News-Ticker zur HerbstsessionStänderat verabschiedet Christian Levrat | Massnahmenpaket gegen missbräuchliche Konkurse
Vom 13. September bis zum 1. Oktober tagte das eidgenössische Parlament in Bern. Wir berichteten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
Vom 13. September bis zum 1. Oktober halten National- und Ständerat im Berner Bundeshaus die Herbstsession ab.
Am 29. September wählt die Vereinigte Bundesversammlung einen neuen Bundeswanwalt. Aller Voraussicht nach wird Stefan Blättler zum obersten Strafverfolger des Bundes.
Schlussabstimmung des Parlaments
27 Vorlagen haben der National- und der Ständerat am Freitag zum Ende der Herbstsession parlamentarisch unter Dach und Fach gebracht. Darunter sind etwa die indirekten Gegenvorschläge zur Korrektur-Initiative und zur Organspende-Initiative oder die neuen Regeln für Tabakwerbung.
Mit Ausnahme der Abstimmungsempfehlungen zu den Volksinitiativen unterstehen die Entscheide dem fakultativen Referendum. Gegen die Änderung des Kulturförderungsgesetzes und die damit verbundene Investitionspflicht für Streaming-Anbieter wurde von den Jungparteien von FDP, SVP, GLP und Mitte-Partei das Referendum angekündigt.
Verabschiedung von Christian Levrat im Ständerat
Fast zwanzig Jahre war er im National- und Ständerat, nun ist für SP-Politiker Christian Levrat der letzte Tag im Bundeshaus gekommen. Mit viel Anerkennung für seine Leistungen, den Einsatz und seine Kollegialität ist er am Freitag im Ständerat verabschiedet worden.
«Christian Levrat ist ein Animal politique – für ihn ist Politik kein Frust, sondern Lust und Freude», sagte Ständeratspräsident Alex Kuprecht (SVP/SZ) bei der Verabschiedung am letzten Tag der Herbstsession.
Levrat wird am 1. Dezember neuer Verwaltungsratspräsident der Post. Dort tritt er die Nachfolge von Urs Schwaller an (Lesen Sie unseren Kommentar zu Levrats neuem Job – Eine Wahl mit Risiken). «Als Ständerat arbeitete er gründlich», sagte Kuprecht weiter. Er sei für seine Dossierkenntnis bekannt gewesen. «Er arbeitete hart in der Sache, aber freundlich im Ton.»
Der Freiburger sei aber auch ein Stratege: Wie beim Schachspiel gehe er auch in der Politik strategisch vor – und könne einige Züge voraussehen. «Mit dem neuen Posten bei der Post kann ich versprechen: Jetzt geht die Post ab», schloss Kuprecht.
Nachfolgerin von Levrat im Ständerat wird Isabelle Chassot (Mitte/FR). Sie wurde am vergangenen Sonntag gewählt. (Lesen Sie zum Comeback der Politikerin: Sie hat sich selbst am meisten überrascht)
Parlament will missbräuchliche Konkurse weiter erschweren
Ein ganzes Paket von Massnahmen soll missbräuchliche Konkurse und Schädigungen von Gläubigern weiter erschweren. Der Nationalrat hat am Donnerstag als Zweitrat der entsprechenden Gesetzesvorlage mit 137 zu 48 Stimmen bei vier Enthaltungen zugestimmt. Er will aber weniger weit gehen als der Ständerat.
Ein Rückweisungsantrag aus den Reihen der SVP hatte keine Chance. Für Yves Nidegger (SVP/GE) handelt es sich um eine «Alibireform, die am Ziel vorbeischiesst». Die anvisierten missbräuchlichen Konkurse würden damit in keiner Weise entschärft. Laut Parteikollege Pirmin Schwander (SZ) fehlt es insbesondere an genügenden Daten für eine gezielte Bekämpfung des Missbrauchs.
