Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Neuer Wagen in vier Tagen
Helfen Sie mit, ein Elektrofahrzeug zu entwickeln!

In den kommenden vier Tagen wollen Studierende an der Berner Fachhochschule ein Elektrofahrzeug entwickeln – mit Ihrer Hilfe. Unten gehts zur Umfrage.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Um der Klimakrise und der Platznot zu begegnen, werden 23 Studentinnen und Studenten der Berner Fachhochschule in den kommenden vier Tagen ein neues Fahrzeug entwickeln. Es soll eine Mischung aus E-Bike und Elektroflitzer sein – klein, leicht und allwettertauglich. Und es soll die täglichen Bedürfnisse optimal abdecken, sagt Peter Affolter, Leiter für Automobil- und Fahrzeugtechnik an der Fachhochschule, der das Projekt leitet.

«Wir müssen anfangen, kleinere und leichtere Fahrzeuge zu bauen», sagt Affolter. Jede zweite Fahrt mit dem Auto sei weniger als sechs Kilometer lang, und im Schnitt sässen eineinhalb Personen im Fahrzeug. «Aber wir haben heute immer noch Personenwagen, die im Mittel 1,4 und oft auch über 2 Tonnen schwer sind.»

Das neue Elektrofahrzeug soll für ein bis zwei Personen geeignet sein, auf der Hälfte eines Standard-Parkfelds Platz haben, Schutz vor Wind und Wetter bieten und sicherer sein als ein E-Bike.

Jetzt sind Sie gefragt!

Um mit dem Fahrzeug den Geschmack der potenziellen Kundschaft zu treffen, wollen die Studierenden Ihre Meinung einholen. In drei Umfragen können Sie Ihre Bedürfnisse anmelden, die dann in die Entwicklung einfliessen. Dieser Artikel bildet den Auftakt, am Dienstag und Mittwoch fragen wir weitere Entwicklungsschwerpunkte wie die Art der Lenkung sowie Wünsche nach Sonderausstattung ab.

Also: Wie soll das neue Fahrzeug aussehen? Machen Sie mit!

Bei der Entwicklung werden die Studierenden angeleitet von Designern, Konstrukteurinnen und Umweltfachleuten. Wenn sie mit ihrem Konzept Erfolg haben, dann könnte das Fahrzeug später auch gebaut werden – der Bedarf ist vorhanden. Die Ergebnisse des Projekts werden nach Ostern präsentiert.

Aber ergibt es überhaupt Sinn, in der Schweiz ein solches Fahrzeug zu entwickeln? Peter Affolter ist davon überzeugt. «Die Schweiz ist prädestiniert, in den Bereich reinzugehen. Wir haben findige Ingenieure im Kleinfahrzeugbau. Und gerade weil wir kein Autobauland sind, können wir auf Imagepflege verzichten und unseren kreativen Ideen freien Lauf lassen», sagt er. 

Die Schweiz – ein Land der Autoingenieure

Es ist nicht das erste Mal, dass in der Schweiz Kleinwagen entwickelt werden. Der Microlino – eine Neuauflage der BMW Isetta – stammt aus Küsnacht ZH und wurde vom Schweizer Erfinder Wim Ouboter und seinen Söhnen Oliver und Merlin auf den Markt gebracht. Der Wagen ist 1,4 Meter breit, 2,5 Meter lang und könnte quer in einem Parkfeld parkiert werden.

«Der Microlino hat das Potenzial, ein kultiges, sinnvolles und ökologisch wertvolles Stadtauto zu werden», sagt Affolter. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde und einem Grundpreis von 14’990 Franken entspreche er jedoch eher der Kategorie eines Kleinwagens.

Der Microlino fährt bereits auf Schweizer Strassen. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde ist er mehr Auto als E-Bike. 

Affolter will mit seinen Studierenden ein langsameres und schmaleres Gefährt entwickeln. «Unser Fahrzeug soll mehr die vielen Kurzstrecken-Autopendler abholen, die heute aufgrund des schlechten Wetterschutzes und der umständlichen Kleider nicht auf ein E-Bike wechseln, sondern ins bequeme Auto sitzen», so der Professor.

Vor den Ouboters hatte bereits Swatch-Group-Gründer Nicolas Hayek die Idee, ein einfaches, günstiges und möglichst umweltschonendes Auto auf den Markt zu bringen. Er klopfte mit seiner Idee bei verschiedenen Autobauern an und landete beim Stuttgarter Konzern Daimler, an den er sein Konzept verkaufte. Zunächst kam der Smart mit einem konventionellen Antrieb auf den Markt, mittlerweile gibt es ihn auch in der Elektrovariante. 

Swatch-Group-Gründer Nicolas Hayek hatte bereits vor der Jahrtausendwende einen Stadtflitzer entwickelt – das Konzept dann aber an Daimler verkauft. 

