Hygiene und KeimeWie dreckig ist es wirklich hinter den Ohren?
Was treibt sich im Bauchnabel und zwischen den Zehen so alles an Keimen umher? Die Frage haben Forscher tatsächlich untersucht – mit überraschendem Ergebnis.
Die Mütter und Grossmütter dieser Welt haben natürlich mal wieder recht gehabt, gegenteilige Fälle sind ja kaum überliefert. Der Ratschlag, sich gut hinter den Ohren zu waschen, beruht jedenfalls auf einer medizinischen Grundlage.
Die Gründe für die basalen Hygienemassnahmen sind mikrobiologischer Natur, denn an den eher feuchten und versteckten Stellen des Körpers gerät die Balance der Keime schnell durcheinander. Dann können schädliche Erreger wuchern und Hautkrankheiten entstehen.
Nützliche Keime
Die Biostatistiker Marcos Pérez-Losada und Keith Crandall von der George Washington University haben bei 129 gesunden Erwachsenen über vier Jahre hinweg immer wieder die Beschaffenheit deren Mikrobioms auf der Haut untersucht und den Anteil von zwölf häufigen Bakterienarten ermittelt. Die Gesamtheit der Bakterien, die den Organismus bevölkern, wird als Mikrobiom bezeichnet.
Im Fachmagazin Frontiers in Microbiology zeigen die Forscher, wie stark die bakterielle Besiedlung auf der Haut von Region zu Region variiert. Die Mehrzahl dieser Keime ist nützlich und hilft dabei, die Funktion der Haut zu erhalten. Ist die Zusammensetzung der Erreger gestört, drohen hingegen Unannehmlichkeiten.
Für die Untersuchung haben die Teilnehmer der Studie Proben an trockenen Stellen wie den Unterarmen und Waden genommen, aber auch an feuchten Orten wie zwischen den Zehen und am Bauchnabel, sowie hinter den Ohren, wo die Haut eher fettig ist. Dabei zeigte sich, dass an Armen und Waden die Keimbesiedlung grösser und vielfältiger war als an den übrigen Regionen. Die Verteilung der häufigsten Erreger ergab ein buntes, gesundes Bild.
Kultur hinter den Ohren
Hinter den Ohren, zwischen den Zehen und am Bauchnabel fiel die Keimvielfalt hingegen geringer aus. Zwar waren dort keine mikrobiellen Monokulturen anzutreffen, doch die Verteilung war einseitiger. Hinter den Ohren fanden sich beispielsweise zu 70 Prozent Staphylokokken, andere Erreger kamen nur zu geringen Anteilen vor. Diese Unwucht kann dazu beitragen, dass sich besonders fiese Keime ansammeln.
Die mangelnde Diversität und die weniger ausgewogene Mischung an nützlichen Bakterien machen anfällig für Ekzeme, Fusspilz, Wundheilungsstörungen und andere Hautleiden. Zudem bildet die Haut nicht nur eine mechanische, sondern auch eine immunologische Barriere gegen unerwünschte Eindringlinge. Auch diese wichtige Funktion kann durch eine gestörte Balance der Bakterien beeinträchtigt sein.
Nun geht es nicht darum, die Hautpartien hinter den Ohren, zwischen den Zehen und am Bauchnabel mit aggressiven Seifen und Reinigungsmitteln zu traktieren, sondern sie pfleglich zu behandeln, so wie es von den Ratschlägen der Grossmütter her bekannt ist.
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