Jährlich entstehen laut Expertenschätzungen Schäden von mehreren Hundert Millionen Franken durch missbräuchliche Konkurse. Ein Konkurs soll Unternehmen gemäss der bundesrätlichen Vorlage keinen Vorwand mehr bieten können, Löhne und Schulden nicht zu zahlen und andere Unternehmen auf unlautere Weise zu konkurrenzieren.
Das Herzstück der Vorlage bilden Massnahmen im Strafrecht. Den Riegel schieben will der Bundesrat den Missbräuchen namentlich mit einem Tätigkeitsverbot. Ein Gericht kann ein solches bei einem Konkurs- oder Betreibungsdelikt bereits heute anordnen und jemandem eine Funktion in einem Unternehmen verbieten.
Parlament stimmt besserem Schutz vor gefährlichen Chemikalien zu
Die Bevölkerung und die Umwelt sollen besser vor den möglichen negativen Auswirkungen von Chemikalien und vor Industrieunfällen geschützt werden. Das Parlament hat der Ratifizierung von zwei entsprechenden internationalen Übereinkommen zugestimmt.
Nach dem Nationalrat sagte am Donnerstag auch der Ständerat Ja zu den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Sicherheit bei der Verwendung chemischer Stoffe bei der Arbeit respektive über die Verhütung von industriellen Störfällen. Die beiden Entscheide in der kleinen Kammer fielen mit 32 zu 0 Stimmen beziehungsweise 34 zu 0 Stimmen.
Ziel dieser Übereinkommen ist es, den Gefahren bei der Verwendung chemischer Stoffe Rechnung zu tragen und spezifische Schutzmassnahmen einzuführen. «Wir halten es für wichtig, dass die Schweiz ihren Willen bekräftigt, Arbeitskräfte vor den potenziell schädlichen Auswirkungen chemischer Stoffe zu schützen», sagte Carlo Sommaruga (SP/GE) im Namen der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S). Für die Übernahme sei keine Gesetzesanpassung nötig.
Die Abkommen hatten einzig im Nationalrat zu Diskussionen Anlass gegeben. Dort stimmte die SVP-Fraktion geschlossen dagegen. Es bestehe keine Not, den Übereinkommen zuzustimmen, da die Schweiz eben bereits einen genügenden Schutz in diesen Bereichen habe, lautete der Tenor der Volkspartei.
Die beiden Verträge schafften die Rahmenbedingungen für ein hohes Schutzniveau im Umgang mit chemischen Stoffen, hielt Wirtschaftsminister Guy Parmelin dagegen. Mit der Ratifizierung anerkenne die Schweiz, dass die Verwendung von Chemikalien die Arbeitnehmenden, die Bevölkerung und die Umwelt Risiken aussetzen könne und spezifische Schutzmassnahmen erfordere.
Ständerat will gegenüber China stärker auftreten
Der Ständerat ist der Auffassung, dass es einen verstärkten Austausch und ein koordiniertes Auftreten der verschiedenen Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gegenüber China braucht. Er hat eine entsprechende Motion angenommen.
Die kleine Kammer hat am Donnerstag mit 23 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung dem Vorstoss ihrer Aussenpolitischen Kommission (APK-S) zugestimmt. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
Ergänzend zur vom Bundesrat verabschiedeten China-Strategie brauche es weitergehende Massnahmen wie beispielsweise die Institutionalisierung des Austauschs und der Koordination von Schweizer Akteuren gegenüber China, sagte Kommissionssprecher Matthias Michel (FDP/ZG). Das China-spezifische Wissen und entsprechende Kompetenzen seien zu stärken.
Die China-Strategie des Bundesrats sieht bisher einen Ausschuss in der Form einer interdepartementalen Arbeitsgruppe als internes Koordinationsinstrument vor. Der Ständerat möchte aber über einen bloss informellen Austausch hinausgehen.
Aussenminister Ignazio Cassis zeigte sich offen: Ein möglicher Ausbau der Aktivitäten sei Teil der laufenden Diskussionen zur Umsetzung der Strategie, sagte er. Trotzdem beantragte er im Namen des Bundesrats die Ablehnung der Motion. Eine Einbindung der verschiedenen Austausche in ein formelles Korsett sei bürokratisch schwerfällig. Er bevorzuge eine flexible Vorgehensweise.
