geheimdienste nicht so einfach wegwischen: CIA-Hauptsitz in Langley. 
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Sollte sich herausstellen, dass der in Massachusetts festgenommene 21-jährige Mann tatsächlich der Verantwortliche für das Datenleck ist, wäre die Affäre für die US-Geheimdienste noch peinlicher als bisher an­genommen. Dem Angehörigen der Nationalgarde werden «unbefugte Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen» vorgeworfen.

In einer Chatgruppe hat er demnach rund zwei Dutzend Freunde, die seine Vorliebe für Waffen, Rassismus und Gott teilten, mit Informationen versorgt, die nur einem engen Kreis an Geheimdienstmitarbeitern und politischen Entscheidungsträgern zugänglich sein sollten. Nicht wenige dieser Freunde waren Teenager, vor denen der junge Mann sich mit seinem Wissen brüstete.

Wie sicher sind geheime Informationen im US-System? Offenbar nicht sonderlich sicher.

Aus Sicht der US-Dienste hätte man fast hoffen müssen, dass der Hintergrund dieser Affäre mit weltpolitischen Konsequenzen bis hin zu Leben und Tod nicht ganz so banal wäre. Wenn die USA Opfer eines ausgetüftelten Spionageangriffs geworden wären oder vielleicht ein hochrangiger Mitarbeiter der Dienste aus welchen Gründen auch immer erpresst worden wäre – das wäre nachvollziehbar gewesen und auch den Verbündeten einigermassen zu erklären.

Aber so? Ein junger Mann, der vor seinen Freunden angibt? Das führt unweigerlich zur Frage, wie sicher geheime Informationen im amerikanischen System generell sind, und die offensichtliche Antwort lautet: nicht sonderlich sicher.

Gemäss Medienangaben haben mehr als eine Million Menschen in den USA eine Sicherheitsfreigabe für vertrauliches Material. Dass diese Zahl um ein Vielfaches zu hoch ist, macht der aktuelle Fall überdeutlich. Besonders bemerkenswert ist, dass der Verdächtige die Informationen offenbar über Monate hinweg in der Chatgruppe verbreitete und es niemandem auffiel.

Einerseits zeigt das Leck, wie viel die US-Dienste wissen und wie effektiv sie arbeiten. Andererseits zeigt es durch seine schiere Existenz, dass die Sicherheitsvorkehrungen offenbar miserabel funktionieren.

Die Verbündeten der USA werden erst mal sehr vorsichtig damit sein müssen, sensible Informationen zu teilen.

Nach den Veröffentlichungen von Wikileaks und von Edward Snowden haben die USA ihren Verbündeten zugesichert, dass es umfassende Reformen im Apparat geben und sich so etwas nicht wiederholen würde. Der neue Fall wirft gerade wegen seiner stupenden Banalität die Frage auf, ob nicht exakt jetzt zu diesem Zeitpunkt weitere Geheiminformationen aus dem innersten Zirkel dringen, im besten Fall auch bloss in Chatgruppen, im schlechtesten Fall nach Russland oder China.

Erst hiess es, dass rund hundert Dokumente veröffentlicht worden seien. Nun liegt diese Zahl bereits bei dreihundert. Und es wäre keine Überraschung, wenn sich herausstellt, dass der Schaden noch grösser ist. Die Verbündeten der USA können gar nicht anders, als auf absehbare Zeit sehr vorsichtig zu sein, wenn es darum geht, sensible Informationen zu teilen. Besonders für die Ukraine ist das eine fürchterliche Situation, da die enge Kooperation mit den USA für das Land buchstäblich überlebenswichtig ist.

Präsident Joe Biden war in den vergangenen Tagen
in Irland und Nordirland unterwegs. Es war fast eine Lustreise für ihn, während deren er Zeit fand, auf den Spuren seiner Ahnen zu wandeln. Man kann ihm nur wünschen, dass er sich gut erholt hat auf dem Trip, denn nach seiner Rückkehr liegen gewaltige Aufräumarbeiten vor ihm.