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Gefährliches Gas
Warum geht die Ozon­belastung nicht stärker zurück?

Leistungssport soll an sonnenreichen Tagen mit erwartbaren hohen Ozonwerten in den Morgen verlegt werden, rät das Bundesamt für Umwelt.
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Es ist das vergessene Gas. Es ist nicht so lange her, da waren hohe Ozonwerte eine Schlagzeile wert. Doch heute gibt es praktisch keinen Ozonalarm in der Öffentlichkeit mehr. Das spricht für eine zunehmend sauberere Luft in der Schweiz. Es ist aber keine Entwarnung. Denn der Grenzwert für Ozon ist auch in diesem Sommer in Hunderten von Stunden nicht eingehalten worden.

Wie oft wurde der Ozongrenzwert dieses Jahr überschritten?

Der Grenzwert liegt bei einem Stundenmittelwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und darf im Jahr nur einmal überschritten werden. An der Stampfenbachstrasse zum Beispiel, mitten in Zürich, sind die Ozonwerte in diesem Jahr insgesamt während 181 Stunden über den Grenzwert gestiegen. Das ist doch deutlich mehr als im letzten Jahr, das ebenfalls durch einen heissen und sonnenreichen Sommer geprägt war. Die Messstation im ländlichen Stuelegg bei St. Gallen registrierte in diesem Jahr bereits 336 Überschreitungen (Stand 23. August). Höhenstandorte haben zwar grundsätzlich die meisten Überschreitungen. Die Messstation Stuelegg etwa ist ein Ort, wo die Ozonkonzentration grundsätzlich höher liegt, weil dort jeweils ozonreiche Luft aus St. Gallen und Umgebung ankommt. Dabei hat für einmal die ländliche Luft einen Nachteil, denn normalerweise sorgen Stickoxide aus dem Verkehr dafür, dass Ozon, das tagsüber entsteht, in der Nacht abgebaut wird. Dennoch: Die höchsten Spitzen wurden in Zürich und im vorstädtischen Dübendorf gemessen. Dort stieg dreimal der Ozonwert auf 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und darüber. Seit dem 10. August steigt das Ozon in der ganzen Schweiz immer wieder deutlich über den Grenzwert.

Ist die Zahl der Überschreitungen zurückgegangen?

Die Statistik des Bundesamts für Umwelt und von Ostluft, der Organisation für die Luftüberwachung der Ostschweizer Kantone und Liechtenstein, zeigt: Auf der Stuelegg bei St. Gallen zum Beispiel gab es 2018 noch über 780 Überschreitungen, im Jahrhundertsommer 2003 waren es sogar 1487. Doch auch in der Stadt sind die Ozonwerte in diesem Sommer gegenüber 2018 bedeutend weniger über den Grenzwert gestiegen, wie das Beispiel Zürich Stampfenbachstrasse zeigt. Die Zahl der Überschreitungen hat sich fast halbiert. Das sind keine zufälligen Ergebnisse, es ist ein rückläufiger Trend, der seit einiger Zeit zu beobachten ist. Auch die Ozonspitzen sind in der Schweiz längstens nicht mehr so hoch wie früher. Alarmwerte (180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) gibt es nur noch selten.

«Die Konzentration der Stickoxide und VOC muss sehr stark und gleichzeitig reduziert werden.»

Christoph Hüglin, Fachexperte für Lufthygiene an der Eidg. Materialprüfungsanstalt Empa

Warum gibt es weniger Überschreitungen des Grenzwertes?

Es sind vor allem diese zwei Stoffe, die für die Bildung an sonnenreichen Tagen von Ozon verantwortlich sind: Stickoxide (NOx), die bei Verbrennungsprozessen vor allem im Verkehr entstehen, und VOC (Volatile Organic Compounds), die in die Luft gelangen, wenn etwa Lösungsmittel in Treibstoffen, Farben oder Reinigungsmitteln verdampfen. Die Menge der beiden Substanzen NOx und VOC bestimmt, wie viel Ozon bei sonnigem, windstillem Wetter gebildet wird. Die Emissionen der Vorläuferstoffe Stickstoffdioxid und VOC sind in den letzten 20 Jahren so stark gesunken, dass an heissen Sommertagen lokal spürbar weniger Ozon als früher gebildet wird. Der Grund für diese Senkung: Seit 1985 gilt die Luftreinhalteverordnung, später folgte die Einführung des Katalysators für Autos, der die Stickoxide (NOx) aus den Benzinmotoren stark verringert. Dazu kamen die Lenkungsabgaben für die flüchtigen Kohlenwasserstoffe (VOC). Die Emissionen werden mit der Elektrifizierung des Verkehrs weiter abnehmen.  

Warum werden die Ozonwerte trotzdem noch so oft überschritten, obwohl die Luft sauberer geworden ist?