Keine zusätzlichen Abschaffungen bei der Stempelsteuer
Nachdem das Parlament in der Sommersession die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital beschloss, soll es keine weiteren Entlastungen geben. Die Stempelabgabe auf den Umsatz von inländischen Urkunden und auf die Zahlung von Lebensversicherungsprämien werden beibehalten.
Am Donnerstag hat sich keine einzige Fraktion im Nationalrat für eine weitere Abschaffung der Stempelabgaben stark machen wollen – und auch Finanzminister Ueli Maurer argumentierte dagegen. Der Entscheid, nicht auf die Vorlage für diesen Teil der Abschaffung der Stempelsteuer einzutreten, fiel mit 182 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen.
«Kosten-Nutzen stehen in keinem vernünftigen Verhältnis», sagte Maurer. «Das heisst aber nicht, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt nicht eine weitere Abschaffung der Stempelsteuer in Angriff nehmen können.» Derzeit fehlten jedoch die Mittel und nun sei in dieser Session die Vorlage zur Verrechnungssteuer angenommen worden.
Diese Vorlage sieht vor, die Verrechnungssteuer auf Zinserträge – ausser bei Bankzinsen für inländische natürliche Personen – abzuschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufzuheben.
Das Geschäft ist mit dem Entscheid des Nationalrats erledigt. Eingereicht werden sollen die Unterschriften am 5. Oktober.
Finanzierung von Erasmus Plus soll in Wintersession beraten werden
Der Bundesrat soll dem Parlament in der kommenden Wintersession die Finanzierungsbotschaft für die Vollassoziierung an Erasmus plus vorlegen. Der Nationalrat hat am Donnerstag als Erstrat eine entsprechende Motion angenommen – gegen den Willen der SVP.
Erasmus plus ist das EU-Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Schweizer Studierende können mit dem Programm an EU-Universitäten ein Austauschsemester machen und die Leistungen an Schweizer Universitäten anrechnen lassen.
Eingereicht hatte den Vorstoss die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N). «Alle alternativen Lösungen, die die Schweiz in den letzten Jahren getestet hat, sind schlechter als Erasmus plus», sagte Nicolas Walder (Grüne/GE) im Namen der Kommission. Es brauche nun ein starkes Zeichen an die EU. «Der Bundesrat hat trotz mehrerer überwiesener Vorstösse nicht eingelenkt.» Nun sei die Schweiz unter Zeitdruck geraten.
Der Entscheid im Nationalrat fiel mit 131 zu 48 Stimmen. Die Stimmen gegen die Motion kamen nur aus der SVP. Das Geschäft geht an den Ständerat.
Nationalrat beschliesst Beitritt zu Radioteleskop-Organisation
Die Schweiz soll vollumfänglich von Daten und Experimenten des empfindlichsten Radioteleskops der Welt profitieren können. Der Nationalrat hat am Donnerstag als Erstrat einer Vollmitgliedschaft beim «Square Kilometre Arry Observatory» (SKAO) zugestimmt. Das soll knapp 25 Millionen Franken mehr kosten als ursprünglich bewilligt.
Der Rat hiess das Geschäft mit 162 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Das Geschäft im Gesamtumfang von 33,6 Millionen Franken geht nun an den Ständerat.
Mit der Beteiligung am empfindlichsten Radioteleskop des 21. Jahrhunderts wird es möglich sein, die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien zu erforschen und einige der grössten Rätsel des Universums zu entschlüsseln.
Für das Radioteleskop-Projekt sollen in den kommenden Jahren in Südafrika 130 Antennen mit einem Durchmesser von 15 Metern und in Westaustralien 130'000 TV-ähnliche Antennen gebaut werden. Die Schweiz will sich zusammen mit 13 anderen offiziell involvierten Ländern an diesem Unterfangen beteiligen.
