Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Teuerung schiesst weiter nach oben
US-Inflation nähert sich 10-Prozent-Marke

Die Menschen konsumieren, das Leben wird immer teurer: Gewimmel am Times Square in New York.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Inflationsrate stieg auf 9,1 Prozent und erreichte den höchsten Wert seit über 40 Jahren, wie das Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Die Teuerung ist so stark wie seit Dezember 1981 nicht mehr.

Ökonomen wurden von der Stärke des Preisschubs überrascht. Sie hatten zwar mit einem Anstieg der Inflationsrate gerechnet, waren aber im Schnitt lediglich von 8,8 Prozent ausgegangen. Im Mai hatte die Teuerung bei 8,6 Prozent gelegen.

Der US-Dollar und die Kapitalmarktzinsen in den USA stiegen in einer ersten Reaktion an. Das spricht dafür, dass die Finanzmärkte mit weiteren und deutlichen Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed rechnen. Zuletzt hatte das Fed die Zinsen um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Bei der nächsten Zinssitzung Ende des Monats wird erneut mit einem grossen Zinsschritt gerechnet.

Der starke Anstieg der Teuerung fachte umgehend weitere Zinserhöhungsängste an, was wiederum die Börsen zwischenzeitlich auf Talfahrt schickte und dagegen den Dollarkurs weiter anziehen liess. Der Schweizer Aktienindex SMI verlor bis 15 Uhr über 2,3 Prozent. Bereits vor den US-Inflationszahlen lag der Wert im roten Bereich. Später holte der SMI einen Teil der Verluste wieder auf. Das Währungspaar Dollar-Franken stieg in der Spitze bis auf 0,9831 von 0,9769 unmittelbar vor den US-Daten.

In einer Mitteilung des Weissen Hauses bezeichnete US-Präsident Joe Biden die Rate am Mittwoch als «unzumutbar hoch», aber auch veraltet. Der Energiepreis mache fast die Hälfte des monatlichen Inflationsanstieges aus. Die neuen Daten spiegelten noch nicht die vollen Auswirkungen der sinkenden Gaspreise wider.

Biden sagte, die Bekämpfung der Inflation habe weiterhin «oberste Priorität». Er wolle sich weiter dafür einsetzen, die Preise von Gas un Öl zu senken – etwa durch die Erhöhung der Produktion im Inland. Zudem wolle er mit einem neuen Gesetz die Kosten für alltägliche Ausgaben der Amerikaner reduzieren.

Am Morgen kamen bereits Teuerungszahlen für Deutschland. Demnach verharrt die Inflation im Nachbarland trotz Tankrabatt und 9-Euro-Ticket auf rekordverdächtigem Niveau. Die zu Monatsbeginn eingeführten Entlastungen dämpften den Preisauftrieb im Juni allerdings etwas.

Die Konsumentenpreise legten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,6 Prozent zu. Die Behörde bestätigte am Mittwoch damit eine erste Schätzung. Im Mai hatte die Jahresinflationsrate noch bei 7,9 Prozent gelegen. Es war der höchste Stand seit fast 50 Jahren.

Vor allem Preissprünge bei Energie und inzwischen auch bei Lebensmitteln heizen die Inflation in Europas grösster Volkswirtschaft an. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Konsumentinnen und Konsumenten, weil sich diese für einen Euro weniger leisten können. Das birgt sozialen Sprengstoff. Die Rufe nach weiteren Entlastungen werden lauter.

Preisexplosion bringt Menschen in Not

«Wir haben schon für viele Menschen heute eine Notsituation. Nicht, weil es eine Knappheit gibt – sondern weil die Preise explodiert sind», sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher im ZDF-»Morgenmagazin". «Und gerade Menschen mit geringen Einkommen müssen ja jetzt schon 150, 200 Euro mehr im Monat für Lebensmittel, für Energie – gerade für Gas auch – zahlen.»

Die Bundesregierung versucht, die Menschen unter anderem mit dem auf drei Monate befristeten Tankrabatt und dem 9-Euro-Ticket zu entlasten. Nach Einschätzung Fratzschers tut die Politik allerdings noch nicht genug für Menschen, die wirklich Hilfe benötigten.

«Menschen, die Hartz IV, die eine Grundrente erzielen, die haben keinen Schutzmechanismus», sagte der DIW-Präsident. «Die Menschen, die brauchen jetzt dringend Geld in die Tasche, denn die Situation wird nicht besser, sondern eher in den kommenden Monaten nochmal deutlich schlechter.»

Auch der Aussenhandelsverbandes BGA forderte Entlastungen. «Eine Debatte über den zu hohen Steueranteil an den Energiekosten ist überfällig», sagte Verbandspräsident Dirk Jandura. «Er ist nicht nur für die Bürger, sondern für die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen in Deutschland eine echte Belastung.»

Teures Heizöl

Leichtes Heizöl kostete im Juni mehr als doppelt so viel als ein Jahr zuvor (plus 108,5 Prozent). Auch Erdgas (plus 60,7 Prozent) und Strom (plus 22,0 Prozent) verteuerten sich deutlich. Der Preisauftrieb bei Sprit schwächte sich ab. Kraftstoffe kosteten 33,2 Prozent mehr, im Mai waren es noch 41,0 Prozent.

Die Auswirkungen des Tankrabatts lassen sich dem Bundesamt zufolge wegen der schwankenden Rohölpreise aber nicht exakt beziffern. Rein rechnerisch hätte sich der Konsumentenpreisindex im Juni zum Vorjahresmonat um 8,6 Prozent erhöht, wenn die Preise für Sprit und den öffentlichen Personenverkehr ohne Entlastungsmassnahmen gegenüber Mai unverändert geblieben wären, so die Behörde.

Nahrungsmittelpreise steigen

Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln beschleunigte sich im Juni auf 12,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Mai waren die Preise noch um 11,1 Prozent und im April um 8,6 Prozent gestiegen. Besonders deutlich verteuerten sich Speisefette und Speiseöle (plus 43,1 Prozent).

Zweistellige Teuerungsraten gab es auch bei Fleisch und Fleischwaren (plus 18,9 Prozent), Molkereiprodukten und Eiern (+15,3 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (plus 12,5 Prozent). Ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmitteln hätte die Jahresinflationsrate im Juni bei insgesamt 3,2 Prozent gelegen.

Gegenüber Mai legten die Verbraucherpreise im Juni insgesamt um 0,1 Prozent zu. Auch hier bestätigte die Behörde eine erste Schätzung.

Teuerung bleibt länger hoch

Ein Ende hoher Teuerungsraten ist vorerst nicht in Sicht. Das zeigt auch ein Blick auf die Produzentenpreise für landwirtschaftliche Produkte. Diese sanken im Mai gegenüber dem Vormonat zwar leicht, im Vergleich zu Mai 2021 stiegen sie aber um 36 Prozent. In der Regel werden Steigerungen zeitversetzt an die Verbraucher weitergegeben.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern gab es ähnlich hohe Werte im Winter 1973/1974. Damals stiegen die Ölpreise infolge der ersten Ölkrise stark.

SDA/cpm