Die chemischen Prozesse der Ozonbildung seien grundsätzlich verstanden, aber vielschichtig und komplex, sagt Christoph Hüglin, Fachexperte für Lufthygiene an der Eidg. Materialprüfungsanstalt Empa in Dübendorf. Es ist daher nicht einfach, die Ozonbildung in Modellen korrekt abzubilden. «Wir wissen aber, dass die Reduktion der Vorläufersubstanzen nicht in gleichem Masse die Ozonbildung senken», sagt Hüglin. Die Konzentration der Stickoxide und VOC müsse sehr stark und gleichzeitig reduziert werden. Doch das ist nicht alles: Die Hintergrundkonzentration von Ozon steigt nach wie vor an. Das ist die Ozongrundbelastung, die übrig bleibt, wenn man alle menschlichen lokalen Produktionsquellen der Vorläufersubstanzen, etwa beim Verkehr, aufheben würde. Solche Verhältnisse findet man in entlegenen Gebieten etwa über dem Atlantik. Durch Massnahmen in der Schweiz und in Europa können die Ozonspitzen bei uns reduziert werden, auf den Ozonhintergrund haben diese aber nur einen geringen Einfluss.

Warum steigt die Hintergrundkonzentration an?

Das hängt laut Empa-Forscher Hüglin mit den grossräumigen (hemisphärischen) Emissionen der Vorläufersubstanzen von Ozon zusammen, insbesondere sind hierbei die Emissionen von Kohlenmonoxid CO und Methan CH4 wichtig, die bei der Ozonbildung auch eine Rolle spielen. Zwar nimmt CO in der Atmosphäre ab, aber Methan steigt stark an, was zumindest teilweise den Anstieg der O3- Hintergrundkonzentration erklärt. Auch dürfte die Entwicklung der globalen Emissionen von Stickoxiden für die Entwicklung des Ozonhintergrunds wichtig sein. Die globalen Reduktionen von Stickoxiden während der Covid-Pandemie führten zu einer globalen Abnahme von Ozon.

Es gibt aber auch kleinräumige Effekte. Paradoxerweise führen in Städten und deren Umgebung die stark rückläufigen Emissionen der Stickoxide zu einer leichten Erhöhung der Hintergrundkonzentration, weil eine der Verbindungen der Stickoxide, das Stickstoffmonoxid, eben auch Ozon abbaut.

Müssen wir auch mit Überschreitungen rechnen, wenn nur noch Elektroautos unterwegs sind?

Je nachdem, wie sich die Hintergrundkonzentration etwa durch hemisphärische Transporte von Ozon entwickelt, wird man auch in Zukunft Grenzwertüberschreitungen erwarten müssen. «Es gibt auch natürliche Vorläufersubstanzen für die Ozonproduktion. Wir wissen jedoch nicht genau, wie stark sie zur Ozonbildung beitragen», sagt Christoph Hüglin. Studien zeigen zum Beispiel, dass an heissen Tagen der Kohlenwasserstoff Isopren eine zusätzliche Rolle spielt. Diese Substanz ist sehr reaktiv und wird von vielen Pflanzen bei sonnigem Wetter produziert. 

Haben wir trotz besserer Luft noch ein Ozonproblem? 

Die Antwort des Bundesamts für Umwelt (Bafu) ist eindeutig: Ja, schreibt die Behörde auf ihrer Webseite. Je höher die Ozonwerte steigen, desto mehr Personen sind betroffen. Eine Schwächung der Lungenfunktion und eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit können bei 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung auftreten, wie das Bafu schreibt. Ist der Grenzwert (120 Mikrogramm) überschritten, können bei empfindlichen Menschen zudem Schleimhautreizungen von Augen, Nase und Hals auftreten. Bei steigender Feinstaub-, NO2- und Ozonbelastung nimmt unter anderem die Zahl der täglichen Todesfälle, der Spitaleintritte und der Krankheitstage zu, heisst es auf der Webseite des Swiss Medical Forum. Nicht nur die Lungenfunktion wird dabei belastet. Hohe Ozonkonzentrationen können auch die Situation von Menschen verschlechtern, die an anderen Krankheiten leiden, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Sterblichkeit an Orten mit starker Ozonbelastung während der Sommermonate ist höher als an Orten mit geringerer. Das zeigen epidemiologische Untersuchungen. 

Massnahmen braucht es umso mehr mit Blick auf die Klimaentwicklung. Die Modelle der Klimaforscher rechnen mit häufigeren windstillen Hitzeperioden, wenn sich die Erde weiter erwärmt – begleitet mit zahlreichen Überschreitungen der Ozongrenzwerte. Auch wenn die Ozonspitzenwerte nicht mehr so hoch sind wie früher und die Zahl der Grenzwertüberschreitungen sinkt: Hohe Ozonkonzentrationen belasten empfindliche Menschen nach wie vor.

Wie soll man sich grundsätzlich verhalten?

Das Bundesamt für Umwelt gibt keine generelle Empfehlung ab, bei hohen Ozonwerten nichts ins Freie zu gehen. Sportanlässe, Wanderungen und andere Aktivitäten sollen jedoch so geplant werden, dass Ausdauerleistungen eher morgens ausgeübt werden. Auskunft über die Ozonproblematik und Ozonwarnungen sind unter folgenden Webseiten zu finden: https://ozon-info.ch/  oder beim Bundesamt für Umwelt.

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