Parlamentarier und Bundesräte müssen sagen, wenn sie Doppelbürger sind
Doppelbürger im National- und Ständerat sowie im Bundesrat müssen ihre Staatsangehörigkeiten künftig offenlegen. Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat einer entsprechenden Vorlage zugestimmt.
Angestossen hatte die Änderung der Parlamentsverwaltungsverordnung SVP-Präsident Marco Chiesa (TI) im Jahr 2018 mit einer parlamentarischen Initiative, der beide Kommissionen Folge gaben. Nun haben auch beide Räte der erweiterten Transparenz bei der Bekanntgabe der Staatsangehörigkeiten zugestimmt.
Der Entscheid in der kleinen Kammer fiel mit 29 zu 12 Stimmen. Gegen die Vorlage wehrten sich SP und Grüne.
«Haben die Regeln eine politische Relevanz?»
Mathias Zopfi (Grüne/GL) zweifelte am Nutzen der neuen Regeln: «Wem nützen sie? Haben sie eine politische Relevanz?», fragte er – und gab die Antwort gleich selbst: Die Verordnungsänderung habe ein «Gschmäckli» und liefere einzig Munition für die Kritik an einzelnen Ratsmitgliedern. Einen Einfluss auf die Wählbarkeit habe eine Doppelbürgerschaft aber nicht.
Laut Chiesa, der im Namen der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (SPK-S) für «seine» Vorlage das Wort ergriff, sind Doppelbürgerschaften für Wähler ebenso von Interesse wie Beruf, militärischer Grad, Alter oder Positionen in Führungsorganen. Mit der Ergänzung des Artikels in der Verordnung um diese Angabe werde die gewünschte Transparenz hergestellt. Die zusätzliche Angabe soll in den Kurzbiografien der Parlamentsmitglieder und der Bundesräte ergänzt werden.
Mit einer anderen Initiative hatte Chiesa Bundesratsmitgliedern eine doppelte Staatsbürgerschaft untersagen wollen. Dieses Anliegen scheiterte aber im Herbst 2018 bereits auf Kommissionsebene.
Über die doppelte Staatsbürgerschaft von Regierungs- und Parlamentsmitgliedern war vor der Wahl von Bundesrat Ignazio Cassis diskutiert worden. Der damalige Kandidat und heutige Aussenminister gab die italienische Staatsbürgerschaft freiwillig ab.
Nationalrat debattiert über ausgelastetes Pflegepersonal
Der Nationalrat nimmt sich am Mittwochmorgen Zeit, um in Anwesenheit von Gesundheitsminister Alain Berset über die Situation des Pflegepersonals zu diskutieren. Der Bundesrat liess bereits am Montag seine Position dazu verlauten.
Die Corona-Pandemie hat deutlich ein Problem aufgezeigt und verschärft, das es schon lange vor der Krise gab: den Personalmangel in den Pflegeberufen. SP, Grüne und GLP haben im Nationalrat nun eine dringliche Debatte zum Thema verlangt, in welcher die wichtigsten Fragen geklärt werden sollen. Am Montag antwortete der Bundesrat auf die eingereichten Fragen.
Die Fraktionen schreiben in den Interpellationen, dass der «seit Jahrzehnten» herrschende Fachpersonalmangel auf demografische Gründe zurückzuführen sei – aber auch darauf, dass die Schweiz zu wenig eigenes Pflegefachpersonal ausbilde und der Beruf kaum mit einer Familie vereinbart werden könne.
Die Hälfte geht nach fünf Jahren
Verschärft werde das Problem dadurch, dass viele den Beruf nach wenigen Jahren wieder verliessen. Laut der GLP steigt fast die Hälfte der Ausgebildeten innerhalb der ersten fünf Berufsjahre wieder um oder aus. Rund zehntausend Stellen seien schon heute nicht besetzt. Und bis im Jahr 2030 benötige die Schweiz bis zu 70'000 zusätzliche Pflegekräfte.
