Papablog: Ernährungswoche«Gibts auch was Geiles?»
Vegetarisches Essen kommt bei den Kindern der Familie Pickert selten gut an. Dann greift Papa in die Trickkiste.
«Boah, das sieht ja krass aus!» «Papa, was ist das!» «Das» sage ich und lache dabei zufrieden diabolisch in mich hinein. «Das ist eine Pizza Calzone.» Dem Nachwuchs fallen beinahe die Augen aus dem Kopf. Es ist Pizzaabend und wir haben wie immer vier Pizzen für uns alle gemeinsam gemacht. Drei einfach nur mit Tomatensauce und Mozzarella, weil sich das kleine Volk immer sehr über Gemüse auf der Pizza grämt. Das kleine Volk begeistert sich für Broccoli, Rüebli und Mais, aber das gehört erstens nicht auf eine Pizza (Stopp, nein, denken Sie nicht mal dran!) und zweitens darf es diese Dinge nur extra geben – ohne, dass andere Lebensmittel berührt werden. Das grosse Volk und wir teilen uns zumindest die Vorliebe für Pizza Funghi. So weit, so gewöhnlich.
Es ist aber auch der Pizzaabend, an dem ich eine eigene ganze Pizza für mich gemacht habe. Allein das macht schon Eindruck. Aber es ist auch noch eine Calzone, die mich mein ältester Sohn das letzte Mal hat essen sehen als wir beide vor einiger Zeit gemeinsam in Italien waren. «Das hast du in Venedig gegessen!» ruft er. Ich stimme zu. Der Sechsjährige läuft um meinen Teller herum und sieht dabei aus als würde er überlegen, ob es sich hierbei wirklich um ein Abendessen handelt oder doch um einen riesiges Guetsli.
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Vegetarische Argumente
Schliesslich rümpft er die Nase und entscheidet, dass es wohl kein Guetsli ist. «Papa, was ist da drin?» Ich zähle fünf Gemüsesorten und eine Käsesorte auf, die ihn erschaudern lässt. «Aber es sieht so lecker aus», beschwert er sich schliesslich. Ein bisschen wirkt er so, als hätte ich ihn absichtlich hinters Licht geführt.
Hab ich auch, denn genau das war der Plan. Also neben der Tatsache, dass ich wirklich Lust auf eine vegetarische Calzone hatte, und auf diesem Venedig-Trip auf die Idee gekommen bin, dass das überhaupt möglich ist. Pizza Calzone war in meinem Kopf nur in einer Vorstellung präsent, die noch aus meinen Fleischfressertagen stammte. Also mit Schinken, Ei und, wenn man Pech hat, Champignons aus der Dose; weil, ist ja zugeklappt, sieht ja keiner. Das war die Standardrestaurantausführung.
Und nachdem ich mich vor ein paar Jahren dazu entschlossen hatte, auf Fleisch zu verzichten, war ich in keinem italienischen Restaurant in Deutschland, das mehr als diese eine Sorte Calzone angeboten hat. Aber seit der kulinarischen Erleuchtung in Venedig hatte ich mir vorgenommen, das mal selbst zu machen.
Nur bin ich bislang nie dazu gekommen, weil ich halt immer auch für vier Kinder und eine Lebenskomplizin koche und wenn ich wirklich mal allein sein sollte, mir einfach einen Salat mache. Heute jedoch ist Tag X gekommen. Das ist keine Übung. Papa hat ein Essen nur für sich auf dem Teller, das irgendwie gut aussieht, von dem er aber sagt, dass da ganz viel Gemüse drin ist. Stimmt das wirklich? Sieht man gar nicht? Wieso macht der so was? Und was soll das eigentlich? Ja, was?
Geiles Gemüse
Sagen wir einfach, dass ich meine Argumente, als Familie noch häufiger vegetarisch zu essen, kulinarisch verstärke. Ich will und kann sie nämlich nicht dazu zwingen, auf Fleisch zu verzichten. Meine Älteste hat beispielsweise zwar durchaus Ambitionen, es mir gleich zu tun, mag aber kaum Obst und wenig Gemüse. Sie isst sehr zurückhaltend, ausser, wenn es eines ihrer Lieblingsgerichte gibt – dann haut sie unfassbar rein. Und die sind nun einmal alle mit Fleisch.
Hinzu kommt, dass ich nicht nur, aber gerade bei diesem Thema nicht an Sendungsbewusstsein glaube. Lieber versuche ich es kochtechnisch mit dem zwanglosen Zwang des besseren Gerichts. Oder, wenn man es weniger habermasianisch und mehr wie ein Teenager formulieren will, die «Gibts auch was Geiles?»-Theorie. Sie kennen das vielleicht: Jugendliche, die völlig entnervt in einen vollen Kühlschrank blicken, aus dessen Inhalt man problemlos 20 verschiedene Mahlzeiten zubereiten könnte, und sich dann gelangweilt erkundigen, ob es denn auch etwas Geiles gäbe. Mein Plan ist also geiles Gemüse. Urgeile Sossen und sehr, sehr geile gebratene Sachen dazu. Ich werde Ihnen dann bei Gelegenheit berichten, wie geil es letztendlich geworden ist. Weihnachten steht ja quasi vor der Tür.
Bisher erschienene Beiträge aus unserer Ernährungswoche:
Warum sich meine Meinung zu Menüplänen geändert hat
Auf Nimmerwiedersehen, Zucker?
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