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US-Soldaten getötet
Ist das der Angriff, der die USA in den Nahost-Krieg hineinzieht?

President Joe Biden speaks at South Carolina's First in the Nation dinner at the South Carolina State Fairgrounds in Columbia, S.C., Saturday, Jan. 27, 2024. (AP Photo/Jacquelyn Martin)
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So fangen Kriege an, selbst, wenn niemand sie will. Die eine Attacke zu viel, die der Gegenseite keine andere Wahl lässt. Mehr als 170-mal, so hat das Institute for the Study of War gezählt, haben proiranische Milizen seit Oktober US-amerikanische Stützpunkte im Irak und in Syrien angegriffen. Es ist der Schattenkrieg, den das iranische Regime seine Verbündeten führen lässt. In Solidarität mit den Palästinensern in Gaza, wie es heisst.

170-mal kam bei den Angriffen kein US-Soldat ums Leben. Das änderte sich am Sonntag. Die US-Armee meldete, dass drei Soldaten getötet und mehr als 30 verletzt worden seien, als mit Drohnen ein kleiner Aussenposten an der jordanisch-syrischen Grenze angegriffen worden sei. In Jordanien seien sie ums Leben gekommen, hiess es zunächst. Die jordanische Regierung dementierte dies später, die Attacke habe sich auf syrischem Boden ereignet.

Tatsächlich ist die US-Armee auf beiden Seiten der Grenze präsent, die sich hier durch die Wüste zieht. Staatliche iranische Medien meldeten, der «irakische Widerstand» habe die USA in Syrien angegriffen, namentlich die Basis al-Tanf, die in den vergangenen Wochen immer wieder zum Ziel geworden war.

Teheran distanzierte sich wie üblich von der Attacke, die Iraker handelten eigenständig. Aussagen, wonach der Iran verantwortlich sei, entbehrten jeder Grundlage. Die iranischen Nachrichtenagenturen wollten sogar vernommen haben, dass anonyme US-Quellen die iranische Urheberschaft anzweifelten.

Mehr zu verlieren als zu gewinnen

So klingt es seit Monaten aus Teheran. Die Angriffe ihrer Verbündeten – der Hizbollah auf Israel, der Huthi auf Schiffe im Roten Meer, der irakischen Milizen auf US-Einrichtungen – loben die Mullahs, wollen mit ihnen aber nichts zu tun haben. Man werde sich von Israel und den USA nicht zu einem Krieg provozieren lassen, das ist die Sprachregelung. All das, während das Regime die Anreicherung von Uran wieder hochgefahren hat. Und erst kürzlich mit einem Raketenschlag auf Nordwestsyrien demonstrierte, wozu es militärisch in der Lage ist.

Dass die Iraner keinen grossen Krieg im Nahen Osten wollen, ist glaubwürdig. Sie haben dabei mehr zu verlieren als zu gewinnen. Andererseits nähern sie sich diesem Krieg gefährlich an. Mit dem Tod der drei amerikanischen Soldaten steht Präsident Joe Biden stark unter Druck. Biden hat bisher sehr vorsichtig auf die ständigen Provokationen reagiert. Jetzt fordert etwa der republikanische Senator Lindsey Graham, ein einflussreicher Aussenpolitiker, Vergeltungsschläge gegen den Iran. Man müsse die Ölinfrastruktur angreifen, so Graham.

Joe Biden muss Stärke zeigen

Der US-Präsident teilte am Sonntag nur mit, man werde «die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen». Man kenne noch nicht alle Details, es sei aber sicher, dass «radikale, vom Iran unterstützte militante Gruppen» hinter dem Angriff steckten. Für die USA ist es der grösste Verlust von Soldaten seit dem Sommer 2021, als der IS auf dem Flughafen von Kabul 13 Marines tötete.

Ein Satellitenbild vom 12. Oktober 2023 zeigt eine als «Tower 22» bekannte US-Militärbasis an der Grenze zwischen Jordanien und Syrien.

Der US-Präsident wird darauf reagieren müssen, und zwar in einer Art, die auch jene Länder im Nahen Osten beruhigt, die US-Basen beherbergen, etwa Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch innenpolitisch kann er es sich im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf nicht leisten, schwach zu erscheinen. Gerade beim Thema Iran werfen ihm die Republikaner genau das immer wieder vor. Andererseits wird Biden den Iranern auch signalisieren wollen, dass er an keiner Eskalation interessiert ist.

Mehrere iranische Ziele in Syrien würden sich für einen Vergeltungsschlag der Amerikaner anbieten, darunter dass «Glass House», eine Kommandozentrale der iranischen Revolutionsgarde nahe dem Flughafen von Damaskus. Israel hat schon Angriffe auf den Komplex geflogen. Auch andere Basen der Garden kämen infrage, dazu Ziele der proiranischen Milizen. US-Angriffe auf irakischem Boden wertet Teheran grundsätzlich als grössere Eskalation als in Syrien.

Der Schattenkrieg wird weitergehen

Bisher war es in diesem Schattenkrieg nicht so, dass der Iran sich für amerikanische Luftschläge sofort gerächt hätte. Im November zum Beispiel liess Biden mehrere Ziele der Revolutionsgarde in Syrien bombardieren, auch damals schon als Reaktion auf die ständigen Angriffe der Iran-treuen Milizen. Teheran schwor Rache, die blieb aber vage. Auf die gezielte Tötung eines Kommandeurs der Revolutionsgarde in Damaskus, mutmasslich durch Israel, reagierte Teheran mit einem Raketenangriff auf das irakische Arbil. Ziel war angeblich ein Spionagezentrum der Israelis, es kamen allerdings nur irakische Zivilisten ums Leben.

Alles keine Signale, dass der Iran einen grossen Krieg sucht. Er droht, will seine Macht beweisen, den Rest lässt er seine Milizen erledigen. Trotzdem ist die Kriegsgefahr hoch, gerade jetzt, nach dem Tod der drei US-Soldaten. Die Stimmung ist angespannt, niemand weiss, wohin der nächste Angriff führt – und ob es den Konfliktparteien gelingt, halbwegs die Kontrolle zu behalten.

Solange der Krieg im Gazastreifen nicht endet, wird vermutlich auch der Schattenkrieg weitergehen. Fürs Erste wartet man in der Region darauf, welche Antwort Joe Biden dem iranischen Regime zukommen lässt.