Entsprechend will etwa die SP vom Bundesrat wissen, mit welchen Instrumenten er diesen Bedarf an Pflegepersonal in den nächsten zehn Jahren zu decken gedenkt. In ihrer am Montag veröffentlichten Antwort schrieb die Regierung, dass der vom Parlament gutgeheissene indirekte Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative eine Ausbildungsoffensive vorsehe. Über die Initiative «Für eine starke Pflege» und den Gegenvorschlag von Parlament und Regierung stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung am 28. November ab.
Nur noch mit Fahrassistenzsystem über die Alpen
Lastwagen und Cars sollen künftig nur noch auf Transitstrassen durch die Schweizer Alpen fahren dürfen, wenn sie mit modernen Fahrassistenzsystemen ausgerüstet sind. Auch der Nationalrat begrüsst als Zweitrat eine entsprechende Gesetzesänderung. Umstritten war eine Ausnahmeregel für den Binnenverkehr.
In der Schlussabstimmung hiess der Ständerat das Gesetz mit 29 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Angestossen hatte die Vorlage der Kanton Tessin mit einer Standesinitiative mit dem Titel «Sicherere Strassen jetzt!». In der Folge arbeitete die Verkehrskommission des Nationalrats (KVF-N) einen Gesetzesentwurf aus.
Demnach sollen Lastwagen und Busse nur noch durch Tunnels und über Pässe in den Alpen fahren dürfen, wenn sie über modernste Sicherheitsassistenzsysteme verfügen. Damit soll die Verkehrssicherheit im alpenquerenden internationalen Transitverkehr erhöht werden.
Für Zutritt zum Bundeshaus braucht es künftig ein Covid-Zertifikat
Die Covid-Zertifikatspflicht gilt künftig auch im Parlamentsgebäude. Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat einer entsprechenden Vorlage zugestimmt.
Der Ständerat hatte der Zertifikatspflicht im Bundeshaus bereits am Montag zugestimmt. Dabei hatte er eine Ausnahme beschlossen: So soll jemand, der kein Covid-Zertifikat vorweisen kann – sprich, sich weder impfen noch testen lässt und auch nicht genesen ist -, das Parlamentsgebäude mit einer Maske betreten dürfen.
Eine Minderheit im Nationalrat forderte erfolglos, dies zu streichen. Die Beschaffung eines Zertifikats stelle keine grosse Hürde dar, sagte Marianne Streiff-Feller (EVP/BE). Wer sich nicht impfen lasse, könne einen Test machen. Die Bevölkerung würde diese Ausnahme nicht verstehen.
Gregor Rutz (SVP/ZH) liess dies nicht gelten. Es könne nicht sein, dass jemand, der sich weder testen noch impfen lassen wolle, einfach draussen stehen gelassen werden könne. «Wir unterliegen dem Parlamentsgesetz und sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen», sagte er.
Mit dem vom Volk erteilten Auftrag argumentierten auch die übrigen Fraktionen. Der Rat stimmte der Ausnahme schliesslich mit 145 zu 41 Stimmen zu.
Bevölkerung erwartet Pflicht
Dass für das Bundeshaus – anders als für andere Bereiche des Lebens – keine Zertifikatspflicht gelten soll, sorgte in der Öffentlichkeit für Aufruhr. Diese Zertifikatspflicht im Bundeshaus werde von der Bevölkerung als selbstverständlich empfunden, sagte entsprechend Marianne Binder-Keller (Mitte/AG), Sprecherin der Staatspolitischen Kommission. Es gehe auch um die Akzeptanz des Zertifikats selbst und darum, das Vertrauen der Bevölkerung zu stärken.
Mit Ausnahme der SVP sahen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Nutzen des Zertifikats im Bundeshaus. Schliesslich werde da gearbeitet, sagte Céline Widmer (SP/ZH). Das müsse gewährleistet werden. Die Zugangserfordernis dafür sei verhältnismässig und widerspreche nicht der Verfassung.
Ständerat bereinigt die meisten Differenzen bei «Cargo sous terrain»
In der Schweiz sollen Güter in Zukunft nicht nur auf den Strassen oder Bahnlinien transportiert werden, sondern auch unterirdisch. Der Ständerat hat am Dienstag die meisten Differenzen im entsprechenden Bundesgesetz bereinigt.
