Online-Casino-Betreiber Stake Glamour und Grauzonen: Saubers neuer Sponsor sorgt für Kontroversen
Am Wochenende beginnt die Formel-1-Saison. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Geldgeber des Schweizer Rennstalls.
Vor dem Start der Formel-1-Saison am Wochenende sorgt der Rennstall Alfa Romeo (ehemals Sauber) aus Hinwil ZH mit seinem neuen Titelsponsor Stake für ungewollte Aufmerksamkeit: Bei der Präsentation des neuen Boliden Anfang Februar in Zürich prangte das Stake-Firmenlogo prominent auf dem Wagen – was ein möglicher Verstoss gegen das hiesige Werbeverbot für Glücksspiele sein könnte.
Der neue Partner aus dem Ausland bietet nämlich im Internet Sportwetten an und betreibt unter stake.com Onlinecasinos, bei denen die Einsätze in Kryptowährungen erfolgen. Hierzulande dürfen aber nur Casinos werben, die in der Schweiz zugelassen sind.
Die Zusammenarbeit von Stake mit Alfa-Sauber ist für drei Jahre vorgesehen. Insider schätzen das Engagement auf umgerechnet 75,5 Millionen Franken. Im Gegenzug wird Stake werbewirksam im Namen des Rennstalls erwähnt, der ab diesem Jahr als «Alfa Romeo F1 Team Stake» auftritt. Das erlaubt eine weltweite Sichtbarkeit, denn die Formel 1 trägt ihre Rennen rund um den Globus aus.
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Die zuständige Eidgenössische Spielbankenkommission habe Kenntnis von der Kooperation, sagte eine Behördensprecherin auf Anfrage: «Die Frage, ob darin ein Verstoss gegen das Werbeverbot für Glücksspiele vorliegt, muss gegebenenfalls in einem Untersuchungsverfahren geprüft werden.» Zu allfällig laufenden Verfahren könne die Kommission indes keine Auskunft erteilen.
Es ist nicht der erste grosse Werbedeal von Stake: Das Unternehmen unterstützt den englischen Erstliga-Fussballclub Everton FC finanziell. Darüber hinaus ist der kanadische Rapstar Drake ein Werbebotschafter. Drake ist bekannt als Hochrisikospieler. Bei einer Live-Roulettepartie im vergangenen Mai, die über stake.com im Internet übertragen wurde, gewann der Musiker mit einem einzigen Einsatz umgerechnet 16 Millionen Franken.
Warum arbeitet Alfa-Sauber nach dem Krypto-Crash bei FTX ausgerechnet mit einem Kryptocasino zusammen?
Die Motorsportpresse wundert sich deshalb: Warum arbeitet Alfa-Sauber nach dem spektakulären Zusammenbruch der Kryptobörse FTX ausgerechnet mit einem Kryptocasino zusammen? Andere Formel-1-Teams haben ihre Lehren gezogen und auf die kommende Saison hin entsprechende Kooperationen beendet.
Mercedes warf FTX raus, nachdem das Unternehmen für insolvent erklärt worden war. Ferrari hat sich von der Zuger Blockchain-Firma Velas getrennt. Red Bull und die Blockchain Tezos haben ihre langjährige Partnerschaft ebenfalls aufgegeben.
Und warum holt Alfa-Sauber einen Sponsor an Bord, der bei einigen Grand Prix gar nicht werben darf? So ist es in Grossbritannien illegal, für Glücksspiele zu werben und in Onlinecasinos mit Kryptowährungen zu zocken. Belgien wird voraussichtlich im kommenden Juni ein Werbeverbot für Glücksspiele einführen. Die Rennen in diesen beiden Ländern gehören zu den prestigeträchtigsten im Formel-1-Kalender.
Alfa-Sauber teilt mit, dass Stake Geschäftstätigkeiten in mehreren Branchen unterhalte, «die alle legal und reguliert sind». Das Team werde alle «geltenden lokalen Gesetze und FIA-Vorschriften einhalten». Die Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) ist der Weltverband des Motorsports und beaufsichtigt die Formel 1.
