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Meinung

Papablog: 10 Jahre Erziehung
Hier kommen Vatis Weisheiten

Vorbild statt Schiedsrichter: Erziehung beginnt bei einem selbst – und ist daher oftmals schwierig.
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Nachdem ich vor rund einem Monat bereits meine Learnings in Sachen erholsame Ferien mit Kindern aufgelistet habe, inszeniere ich mich erneut als Erziehungs-Chuck-Norris. Aber keine Angst, es geht in dieser losen Serie nicht um klugscheisserische Anweisungen, wie Sie Ihren Nachwuchs zu drillen haben – gar nicht. Es sind viel mehr Gedanken, Einsichten, teils emotionale Erfahrungen, die ich mit Ihnen teilen möchte. Dinge, die mich als Vater in den letzten zehn Jahren beschäftigt haben. Dies oder jenes mag für Aussenstehende vielleicht banal oder etwas gar naheliegend erscheinen. Aber durch meine Brille, in meinem persönlichen Lebensprozess, mit meinem Rucksack, meinem Charakter, meinen Ängsten und Zweifeln ergeben die folgenden Zeilen durchaus Sinn.    

Kinder brauchen keinen Schiri

Das imaginäre Pflichtenheft eines Kindes ist spätestens ab dem fünften Lebensjahr proppenvoll: Nicht «nasegrüble» am Tisch, furzen und rülpsen ist idealerweise auch zu vermeiden, Dinge versorgen, aufessen, nicht aufstützen, nicht mit den Händen essen, pünktlich erscheinen, Haare kämmen, (Geschwister) nicht nerven, Hausaufgaben machen, Jacke aufhängen, dreckige Kleider in den Wäschekorb, nicht daneben «brunze», das «Füdle» selber putzen, Spuren in der Schüssel auch. Die Liste liesse sich beliebig erweitern mit haufenweise Dingen, die Kinder tun sollen oder eben nicht.

Schon klar, gewisse Regeln und Leitplanken sind wichtig und ratsam, sofern man nicht unter einer erzieherischen Lebensmüdigkeit leidet. Aber in der Manier eines Schiedsrichters danebenzustehen und die Kids in Echtzeit auf ihre Fehlleistungen aufmerksam zu machen, ist einfach nur gestört. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich in den letzten Jahren immer wieder Phasen hatte, in denen ich genau das praktiziert habe. Kinder sollen Kinder sein dürfen – und Kindsein ist definitiv mehr Ponyhof als Dressurreiten.

Bin ich eigentlich ein gutes Vorbild?

«Dann lies doch mal ein Buch», sage ich. Null Bock bei Junior. Es würde ihm guttun, wenn er hin und wieder an seinen Leseskills feilen würde. «Gamen? Nö, solange das Buch nicht gelesen ist …» Moment, was mache ich eigentlich, wenn ich beispielsweise allein zu Hause bin? Lese ich ein Buch? Nun, Pedro Lenz liegt seit Monaten neben meinem Bett. Also nicht Pedro selbst – der ist mit seinen zwei Metern deutlich zu gross für mein Nachttischchen – aber sein neuster Roman «Primitivo».

Ich nerve mich also, wenn Junior nicht augenblicklich Bücher verschlingt, wenn ihm langweilig ist, schalte aber in vergleichbaren Situationen die Glotze ein. Ähnlich läufts beim Musizieren, dem Lernen, der Disziplin. Ich möchte schon lange mein Gitarrenspiel verbessern, das Italienisch aufpolieren, mehr Sport treiben. Und was tue ich? Ich kritisiere den Vierteler, wenn er keine Lust auf die Schlagzeugübungen hat, auf die «Englisch-Wörtli» schon gar nicht, und zu faul ist, um zu Fuss zum Einkaufsladen zu latschen. Guck mal, wer da spricht.

Fazit: Kinder brauchen Vorbilder. Menschen, die tun, was sie sagen und dadurch glaubwürdig sind. Ich gebe mir Mühe. Wir alle sind geprägt von unseren Erfahrungen, haben eigene Verhaltensmuster. Ich erachte es allerdings als äusserst sinnvoll, meine Macken nicht an die nächste Generation weiterzuvererben. Heisst, ich arbeite daran. Denn das zu erreichen, erfordert ein grosses Mass an Selbstreflexion und Disziplin. Mit anderen Worten: Erziehung beginnt nicht beim Kind, sondern bei einem selbst.

Und was sind Ihre bisherigen Erkenntnisse in Sachen Erziehung, liebe Leserinnen und Leser?