Offen zwischen den Räten bleibt noch die Frage zum Vorgehen bei Enteignungen, wenn Interessen von bundesnahen Betrieben tangiert sind. Hier hielt der Ständerat an der Streichung des vom Nationalrat eingefügten Passus fest. Die grosse Kammer wollte, dass erst enteignet werden kann, wenn die Interessen des Bundes oder von bundesnahen Unternehmungen, im Wesentlichen die SBB, nicht tangiert sind.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga legte dar, dass die Abwägung der öffentlichen Interessen bereits im Plangenehmigungsverfahren geregelt sei und somit auf jeden Fall gemacht werden müsse. Anschliessend beschloss der Ständerat mit 27 zu 13 Stimmen, an der Streichung des Passus festzuhalten.
Ständerat nimmt nach langer Diskussion Veloweggesetz an
Der Ständerat hat am Dienstag als Erstrat das neue Veloweggesetz angenommen. Gestritten wurde lange – vor allem um die Planungsgrundsätze. Eine Minderheit befürchtete zu viele neue Verpflichtungen für die Kantone. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
Die Stimmbevölkerung hat 2018 das Bundesgesetz zu einem Veloweggesetz mit 74 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Der Bund erhält neu die Möglichkeit, Grundsätze für Velowegnetze festzulegen sowie Massnahmen der Kantone, Gemeinden und weiterer Akteure subsidiär zu unterstützen und zu koordinieren.
Mit dem Gesetz wird der Bundesbeschluss nun umgesetzt. Der Ständerat hat mit 38 zu 4 Stimmen der Vorlage zugestimmt.
Die SVP-Ständeräte Werner Salzmann (BE) und Hansjörg Knecht (AG) verlangten mit einem Minderheitsantrag, dass das Gesetz an den Bundesrat zurückgewiesen wird. Der Rückweisungsantrag wurde schliesslich mit 33 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
Velowege sollen nur nur ersetzt werden müssen, wenn ein «ausgewiesenes öffentliches Interesse» besteht. Diese Änderung wurde mit 22 zu 17 Stimmen angenommen – gegen den Willen von SP und Grünen.
Eine Minderheit wollte zudem den Absatz aus dem Gesetz streichen, der es dem Bund ermöglichen würde, private Fachorganisationen finanziell zu unterstützen. Dieser Minderheitsantrag wurde schliesslich mit 24 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Nationalrat stimmt Verrechnungssteuerreform im Grundsatz zu
Der Nationalrat will die Verrechnungssteuer auf inländischen Zinserträgen weitgehend abschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufheben. Er ist am Dienstag auf die entsprechende Reform eingetreten. Rückweisungsanträge von links scheiterten deutlich.
Zwei Tage nach dem Nein der Stimmbevölkerung zur 99-Prozent-Initiative der Juso beschäftigte sich der Nationalrat als Erstrat mit einer weiteren Steuervorlage. Der Bundesrat will mit einer Änderung des Verrechnungssteuergesetzes den Standort Schweiz für den Fremdkapitalmarkt stärken. Den Auftrag für das Projekt erhielt er vom Parlament.
Die Vorlage sieht vor, die Verrechnungssteuer auf Zinserträgen ausser bei Bankzinsen für inländische natürliche Personen abzuschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufzuheben. Damit soll es attraktiver werden, inländische Obligationen über einen inländischen Effektenhändler zu erwerben. Dank der Reform soll die bisher im Ausland getätigte Ausgabe von Obligationen künftig vermehrt aus der Schweiz heraus erfolgen, wie es in der Botschaft zum Entwurf heisst.
Rückweisungsanträge der SP deutlich abgelehnt
Laut dem Bundesrat führt die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf inländischen Zinsen zu einmaligen Mindereinnahmen von geschätzt einer Milliarde Franken. Dazu kommen gemäss Botschaft wiederkehrende «statische» Mindereinnahmen von 170 Millionen Franken. Zudem dürfte die Aufhebung der Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen beim Bund zu jährlichen Mindereinnahmen von 25 Millionen Franken führen.
