US-Leak auf DiscordDer unwahrscheinlichste Ort, um Geheimnisse zu verraten
Vertrauliche US-Dokumente landen im Netz. Auf der Suche nach der undichten Stelle landen die Behörden jedoch nicht bei russischen Hackern, sondern erst mal in Foren für Videospieler.
Geheime US-Dokumente, die auch Informationen zum Ukraine-Krieg zeigen, sind im öffentlichen Teil des Internets gelandet. Die «New York Times» wurde vergangene Woche auf sie aufmerksam, nachdem russische Militärblogger sie in ihren Telegram-Kanälen gepostet hatten. Doch schnell war klar: Telegram ist nicht der erste Ort im Netz, an dem die abfotografierten Dokumente aufgetaucht sind.
Bellingcat-Spezialist Aric Toler hat die Spur der Posts zurückverfolgt bis in die Gamerszene. Genauer gesagt in ein Fanforum des philippinischen Youtubers WowMao auf Discord, wo sie Anfang März gepostet wurden. Später landeten sie auch in einem Forum für Minecraft-Spieler. Toler ist Osint-Experte, das heisst, er sucht für die Investigativplattform Bellingcat nach Informationen in öffentlich zugänglichen Quellen.
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Discord ist ein spezieller Fall. Die Communitys – die bei Discord «Server» genannt werden – sind übers Internet erreichbar, für viele benötigt man jedoch eine Einladung. Doch sogar die Inhalte der eigentlich offenen Server sind nicht über Google zu finden, man muss also wissen, dass es sie gibt. Das dürfte auch ein Grund sein, warum es mehr als einen Monat dauerte, bis das US-Leck öffentlich bekannt wurde. Erst im April wurden die Dokumente zunächst auf Telegram und dann auch auf Twitter geteilt.
Das Unternehmen Discord ist ein milliardenschwerer Konzern, dennoch dürfte es vielen Menschen eher unbekannt sein. Denn Discord richtet sich an sehr spezielle Zielgruppen. Gross geworden ist Discord unter Gamern.
Ein Onlinedienst wurde zunächst in der Gamerszene bekannt
Gründer Jason Citron hatte eigentlich eine Spieleentwicklungsfirma. Nebenbei entwickelte er auch ein Programm, mit dem sich Gamer während und rund um ihre Spiele austauschen konnten – also eine Art Slack oder Teams für Gamer. Hauptfokus war dabei, dass sich die Gamer in Echtzeit, also ohne Verzögerung, unterhalten konnten und dass das Programm wenig Ressourcen verbraucht.
Wie bei Slack und Teams lassen sich auch bei Discord Kanäle erstellen, auf denen sich Nutzer unterhalten und Dateien, Fotos, GIFs und Memes hin- und herschicken können. Moderatoren entscheiden, wer in welchen Kanal hineindarf und wer dort auch schreiben oder sprechen darf.
Schnell wurde Discord vor allem in der Gaming-Community bekannt. Es eignet sich aber für alle Arten von Onlinegemeinschaften. Es gibt Discord-Server für Fans von Musikstars, Podcasts, Sportvereinen oder Kryptowährungsspekulanten. Auch die Islamisten vom IS und amerikanische Rechtsextreme haben sich mithilfe von Discord organisiert.
Den Leaker der Dokumente zu finden, dürfte nicht leicht sein. Discord verlangt keine persönlichen Informationen, wenn man sich dort anmeldet. Eine E-Mail-Adresse genügt. Der Nutzer, der sie auf dem Discord-Server von WowMao geteilt hatte, behauptet, sie zuvor auf einem anderen Server gefunden zu haben.
Dort seien schon seit Januar deutlich mehr Dokumente gepostet worden, als heute bekannt seien. Der betreffende Server sei aber mittlerweile gelöscht worden.
Dem Besitzer des Servers WowMao ist die ganze Sache ziemlich unangenehm. In einem Video wandte er sich mit einem Appell an die Welt: «Ich bin ein Internet-Micro-Promi, der Quatsch postet – und das soll bitte so bleiben.»
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