Verwundung von UNO-Truppen«Völlig unakzeptabel»: Irlands Regierung stellt Israel an den Pranger
Rund 380 irische Blauhelme sind im Libanon stationiert. Entsprechend empört reagiert man in Dublin jetzt auf das Vorgehen Israels gegen die UNO-Friedenstruppen.

- Irland kritisiert Israels Forderung zum UNO-Abzug aus dem Südlibanon scharf.
- Premierminister Simon Harris und sein Vize Micheál Martin verurteilten Israels Vorgehen als rechtswidrig.
- Der Stabschef der irischen Streitkräfte verurteilt israelische Attacken auf UNO-Posten als «gezielte Aktion».
- Die Versorgung irischer Soldaten im Libanon sind durch Kämpfe erheblich erschwert.
Nachdem vor zehn Tagen schon Präsident Michael D. Higgins die israelische Forderung des Abzugs der Blauhelme von gewissen UNO-Positionen im Libanon als «empörend» bezeichnet und von einer «Bedrohung» irischer Soldaten gesprochen hatte, stellte sich seither die gesamte politische und militärische Führung auf der Grünen Insel hinter diese Kritik.
Nach der Verwundung mehrerer UNO-Soldaten in den letzten Tagen und nach Benjamin Netanyahus Forderung des Abzugs sämtlicher UNO-Truppen aus dem «Kampfgebiet» im Südlibanon haben nun auch Taoiseach (Regierungschef) Simon Harris und Tánaiste (Vizepremier) Micheál Martin Israels Politik zornig an den Pranger gestellt.
Harris nannte die jüngsten israelischen Attacken auf UNO-Posten «völlig unakzeptabel» und «eine eindeutige Verletzung internationalen Rechts» durch Netanyahu. Bei seinem Washington-Besuch der Vorwoche habe ihm US-Präsident Joe Biden versichert, dass die Blauhelme «vollen Schutz» müssten erwarten können, auch im Libanon.

Vizeregierungschef Martin, der auch Aussen- und Verteidigungsminister Irlands ist, warf Israel vor, Status und Glaubwürdigkeit der UNO zu gefährden. Der Beschuss von UNO-Posten sei ganz einfach «rücksichtslos und ein Akt der Einschüchterung».
Israelische Attacken auf UNO-Posten als «gezielte Aktion»?
Generalleutnant Seán Clancy, der Stabschef der irischen Streitkräfte, fügte hinzu, die israelischen Attacken auf UNO-Posten seien jedenfalls «kein Versehen» gewesen, wie Israels Armee es behauptete: «Aus militärischer Sicht war das kein Zufall. Es war eine gezielte Aktion.»
Die Republik Irland, seit ihrer Staatsgründung militärisch neutral, hat rund 380 Soldaten als Beobachter auf mehreren UNO-Posten an der Grenze des Libanon zu Israel stehen. Irische Soldaten sind dort seit 1978 stationiert.
Die Iren waren denn auch die Ersten, die Anfang Oktober international Alarm schlugen, als einer ihrer Posten, nahe der Ortschaft Maroun al-Ras, plötzlich von israelischen Truppen umstellt wurde und die israelische Armee von dort aus Positionen im Libanon beschoss.

Mittlerweile sind die israelischen Einheiten weitergezogen. Oberstleutnant Tom Fox, der Befehlshaber der irischen UNO-Truppen im Libanon, bestätigte das, klagte aber darüber, dass es wegen der Kämpfe in der Region derzeit unmöglich sei, den Posten neu mit Nahrungsmitteln zu versorgen oder die dort stationierten Soldaten durch frische Truppen abzulösen.
Tom Clonan, ein früherer irischer Offizier, der heute Senator im Parlament in Dublin ist, sprach am Dienstag davon, dass die Lage für die irischen Blauhelme noch nie so gefährlich gewesen sei wie jetzt – schon weil der Libanon in Gefahr stehe, in denselben «Abgrund» wie Gaza zu stürzen, und weil eine «echte Konfrontation» zwischen Israel und dem Iran zu befürchten sei.

Clonan, der in den 90er-Jahren selbst für die UNO im Libanon stationiert war, rief seinen Landsleuten einen Vorfall aus dem Jahr 1996 in Erinnerung, bei der die israelischen Streitkräfte durch direkten Beschuss hundert libanesische Zivilisten getötet hatten, die sich in ihrer Verzweiflung in einen UNO-Posten geflüchtet hatten.
Aussenminister Martin verlangte wegen der «schockierenden» Ereignisse und der «Massenvertreibungen» der letzten Tage in Nordgaza auch, dass Israel internationalen Beobachterteams Zugang nach Gaza gewähren müsse.
Er sei ausserdem «überrascht», sagte der Minister, «dass andere EU-Staaten sich in Sachen Unterstützung der UNO-Friedenstruppen nicht so nachdrücklich und stark erwiesen haben, wie sie es hätten sein können». «Moralisch hinzunehmen» sei das israelische Vorgehen absolut «nicht mehr».
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