Die bürgerlichen Fraktionen behielten die Oberhand. Die Rückweisungsanträge von SP und Grünen wurden schliesslich deutlich abgelehnt – mit 127 zu 52 Stimmen bei 8 Enthaltungen respektive 120 zu 66 Stimmen.
Nun diskutiert der Nationalrat die Details der Vorlage. Geht es nach seiner vorberatenden Kommission, sollen mehrere Bestimmungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates geändert werden, ohne jedoch den Kern der Vorlage infrage zu stellen. So soll auch die Verrechnungssteuer auf den Zinsen von indirekt über einen Schweizer Anlagefonds gehaltenen Obligationen abgeschafft werden, sofern diese Zinserträge separat ausgewiesen werden.
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Kleine Kammer heisst Zertifikatspflicht im Parlament gut
Der Ständerat hat am Montag mit 36 zu 6 Stimmen der Zertifikatspflicht für den Zutritt ins Parlamentsgebäude zugestimmt. Eine Ausnahme gibt es: Vor einem Test ist der Eintritt mit Schutzmaske zugelassen. Die Staatspolitischen Kommissionen hatten nach einem medialen Aufschrei eine Vorlage für die parlamentarische Zertifikatspflicht ausgearbeitet.
Die dringliche Gesetzesvorlage passierte ausser der Lösung mit der Maske vor einem Test und einer späteren Zertifikatserteilung in der Fassung der Kommission. Deren Präsident Andrea Caroni (FDP/AR) sagte, die Vorlage stärke die Verhandlungsfähigkeit, räume aber kein Privileg des Parlaments aus. Auch in Kantons- und Gemeindegremien gebe es keine Zertifikatspflicht.
Mit dem Zertifikat würden die Räte aber ihre Plexiglasscheiben und die Maskenpflicht los. Die Zertifikatspflicht sei bis Ende 2022 begrenzt und die Verwaltungsdelegation könne sie aufheben, sobald die epidemiologische Lage es zulasse.
Baldiger Entscheid im Nationalrat wegen Kohäsionsmilliarde
Die Grosse Kammer will die Zahlung der Kohäsionsmilliarde an EU-Staaten noch am Donnerstag oder Freitag beraten und unter Dach und Fach bringen. Der Rat hat einem entsprechenden Ordnungsantrag am Montag zugestimmt. Nach dem Ständerat am Donnerstagvormittag wird der Nationalrat am Donnerstagabend in einer Open-End-Debatte über die Kohäsionsmilliarde entscheiden. Die grosse Kammer hiess einen Ordnungsantrag von FDP und SP mit 93 zu 88 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut.
Nach dem Verhandlungsabbruch durch den Bundesrat braucht es Bewegung in dieser Sache», sagte der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Die Hochschulen und die Forschung warteten auf diesen Entscheid. Das Geschäft müsse nun in der Herbstsession zu Ende beraten werden. «Nutzen wir die gemeinsame Zeit und die gemeinsamen Ziele», schloss Wasserfallen.
Mitte und SVP wollten zuwarten
Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) sagte für ihre Fraktion, die Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat (APK-N/S) hätten der Freigabe der Kohäsionsmilliarde bereits zugestimmt. «Das ist ein ausreichendes Zeichen.» Der Nationalrat solle das Geschäft in der Wintersession beraten, wie dies bei den anderen Geschäften auch ordentlich der Fall sei, gab Schneider-Schneiter zu bedenken. Es brauche nun kein beschleunigtes Verfahren. (Lesen Sie auch zum Thema: Kohäsionsbeitrag der Schweiz: Brüssel fordert schon die nächste Milliarde).
Eine Mehrheit des Nationalrats stimmte schliesslich dem Minderheitsantrag zu – gegen den Willen von Mitte und SVP.
