Kopf des TagesEinst bei der UBS abgesägt, bald an der Spitze des wichtigsten Bankenverbands
Marcel Rohner war UBS-Chef, als die Bank vom Bund gerettet werden musste. Danach verschwand er aus der Öffentlichkeit. Nun vollendet er sein Comeback.
Die Schweiz ist oft gnadenlos. Wer geschäftlich scheitert, fällt tief. Und meist gibt es kein Zurück mehr. Doch es gibt Ausnahmen: wie Marcel Rohner. Der heute 56-Jährige wurde 2007 zum UBS-Chef. Die Bank stand praktisch schon vor dem Aus, nur wusste das damals noch niemand. Die Finanzkrise rollte gerade an, sie sollte die UBS in arge Schieflage bringen. Ein gutes Jahr später musste der Bund die Grossbank mit einem 60-Milliarden-Franken-Paket retten. Rohner konnte sich noch ein paar Monate auf dem Chefposten halten, wurde dann aber durch Oswald Grübel ersetzt.
«Ich bin mit den Höhen und Tiefen des Bankgeschäfts vertraut.»
Rund 14 Jahre nach diesem Karriereknick soll Rohner nun zum Präsidenten der Bankiervereinigung werden. Damit steigt er wieder in die höchsten Zirkel auf. «Ich bin mit den Höhen und Tiefen des Bankgeschäfts vertraut», so Rohner lakonisch in der Medienmitteilung des Verbands. Rohner soll im Herbst Vontobel-Präsident Herbert Scheidt ablösen, der den Posten die letzten fünf Jahre innehatte.
«Ich finde es gut, wie er nach dem Aus bei der UBS weiter seinen Weg ging.»
Nach dem Aus bei der UBS verschwand Rohner eine Weile aus der Öffentlichkeit. Später baute er sich als Immobilienunternehmer im Aargau ein neues Standbein auf. Bald fand er den Weg zurück in die Finanzbranche. Er wurde bei der neuen Helvetischen Bank zum Verwaltungsrat gewählt. «Wir waren froh, konnten wir einen so kompetenten Verwaltungsrat verpflichten», sagt Thomas Matter, SVP-Nationalrat und Präsident der neuen Helvetischen Bank. Bei der UBS sei der Schaden vor seinem Antritt schon angerichtet gewesen. «Ich finde es gut, wie er nach dem Aus bei der UBS weiter seinen Weg ging.» Später kam das Amt des Vizepräsidenten bei der Genfer Privatbank UBP hinzu.
Nun soll er Präsident der Bankiervereinigung werden. Der Job verspricht viel Prestige, ist aber unbezahlt. Man muss ihn sich leisten können, heisst es in der Branche.
Für den Zusammenhalt zu sorgen, sei laut einem Branchenkenner eine Daueraufgabe und ziemlich anstrengend.
Rohners Vorteil ist, dass er die verschiedensten Banken der Schweiz kennt. Damit könnte es ihm gelingen, die Fliehkräfte in der Bankiervereinigung unter Kontrolle zu halten. Denn die Inlandbanken und die Grossbanken haben unterschiedliche Prioritäten. «Für den Zusammenhalt zu sorgen, ist eine Daueraufgabe und sehr anstrengend», so ein Kenner des Verbands. Die beiden Grossbanken lobbyieren längst auf eigenen Kanälen. Auch die kleinen Banken pflegen ihren eigenen Verband. Und die drittgrösste Bankengruppe, Raiffeisen, hat dem Verband offiziell gar den Rücken gekehrt.
Rohner muss den Bedeutungsverlust der Bankiervereinigung stoppen. Früher war der Wesenszweck des Verbandes einfach: Es ging darum, das Bankgeheimnis zu verteidigen. Das ist Geschichte, seitdem sucht der Verband eine neue Existenzberechtigung: Der Verband will ein Wissenszentrum sein für Themen, die die Branche beschäftigen, wie etwa Nachhaltigkeit oder Digitalisierung. Hunderte von Bankern tauschen dafür Know-how in zahlreichen Gremien aus. So manche Bank ist sich aber nicht sicher, ob sie dafür Geld ausgeben muss. Dafür ist für alle Mitglieder wichtig, dass Rohner einen guten Draht nach Bern hat. Bei Bundesrat Ueli Maurer geniesst der Bankenverband nach wie vor ein offenes Ohr.
Bald wird Rohner, zusammen mit den Präsidenten der grossen Banken, die grossen Linien des Verbandes vorgeben. Die grossen Egos der Branche müssen einen gemeinsamen Nenner finden – nicht immer gelingt das. Wenn die nächsten Banken mit dem Austritt drohen, wird das Rohner vielleicht ärgern, aber wohl kaum aus der Fassung bringen. Denn wenn einer weiss, was eine Krise ist, dann er.
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