Bereits bei der Bekanntgabe der Zusammenarbeit mit Stake Ende Januar machte der Alfa-Sauber deutlich, was sich der Rennstall nebst dem finanziellen Zustupf erhofft. Stake soll neue digitale Erlebnisse und Anlässe schaffen, mit denen der Rennstall die Fangemeinde stärker an sich binden kann.
In Australien – ein weiterer Halt während der anstehenden Saison – sind Onlinecasinos seit dem Jahr 2001 ganz verboten. Umso überraschender sind deshalb Enthüllungen des «Sydney Morning Herald»: Wie die australische Zeitung herausgefunden hat, befindet sich der Hauptsitz des Stake-Mutterkonzerns Medium Rare NV zwar auf Curaçao in der Karibik. Auf diese Weise kann sich das Unternehmen den Geldwäschereigesetzen anderer Länder entziehen, die üblicherweise das Glücksspiel mit Kryptowährungen regeln.
Jedoch entwickelt ein Jungunternehmen mit Sitz in Melbourne Casinospiele für Stake. Möglich macht das ein Schlupfloch in der australischen Gesetzgebung. Demnach ist es zulässig, ein Onlinecasino von Australien aus zu betreiben, solange es keine Menschen in diesem Land bedient oder in «Down Under» Werbung macht.
Stake nutzt auch andere Grauzonen: Clevere Spielerinnen und Spieler können Verbote mit sogenannten virtuellen privaten Netzwerken (VPN) umgehen. Mit diesen Programmen lässt sich der Zugang zum Internet frei wählen, von dem aus auf ein Onlinecasino zugegriffen wird – beispielsweise ein Land, in dem diese Art von Glücksspiel legal ist. Gemäss der britischen Nachrichtenagentur «Reporter London» hat Stake im Juli 2022 mindestens 14 Websites bezahlt, die für die Nutzung von VPN für den Zugang zu den Glücksspielangeboten warben.
Millionenhaus in Australien, Millionenklage in New York
Die Recherchen des «Sydney Morning Herald» brachten auch die Namen der Firmengründer ans Tageslicht. Der Australier Edward «Ed» Craven und der US-Staatsbürger Bijan Tehrani sind die Köpfe hinter dem neuen Titelsponsor von Alfa-Sauber. Craven sorgte im August 2022 für Schlagzeilen, weil er die teuerste Immobilie des australischen Bundesstaats Victoria kaufte. Für das herrschaftliche Haus in Toorak, einem Stadtteil im Osten von Melbourne, blätterte der 28-Jährige umgerechnet 50,5 Millionen Franken hin. Das Anwesen umfasst 7187 Quadratmeter. Dem Vernehmen nach hat Craven vor, das Gebäude abzureissen und ein neues Anwesen zu bauen.
Der Traum vom neuen Eigenheim könnte aber durch eine zivilrechtliche Klage in den USA getrübt werden. Eingereicht hat sie Christopher Freeman vor einem Gericht in New York. Er sieht sich als Investor einer Vorgängerfirma von Stake. Freeman behauptet, er sei von den beiden Casinobetreibern davon abgehalten worden, in stake.com zu investieren. Er fordert deshalb Schadenersatz in der Höhe von umgerechnet 366,1 Millionen Franken.
Sollte das Gericht der Klage stattgeben, könnte sich das für Alfa-Sauber als risikoreich erweisen. Dann stellt sich nämlich die Frage, inwiefern Stake seinen finanziellen Verpflichtungen dem Rennstall gegenüber noch nachkommen kann.
3. März 2023: Bei der ersten Version des Artikels fehlte ein Kommentar von Alfa-Sauber, da der Rennstall Fragen zur Partnerschaft mit Stake unbeantwortet liess. Inzwischen hat das Team reagiert. Der Artikel wurde um die Stellungnahme ergänzt.
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