Allianz scheitert mit Antrag für Gratis-Tests
Der Aufstand der Politikerinnen und Politiker gegen kostenpflichtige Corona-Tests ist vorerst gescheitert. Eine Allianz aus SVP, SP und Grüne kündigte in der SonntagsZeitung noch an, den Bundesratsentscheid im Eilverfahren umstossen zu wollen. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi reichte dazu eine Motion ein: «Übernahme der Kosten für die Corona-Tests auch nach dem 1. Oktober und so lange die Zertifikatspflicht gilt», lautet der Titel. Damit sollten die Pläne des Bundesrats, Ungeimpfte für ihre Tests zahlen zu lassen, vereitelt werden.
Nun ist die Allianz aber bei einer Abstimmung gescheitert. Aeschi beantragte am Montag, dass seine Motion sofort behandelt werden soll, wie blick.ch berichtet. Das scheiterte aber klar, mit 67 zu 103 Stimmen. Weil der Bundesrat noch gar keine Stellung zur Motion beziehen konnte, hätte der Antrag auch gegen das Parlamentsgesetz verstossen, wie Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP) seine Kolleginnen und Kollegen vor der Abstimmung informierte.
Zuvor kam auch in der Gesundheitskommission keine Mehrheit für eine parlamentarische Initiative oder eine Motion im Eilverfahren zustande. Die Anträge, den Bundesrat mit einer dringlichen Änderung des Covid-19-Gesetzes zu weiterhin kostenlosen Tests zu zwingen, scheiterten in der Kommission relativ knapp. Eine entsprechende Kommissionsmotion scheiterte sogar nur mit Stichentscheid der Präsidentin Ruth Humbel (Mitte/AG).
Man gab sich schliesslich mit einer Stellungnahme zuhanden des Bundesrats zufrieden. Diese Empfehlung hatte die Kommission dem Bundesrat bereits vergangene Woche mit auf den Weg gegeben. Am Freitag gab der Bundesrat jedoch bekannt, dass er an seinem Grundsatzentscheid, das Gratistest-Regime mittelfristig aufzuheben, festhalten wolle. Definitiv entscheiden will er am kommenden Freitag.
Parmelin nimmt keine Stellung zu Maurers Kritik
Im Rahmen der Fragestunde der Herbstsession im Nationalrat wurde Bundespräsident Guy Parmelin am Montagnachmittag mit der kritischen Rede von Finanzminister Ueli Maurer konfrontiert. Gleich mehrere Parlamentarier forderten von Parmelin eine Stellungnahme zu Maurers Vorwürfen.
Der Bundespräsident verwies dabei jedoch auf das Kollegialitätsprinzip der Regierung. «Der Bundesrat kommentiert keine Aussagen einzelner Mitglieder», sagte Parmelin nur.
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Räte beschliessen höheren Steuerabzug für extern betreute Kinder
Für Kinder-Betreuungskosten sollen Eltern künftig bis zu 25'000 Franken von der direkten Bundessteuer abziehen können. Das Parlament hat die entsprechende Vorlage bereinigt. Schliesslich verzichtete der Ständerat darauf, einen weiteren Kinderabzug zu erhöhen.
Oppositionslos schloss sich die kleine Kammer am Donnerstag dem Nationalrat an. Dieser hatte am Mittwoch eine Erhöhung des Elterntarifes von 251 auf 300 Franken pro Kind abgelehnt – mit 112 zu 79 Stimmen. SP, Grüne, FDP und GLP wehrten sich gegen den zusätzlichen Steuerabzug für Kinder. SVP und Mitte wollten die Vorlage zugunsten aller Familien ergänzen. Dies hätte jährliche Mindereinnahmen von rund 69 Millionen Franken bedeutet.
Im September 2020 hatte das Stimmvolk eine erste Vorlage an der Urne mit rund 63 Prozent abgelehnt. Zum Verhängnis geworden war der Vorlage laut Beobachtern, dass neben dem höheren Steuerabzug für extern betreute Kinder auch der allgemeine Abzug pro Kind von 6500 auf 10'000 Franken hätte erhöht werden sollen. Das Parlament hatte dieses Element in die ursprüngliche Vorlage des Bundesrates eingefügt.
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