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Oberster Banker im Interview
«Ich kann die Emotionalität der Debatte nachvollziehen.»

Marcel Rohner, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung: «Die Credit Suisse war eine geschwächte Institution in einem wirtschaftlich und politisch labilen Umfeld.»
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Das Parlament setzt ein Zeichen und lehnt die 109-Milliarden-Franken-Kredite für die CS-Rettung ab. Politikerinnen und Politiker beschreiben die Banker in der Debatte als «gierig» und «unbelehrbar». Was löst das bei Ihnen aus?

Ich kann die Emotionalität der Debatte nachvollziehen. Teilweise teile ich die Voten. Das Fallieren der Credit Suisse ist eine ernste Situation. Das hat Folgen für den Ruf der Banken, und es zieht Verunsicherung nach sich, bei den Kundinnen und Kunden sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Banken. Wir nehmen diese Bedenken sehr ernst, und es wird uns noch lange beschäftigen.

Die SP und die SVP stellen besonders steile Forderungen. Was kommt da auf die Banken zu?

Die Forderungen sind nicht neu, sie kommen jetzt einfach wieder auf. Für uns ist es wichtig, dass die Aufarbeitung rund um die Credit Suisse sehr genau abläuft. Wir wollen verstehen, was im Oktober, als viele Kunden ihr Geld abgezogen haben, und in den letzten Tagen vor der Notübernahme bei der Bank passiert ist. Sonst ist es gar nicht möglich, abzuschätzen, welche die richtigen Massnahmen sind, um so einen Fall künftig zu vermeiden. Was ebenfalls wichtig ist: Wir haben 239 Banken, und nur eine hatte ein Problem.

«Too big to fail»-Banken dürfe es nicht mehr geben, sagt die SVP und liebäugelt sogar mit einer Volksinitiative. Schafft sich die Schweiz angesichts der allgemeinen Erregung aktuell einen Wettbewerbsnachteil?

Genau deswegen ist es wichtig, dass man genau überlegt, wie man jetzt vorgeht. Wir haben das gleiche System wie der Rest der Welt: Die Geschäftsbanken versorgen die Wirtschaft mit Kredit. Dahinter steht eine Zentralbank, die Liquidität gegen Pfand bereitstellt und damit das System stabilisiert. Das war früher anders. Ich bin aber der Meinung, dass wir probieren sollten, mit den Möglichkeiten, die wir haben, das System zu stabilisieren.

Wie stehen Sie denn zur Forderung von 20 Prozent Eigenkapital, wie es Mitte-Chef Gerhard Pfister vorschlägt?

Was meinen Sie, Tier-1-Ratio oder Leverage Ratio?

Wahrscheinlich die harte Kernkapitalquote, also die Tier-1-Ratio. Glauben Sie, die Banken müssen bald viel mehr Kapital vorhalten?

Es gab eine Bank, die hatte Probleme und ist am Ende zusammengebrochen. Gleichzeitig muss man sehen: Wir haben ein sehr gesundes Bankensystem. Das Bankensystem muss Kredite anbieten können. Egal, welche Schraube die Politik anzieht, es hat immer zur Konsequenz, dass die Kredite knapper und damit teurer werden.

«Es gibt viele andere Länder, die nur eine grosse Bank haben, auch Deutschland hat nur eine.»

Die Riesenbank macht Angst. Muss sie nicht kleiner werden? Was halten Sie vom Trennbankensystem oder dem Herauslösen der CS Schweiz?

Gegenüber der Finanzkrise waren beide Banken schon sehr viel kleiner. Die kombinierte Bank ist 40 Prozent kleiner, als es die UBS vor der Finanzkrise war. Beim Wettbewerb wird man schauen müssen, ob es Bereiche gibt, wo er kleiner wird. Die Aufsicht hat nun den Auftrag, die Lage zu überwachen, und wenn es Probleme gibt, muss sie eingreifen.

Braucht die Schweiz eine so grosse Bank?

Die Schweiz ist ein kleines Land, aber eine starke Volkswirtschaft. Die UBS ist gut geführt und hat ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Eine solide, gut geführte Grossbank ist ein Vorteil für die Schweiz. Sie kann Schweizer Firmen global beim Geschäften unterstützen. Wichtig ist, dass sie einen ganz klaren Schwerpunkt in der Vermögensverwaltung und im Asset Management und eine sehr kontrollierte Investmentbank hat, wie es bei der UBS der Fall ist. Und: Es gibt viele andere Länder, die nur eine grosse Bank haben, auch Deutschland hat nur eine.

Mit welcher Regulierung könnte die Branche leben?

Ich weiss nicht, was in den entscheidenden Tagen bei der Credit Suisse genau vorgefallen ist. Das spielt für die künftige Ausgestaltung der Regeln eine Rolle. Die Bankenwelt wird sich den politischen Entscheiden anpassen. Eine Bank, die sehr gut kapitalisiert war, hat innerhalb von wenigen Tagen ein Problem erhalten. Die Silicon Valley Bank hatte in den USA kurz vor der CS-Übernahme einen Vermögensabfluss von 47 Milliarden Dollar in einem Tag. Das hat es noch nie gegeben.

Woran liegt das?

Ich glaube, das hat mit der Informationsverarbeitung zu tun. Die Welt reagiert heute sehr schnell auf neue Informationen. So wurde das Geschäftsmodell der Silicon Valley Bank plötzlich anders bewertet. Heisst das nun, dass Banken strengere Regeln für die Liquidität treffen müssen? Diese Frage müssen wir uns stellen. Die Massnahme kommt aber immer mit einem Preisschild. Sie verteuert das Bankengeschäft. Daher müssen wir uns auch überlegen, für welche Banken und für welchen Geschäftsbereich diese Regeln gelten.

«Wir haben in der Schweiz eine heterogene Bankenwelt, und wir brauchen darum ein wenig Zeit, um herauszufinden, welche Rahmenbedingungen der Finanzplatz jetzt braucht.»

Sind sich die Banken schon einig, was sie wollen und was nicht?

Wenn wir mit allen Bankengruppen in der Schweiz zusammengesessen sind, kommen wir mit einer konsolidierten Meinung raus. Wir haben in der Schweiz eine heterogene Bankenwelt, und wir brauchen darum ein wenig Zeit, um herauszufinden, welche Rahmenbedingungen der Finanzplatz jetzt braucht.

Sie haben 2008 die UBS-Rettung hautnah miterlebt. Was ist seither passiert, dass wir jetzt wieder in einer so ähnlichen Situation sind?

Es liegen vor allem fünfzehn Jahre dazwischen. Heute haben wir ganz andere technologische Möglichkeiten. Damals gab es noch kaum Onlinemedien, und die Information wurde primär über Newswires verbreitet. Auch bezüglich des Finanzsystems und der Risiken war die Lage anders, die Krise hat die ganze Welt und alle wesentlichen Finanzplätze erfasst. Jetzt dagegen hatten wir eine angeschlagene Credit Suisse. Sie litt unter Altlasten, die vor zwei Jahren entstanden sind (Anmerkung der Redaktion: die Fälle Archegos und Greensill). Seither versuchte die Bank, da rauszukommen. Sie war darum eine geschwächte Institution in einem wirtschaftlich und politisch labilen Umfeld. Wenn dann Panik ausbricht, trifft es das schwächste Glied in der Kette.