Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Sichere Energieversorgung
Durchbruch beim Gasdeal: Abkommen könnte im März stehen

German Minister of Economy and Climate Robert Habeck and Swiss Transport Minister Albert Rosti attend a bilateral meeting on the sideline of the 54th annual meeting at the World Economic Forum (WEF) in Davos, on January 16, 2024. (Photo by LAURENT GILLIERON / POOL / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es ist nicht überliefert, ob sich Robert Habeck Albert Röstis Namen inzwischen merken konnte. Als Rösti vor einem Jahr am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos als Bundesrat zum ersten Mal das internationale Parkett betrat, nannte ihn der deutsche Wirtschafts- und Klimaminister «Kollege Rössli».

Nun, an diesem Dienstag, trafen Habeck und Rösti in Davos wieder aufeinander. Doch vor die Medien trat danach nur Rösti, flankiert von Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Habeck, so war im Umfeld der Bundesräte zu erfahren, habe umgehend den nächsten Termin wahrnehmen müssen. Und so blieb von deutscher Regierungsseite unkommentiert, was Rösti und Parmelin von der Unterredung berichteten. 

Das Treffen sei freundschaftlich gewesen, geprägt von gegenseitigem Verständnis, sagte Rösti. Und vermeldete einen Fortschritt in einem wichtigen Dossier: Die Schweiz und Deutschland wollen noch dieses Jahr mit Italien ein Abkommen abschliessen, das sie zur gegenseitigen Solidarität während eines Gas-Notfalls verpflichtet. Etwa damit Spitäler und Haushalte auch in akuten Krisen stabil mit Gas versorgt werden können.

«Wir sind auf gutem Weg», sagte Rösti. Geplant ist dem Vernehmen nach, den Vertrag bereits im März am Berlin Energy Transition Dialogue zu unterzeichnen, einer Konferenz zur globalen Energiewende, an der sich Ministerinnen und Minister aus der ganzen Welt beteiligen. 

Albert Roesti, right, Switzerland's Transport, Environment, Energy and Communications Minister and Federal Councillor, speaks next to Guy Parmelin, left, Switzerland's Economy Minister and Federal Councillor, during a press conference at the House of Switzerland on the sideline of the 54th annual meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, Tuesday, January 16, 2024. The meeting brings together entrepreneurs, scientists, corporate and political leaders in Davos under the topic "Rebuilding Trust" from 15 to 19 January. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

Rösti sprach von einer «Win-win-Situation». Die Schweiz ist für Deutschland und Italien als Transitland für die Gasdurchleitung wichtig. Für die Schweiz, die selbst keine Gasreserven hat, sind die beiden Staaten – neben Frankreich – für Gasimporte bedeutend. Laut Rösti steht der Text für den Vertrag weitgehend; es brauche noch gewisse Feinjustierungen, auf die er jedoch ebenso wenig einging wie auf den genauen Wortlaut des Vertrags. Ob einem Abschluss noch Hindernisse im Wege stehen – auch dazu wollte sich Rösti nicht äussern.

Was der geplante trilaterale Gasnotvertrag wirklich taugt, wird sich erst zeigen, wenn der Krisenfall eingetreten ist.

Sicht in einen Stollen mit einer Transitgas Pipeline, am Dienstag, 7. September 2021, in Urweid bei Innertkirchen. Gemaess der Gesellschaft SwissFlux ist die Schweiz bestens mit Infrastruktur ausgeruestet um den europaeischen Kontinet mit erneuerbaren Gasen zu versorgen. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Sicher ist: Italien und Deutschland sind zuletzt näher zusammengerückt. Geplant sind Kooperationsprojekte, nicht nur beim Gas, sondern auch beim Wasserstoff. Eine Pipeline über die Alpen soll den Durchfluss sicherstellen, gemäss ersten Skizzen an der Schweiz vorbei. Rösti hat Habeck nun klargemacht, die Schweiz habe ebenfalls ein Interesse an einer solchen Pipeline. «Nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung.» Wie Habeck darauf reagiert hat, sagte Rösti nicht. 

Gasindustrie reagiert erfreut

Die Gasbranche jedenfalls hofft schon lange auf ein solches trilaterales Abkommen. Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie zeigt sich denn auch erfreut über Röstis Ankündigung. Er spricht von einem «wichtigen Element, um die Versorgungssicherheit langfristig zu verbessern».

Einen ersten Zwischenerfolg hatte Rösti im letzten Sommer erzielt, als er und sein italienischer Amtskollege Gilberto Pichetto Fratin eine Vereinbarung zur Gasversorgungssicherheit unterschrieben. Im Fall einer unterbrochenen Gaszufuhr aus Deutschland, so der Deal, wäre es möglich, Gas durch das italienische Energieunternehmen ENI in die Schweiz zu transportieren. Im Gegenzug würde die Schweiz in einem Notfall für Italien kein Gas aus der Transitpipeline nehmen, das durch die Schweiz zum südlichen Nachbarn fliesst.  

Wie schwierig solche Verhandlungen sind, hatte sich während der Energiekrise 2022 gezeigt. Damals drängte die Schweiz auf ein bilaterales Solidaritätsabkommen mit Deutschland. Röstis Vorgängerin Simonetta Sommaruga suggerierte, Berlin sei auch daran interessiert, was sich jedoch als reines Wunschdenken entpuppte. Berlin wollte von Beginn weg einen trilateralen Vertrag, der auch Italien einbezieht. Die Schweiz allein ist für Deutschland kein besonders interessanter Verhandlungspartner, da sie über keine eigenen Gasreserven verfügt. Als Transitland ist sie aber wie oben skizziert wichtig.

Auch technische Fortschritte

Einen handfesten Fortschritt erzielt hat die Schweiz auf technischer Ebene. In diesem Winter ist es erstmals möglich, Gas aus der West- in die Ostschweiz zu transportieren und damit mehr Gas aus Frankreich in die Schweiz zu leiten. Die Westschweizer Gasversorgerin Gaznat aus Vevey hat die technischen Möglichkeiten dafür geschaffen, und zwar in Altavilla im Kanton Freiburg an der Gasleitung ins luzernische Ruswil. In Europa fliesst immer mehr Gas von Westen nach Osten. Der Grund liegt im Rückgang der russischen Gaslieferungen, welche die Gasflüsse in Europa und damit in der Schweiz stark verändert haben. 

Von der neuen Durchleitungsmöglichkeit nach Osten profitieren die drei anderen Regionalgesellschaften Gasverbund Mittelland, Erdgas Zentralschweiz und Erdgas Ostschweiz. Bereits seit 2017 ist es möglich, Gas nicht nur von Norden nach Süden zu transportieren, sondern auch in umgekehrter Richtung von Italien in die Schweiz. Beides stärkt laut Gas-Fachleuten die Versorgungssicherheit.

Situation besser, aber …

In den vergangenen Monaten hat sich die Situation rund um die Gasversorgung zwar entspannt. Der Bund sieht jedoch keine Grundlage, langfristig Entwarnung zu geben. Er hat deshalb bereits 2022 Schweizer Regionalgesellschaften verpflichtet, Winterreserven in ausländischen Gasspeichern anzulegen, die rund 15 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs der Schweiz entsprechen. Für diesen Winter hatten sie den Auftrag im Oktober erfüllt (lesen Sie hier mehr darüber).

Rösti warnte in Davos davor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Das trilaterale Abkommen bleibe wichtig. «Wir wissen nicht, wo wir in drei, vier Jahren stehen.»