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US-Regierung reicht Klage ein
Was der mögliche Zwangsverkauf von Google Chrome für Nutzerinnen und Nutzer bedeutet

The Chrome logo is displayed at a Google event, Tuesday, Oct. 8, 2013 in New York. Google is introducing a $279 laptop that runs its Internet-centric Chrome operating system, borrowing many of the high-end features found in models that cost $1,000 or more. (AP Photo/Mark Lennihan)
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In Kürze:
  • Die US-Regierung verlangt, dass Google seinen Browser Chrome abgibt.
  • Google soll exklusive Verträge missbraucht haben, um seine Marktmacht zu sichern.
  • Marktexperten schätzen den Wert von Chrome auf 15 bis 20 Milliarden Dollar.
  • Chrome hat weltweit einen Marktanteil von etwa 90 Prozent bei Suchanfragen.

Das wird ungemütlich für Google: Die US-Regierung und einige US-Bundesstaaten wollen gerichtlich durchsetzen, dass das Unternehmen seinen Browser Chrome verkaufen muss. Eine entsprechende Klage ist am Mittwochabend formell eingereicht worden.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu diesem Fall, der schon jetzt als eine der bedeutendsten Kartellklagen der vergangenen Jahre gegen einen US-Techgiganten gilt.

Wie lauten die Vorwürfe gegen Google?

Das US-Unternehmen soll mit seinem Webbrowser Google Chrome eine marktbeherrschende Stellung errungen haben und diese missbrauchen. Auszug aus der Klageschrift, welche das US-Justizministerium stellvertretend für die USA bei einem Bundesbezirksgericht in Washington D.C. eingereicht hat: «Durch das rechtswidrige Verhalten von Google wurden der Konkurrenz nicht nur wichtige Vertriebskanäle, sondern auch Vertriebspartner entzogen, die Wettbewerbern den Eintritt in diese Märkte auf neue und innovative Weise ermöglichen könnten.»

Und was bedeutet dieser Juristensprech auf Deutsch?

Google hat mit anderen Techfirmen wie Apple und Samsung exklusive Verträge vereinbart, welche Google zur Standardsuchmaschine auf deren mobilen Endgeräten macht. Mitbewerber wie beispielsweise Microsoft mit dem eigenen Browser Edge haben damit kaum eine Chance, im lukrativen Markt von Suchanfragen und den dazugehörigen Werbeanzeigen mitzumischen.

Mit welchen Strafmassnahmen muss Google rechnen?

Das US-Justizministerium fordert nichts Geringeres, als dass Google seinen Browser verkaufen muss. Die Wirtschaftsagentur Bloomberg schätzt den Wert von Chrome auf 15 bis 20 Milliarden Dollar. Darüber hinaus soll Google Nutzungsdaten und Suchergebnisse mit den Wettbewerbern teilen müssen.

Noch liegt kein Urteil vor. Google ist nun aufgefordert, Stellung zu nehmen und eigene Vorschläge einzubringen. Zudem handelt es sich bei einem Bundesbezirksgericht um eine erste Instanz. Google kann ein ungünstiges Urteil also noch an das Bundesberufungsgericht weiterziehen.

Was ist dran an den Vorwürfen?

Zumindest die Monopolstellung von Google lässt sich nicht abstreiten. Weltweit erfolgen rund 90 Prozent aller Suchanfragen über Google. Chrome hat einen Marktanteil von rund 60 Prozent in den USA und etwa zwei Dritteln weltweit.

In der Schweiz beträgt der Marktanteil von Chrome laut dem Statistikportal Statista 44,5 Prozent, womit der Browser auch bei uns führend ist.

Warum kommt mir die ganze Angelegenheit irgendwie bekannt vor?

Weil es um die Jahrtausendwende einen ähnlichen Fall gab. Damals richtete sich die Kartellklage gegen Microsoft. Der Windows-Hersteller soll seine marktbeherrschende Stellung bei Betriebssystemen missbraucht haben, um seinem eigenen Webbrowser Explorer zu einem Monopol zu verhelfen. Die erste Instanz sah dies als erwiesen an und verhängte im Jahr 2000 eine drastische Strafe: Microsoft wird zerschlagen.

Dagegen wehrte sich das Unternehmen in der Berufung erfolgreich. Schliesslich kam es zu einer aussergerichtlichen Einigung zwischen der US-Regierung und Microsoft.

Nehmen wir mal an, Google muss Chrome verkaufen. Was hiesse das für die Nutzerinnen und Nutzer?

Experten wie der unabhängige Cybersicherheitsberater Lukasz Olejnik zeigen sich besorgt. «Chrome nimmt Web-Innovationen sehr schnell an», sagte er dem Onlineportal «Business Insider» und verwies auf die Sicherheitsfunktionen von Chrome als Beispiel für Googles Innovation.

Ohne die finanzielle Unterstützung von Google könnte Chrome auf sich allein gestellt sein, und es sei möglich, dass sich der Fortschritt im Web verlangsame und das Ökosystem geschwächt werde, fügte Olejnik hinzu.

«Das schlimmste Szenario ist die Verschlechterung der Sicherheit und der Privatsphäre von Milliarden von Nutzern und der Anstieg der Cyberkriminalität in unvorstellbarem Ausmass», warnte er.

Könnte Chrome als eigenständige Firma überhaupt überleben?

Angesichts des enormen Marktwerts des Browsers ist die Frage, wer Chrome überhaupt übernehmen könnte. Infrage kämen nur Käufer, die das nötige Geld haben. Dass Meta als Mutterhaus von Facebook und Instagram den Browser übernimmt, gilt als eher unwahrscheinlich.

Forscher aus Kalifornien und den Niederlanden schlagen in einem aktuellen Fachbeitrag aber eine andere Möglichkeit vor: Google soll Chrome finanziell weiter am Leben erhalten, aber von Verträgen ausgeschlossen werden, welche die Suchfunktion zum Standard machen.

Ein anderer Name, der genannt wird, ist Open AI. Das Unternehmen betreibt den Sprachroboter Chat-GPT, der auf künstlicher Intelligenz beruht. Die weltweite Verbreitung von Chrome schätzt der renommierte US-Techblogger Ben Thompson als nützlich genug ein, «um das unvermeidliche Werbegeschäft von Open AI anzukurbeln».

Wie reagiert Google?

«Das Justizministerium verfolgt weiterhin eine radikale Agenda, die weit über die rechtlichen Fragen in diesem Fall hinausgeht», sagte Google-Managerin Lee-Anne Mulholland. Sie ist zuständig für regulatorische Angelegenheiten.

Wenn die Regierung «ihren Daumen auf diese Weise auf die Waagschale legt», schade das den «Konsumenten, den Entwicklern und der amerikanischen Technologieführerschaft genau dann, wenn diese am dringendsten benötigt wird», so Mulholland.