Auch das dreirädrige Twike stammt aus der Schweiz. Die Vorversion des heutigen Fahrzeugs wurde von Studierenden der ETH Zürich für die Weltausstellung in Vancouver 1986 entwickelt. Ursprünglich war das Twike nur mit Velopedalen betrieben, mittlerweile fährt es auch elektrisch.

Auch das dreirädrige Twike wurde in der Schweiz entwickelt. 

Egal ob Twike oder Smart – ein absoluter Kassenschlager waren die kleinen Flitzer bislang nicht. Dem Klima und der Umwelt würde der Umstieg auf ein leichtes Fahrzeug mit Elektromotor aber durchaus nützen, sagt Patrick Hofstetter, Klima- und Energiespezialist bei der Umweltschutzorganisation WWF. «Wenn die Menschen von ihren grossen und schweren Fahrzeugen auf solche leichten Modelle umsteigen, dann reduziert sich auch der ökologische Fussabdruck deutlich.»

Angesichts der drängenden Klimaprobleme und der strengeren Verkehrsvorschriften in Städten bestehe Hoffnung, dass ein solches Fahrzeug zum ersten Mal über den Status eines Nischenprodukts hinauskomme, sagt Hofstetter. «Die Diskussion um 30er-Zonen in vielen Städten könnte dazu führen, dass kleine Fahrzeuge und Velos interessanter werden. Die grossen und schweren Fahrzeuge, die heute Statussymbole sind, werden zunehmend unattraktiver.» Vielen jungen Menschen bedeuteten die früheren Statussymbole ohnehin nicht mehr so viel.

Fahrzeuge sind noch zu teuer

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht Bedarf für ein kleineres Elektrofahrzeug. «Für die Städte sind Elektroautos eine Wohltat. Sie sind leise und haben null Emissionen», sagt der Direktor des Center for Automotive Research in Duisburg. 

Ein grosses Hindernis sind jedoch nach seiner Einschätzung die noch vergleichsweise hohen Kosten. In Europa wünschen sich viele Kundinnen und Kunden bei einem Elektrofahrzeug eine Reichweite von mehreren Hundert Kilometern. Dafür sei wiederum eine grössere und entsprechend teurere Batterie nötig. «Dann ist man gleich in Preisklassen von deutlich über 20’000 Franken», sagt Dudenhöffer. 

Dennoch könne auch das kleinere von den Studierenden an der Berner Fachhochschule geplante Elektrofahrzeug Käufer finden. «Die Frage ist, wie gross der Markt ist. Das wäre wohl eine Nische, und man konkurriert mit dem E-Bike und dem Microlino.» 

Autobauer wollen kleinere Elektrowagen anbieten

Die Autoindustrie scheint nun umzuschwenken. Einige Autobauer haben bereits angekündigt, günstigere elektrische Kleinwagen zu entwickeln. Volkswagen will ab 2025 einen kompakteren Elektro-Golf anbieten – eine Mischung aus Polo und Golf. Er soll kleiner und günstiger sein als viele der Elektroautos, die bislang am Markt sind.

Denn das Gros der Elektroflitzer hat sich eher an Tesla und damit an grossen schweren Fahrzeugen orientiert. Doch auch Tesla-Chef Elon Musk hat bereits wiederholt von einem Kleinwagen gesprochen. Wann er auf den Markt kommen soll und wie genau er aussieht, ist unklar. 

Kürzlich hat VW einen elektrischen Kleinwagen vorgestellt, der in etwa die Grösse des heutigen VW Polo haben soll. 

Der Wandel hin zu sparsameren und kleineren Autos ist nötig. Denn bislang ist das Auto aus dem Alltag vieler Schweizerinnen und Schweizer kaum wegzudenken. Es ist bequem, zu jeder Jahreszeit nutzbar und oft mehr als ein reines Fortbewegungsmittel. Je nach Ausführung zeugt es auch von gesellschaftlichem Status und verspricht den Nutzerinnen und Nutzern Prestige.

Doch mit seinem herkömmlichen Verbrennungsmotor gilt das Auto als Klimakiller. Der Verkehr verursacht rund ein Drittel der CO₂-Emissionen der Schweiz und damit deutlich mehr als Gebäude und Industrie. Besonders betroffen sind die Städte. Dort gibt es zu Stosszeiten auf den verstopften Strassen oft kein vor und zurück mehr – ganz abgesehen vom Autolärm, der die Anwohner nervt. 

Die Behörden haben bereits reagiert und Leitplanken für die Mobilität der Zukunft gesetzt. Das Bundesamt für Raumentwicklung will künftig weniger Autos in den Städten. In den Innenstädten wird Tempo 30 diskutiert und bei den Parkplätzen gespart. Zürich beispielsweise will 6000 Parkplätze abbauen, um dafür den geplanten Velostrassen Platz zu machen.

Darum ist die Fahrzeugindustrie gefragt, neue Fahrzeuge zu entwickeln. Wer weiss, vielleicht wird es der Entwurf der 23 Studentinnen und Studenten der Berner Fachhochschule sein, der die Autowelt aufmischt.