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Hohe Hürden für Postagenturen
Post macht den Dorfläden das Leben schwer

Die Postfiliale im Treffpunkt Lädeli in Wimmis schliesst. Fiolla Maloku (Mitarbeiterin) beim verarbeiten eines Pakets.
© Patric Spahni
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Schliesst die Post aus Kostengründen eine Filiale, so vertröstet sie die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner oftmals damit, dass im Gegenzug eine Postagentur entsteht. Gemeint sind Bäckereien, Apotheken und Lebensmittel­geschäfte, die Post-Dienstleistungen anbieten. In der Regel haben solche Niederlassungen sogar längere Öffnungszeiten als die Vorgängerfiliale.

Nur: Immer mehr Dorfläden machen ihre Postschalter zu. Auf die heikle Lage bei den Postagenturen hat kürzlich die Aufsichtsbehörde Postcom aufmerksam gemacht, anhand eines konkreten Beispiels. Es handelt sich dabei um die Bäckerei Willi im luzernischen Dorf Hellbühl, die 15 Jahre lang Postdienste anbot. Nach Darstellung der Postcom kündigte die Post den Vertrag mit dieser Agentur per Ende 2023, worauf die Gemeinde Neuenkirch die Aufsicht einschaltete. Die NZZ berichtete als Erste über den Fall.

Die Behörde gab daraufhin eine Empfehlung ab und setzte dem Staatsbetrieb eine Frist bis zum 5. Januar, um darauf einzugehen. Der Vorschlag sah vor, dass die Post an einem Schlichtungsverfahren teilnimmt und während dessen Dauer die Agentur für die 943 Einwohner in Hellbühl geöffnet bleibt. Allerdings ist das Unternehmen nicht auf den Vorschlag der Postcom eingegangen, wie ein Sprecher der Behörde sagt.

Stattdessen habe die Post die Agentur am 31. Dezember geschlossen und per Anfang des neuen Jahrs einen Hausservice eingeführt. Dabei nimmt der Pöstler oder die Pöstlerin an der Haustür frankierte Pakete oder Briefe entgegen. Wahlweise können die Kundinnen und Kunden ihre Sendungen auch in den Briefkasten legen.

Vorgehen der Post sorgt für Irritation

Das Vorgehen der Post in Hellbühl sorgt bei der Postcom für Irritation. «Es ist das erste Mal, dass die Post eine Postagentur geschlossen hat, während das Verfahren vor der Postcom noch hängig ist», sagt der Sprecher. Die Postcom werde nun eine zweite Empfehlung abgeben, die endgültig sei. Da es um ein hängiges Verfahren gehe, erteile man derzeit keine weiteren Auskünfte. Die Postcom werde ihren Entscheid jedoch öffentlich machen.

Ohne Postagentur steht seit 1. Oktober auch die 2600-Seelen-Gemeinde Wimmis im Berner Oberland da. In diesem Fall kündigte der «Treffpunkt»-Dorfladen, der bislang Postdienste anbot, den Vertrag mit der Post. Ladenbetreiberin Violeta Saghin begründete diesen Schritt gegenüber dem «Berner Oberländer» einerseits mit mangelnder Rentabilität. Sie spielt damit auf das neue Vergütungsmodell der Post an, das seit gut drei Jahren gilt.

Statt einer festen Entschädigung für den Betrieb einer Postagentur gibt es ein unveränderliches Basisentgelt sowie einen variablen Teil, der auf dem Umsatz und Verkaufszahlen der angebotenen Produkte beruht. Die Bedingungen verhandelt die Post mit dem jeweiligen Filialpartner. Dabei sind die besonderen Gegebenheiten des Standorts ausschlaggebend – etwa ob der Laden eine Annahmestelle für Geschäftskunden führt.

Seit Anfang Jahr sind die Agenturen zudem verpflichtet, ausschliesslich bediente Postschalter anzubieten. Das macht Personal nötig, das hinter der Theke steht. Ein Grund sind neue Regeln im internationalen Luftverkehr. Diese sehen vor, dass Auslandsendungen mit Wareninhalt vor dem Versand elektronisch zu deklarieren sind. Das ist nur noch an den Bedientheken möglich, die direkt mit dem System der Post verbunden sind.

Die Postfiliale im Treffpunkt Lädeli in Wimmis schliesst.
© Patric Spahni

Andererseits kritisiert Saghin den zunehmenden Aufwand. Das bestätigt auch die Gemeinde Wimmis, die sich vergeblich um einen Ersatz bemüht hat. So müssen laut Gemeinderat Geschäfte, die als Postagentur tätig sein wollen, einen barrierefreien Zugang anbieten. Gemeint sind automatische Türen beim Eingang und eine Rampe für Rollstuhlfahrer.

Darüber hinaus müssen die Postagenturen das ganze Jahr über geöffnet sein; Betriebsferien sind demnach keine möglich. Aufgrund solcher Vorgaben sei es «nicht sehr überraschend», dass kein anderer Laden eingesprungen sei, hält der Gemeinderat fest.

Pro Jahr schliessen 74 Agenturen

Die Post beziffert den Anteil der Postagenturen, die den Betrieb einstellen, auf jährlich 6 Prozent. Bei zurzeit 1239 solcher Standorte macht das 74 Schliessungen pro Jahr.

Von schlechten Bedingungen für die Inhaber der Agenturen will die Post nichts wissen. Eine Sprecherin nennt vielmehr Geschäftsaufgaben, fehlende Nachfolge­lösungen und Konkurse des Stammgeschäfts als Gründe, weshalb so viele Postschalter in den Dorfläden verschwinden. Mache eine Agentur zu, bemühe sich die Post um einen Ersatz. In den meisten Fällen gelinge dies; Zahlen dazu gibt die Post keine bekannt.

Zum Vergleich: Ende Jahr betrieb die Post 770 eigene Filialen. Damit unterschreitet der Konzern sein eigenes Ziel, das 800 selbst betriebene Poststellen vorsieht.

Zum Fall in Hellbühl sagt die Post-Sprecherin, dass sich das Unternehmen mit der Bäckerei nicht auf eine langfristige Zusammenarbeit habe einigen können. Deswegen hätten beide Seiten entschieden, die Partnerschaft zu beenden. Den Vorwurf eines härteren Kurses gegenüber aufmüpfigen Agenturen weist die Post zurück. Hellbühl stelle «keine neue Gangart der Post dar, sondern ist ein höchst bedauerlicher Einzelfall».