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Meinung

Mögliche Koalitionen
Regierung gesucht – das sind die Optionen in Frankreich

A man votes in the second round of the legislative elections, Sunday, July 7, 2024 in Strasbourg, eastern France. France votes Sunday in pivotal runoff elections that could hand a historic victory to Marine Le Pen's far-right National Rally and its inward-looking, anti-immigrant vision ? or produce a hung parliament and years of political deadlock. (AP Photo/Jean-Francois Badias)
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Frankreich atmet auf, Europa atmet auf. Dem Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) ist ein Überraschungssieg gelungen. Die extreme Rechte hat keine absolute Mehrheit geholt, nicht mal eine relative, der künftige Premierminister heisst nicht Jordan Bardella. So viel zu den guten Nachrichten der vorgezogenen französischen Parlamentswahl.

Die Erleichterung, die darauf folgt, ist nur verständlich. Sie sollte trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Wahl auch weniger gute Nachrichten hervorgebracht hat: Eine eindeutige Mehrheit gibt es nicht in der Nationalversammlung, das französische Parlament ist so zersplittert wie nie in den letzten Jahrzehnten.

Welche Koalitionen könnten in Frankreich entstehen?

Die Linke könnte mit den Macronisten und vielleicht auch den konservativen Republikanern eine Regenbogenkoalition bilden. Schon da aber stellt sich die Frage, welche Parteien involviert wären. Die radikal linke La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon ist zwar die stärkste Kraft im Linksbündnis, eine Koalition mit ihr aber hatte Macron immer ausgeschlossen.

Die Alternative wäre eine Minderheitsregierung der Linken oder der Macronisten – oder eine parteilose Expertenregierung, die das Land mehr verwaltet als gestaltet.

Und dann ist da ja trotz allem noch die extreme Rechte. Auch aus dieser Parlamentswahl geht der Rassemblement National (RN) stärker hervor, so stark wie noch nie. Je mehr Macht und Sichtbarkeit Marine Le Pen in den vergangenen Jahren erhielt, desto besser wusste sie sie zu nutzen. Im Parlament riet sie ihren Abgeordneten zu Mässigung und Krawatten, die Strategie ging auf.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die unübersichtlichen Verhältnisse, welche die Parlamentswahl geschaffen hat, Marine Le Pen zugutekommen. Eine Koalitionsregierung, die sich über jeden Absatz eines Gesetzentwurfs streitet? Eine Expertenregierung, der die demokratische Legitimation fehlt? Le Pen wird auch die kommende Legislaturperiode für sich zu nutzen wissen. Immer in der Hoffnung, dass sich bei der Präsidentschaftswahl 2027 genug Französinnen und Franzosen denken: Den RN haben wir ja noch nie ausprobiert.

Wer jetzt Demut braucht

Damit das nicht passiert, müssen sowohl die Macronisten als auch die gemässigte Linke an ihrer Kompromissbereitschaft arbeiten. Nur fünf Minuten nach der Bekanntgabe der ersten Prognosen verkündete Jean-Luc Mélenchon, das Programm des NFP sei nicht verhandelbar. Das klang nicht wie der Auftakt zu einer Koalition. Aber es gibt auch versöhnlichere Stimmen wie die des Sozialisten Raphaël Glucksmann, der seiner Partei bei der Europawahl zu einem unverhofft guten Ergebnis verhalf und am Sonntag forderte, man müsse sich jetzt «verhalten wie Erwachsene» und gegebenenfalls die politische Kultur ändern.

Schliesslich sollte sich auch der Präsident in Demut üben. Dass sein Lager überraschend auf dem zweiten Platz gelandet ist, bedeutet nicht, dass Emmanuel Macrons Beliebtheitswerte binnen einer Woche explodiert sind – es zeigt lediglich, dass viele Französinnen und Franzosen sehr dringend eine extrem rechte Regierung verhindern wollten. «Ich weiss, was ich euch schulde», hatte Macron nach seiner Wiederwahl 2022 in Richtung all derer gesagt, die ihn gewählt hatten, um die Brandmauer gegen Marine Le Pen aufrechtzuerhalten. Es ist jetzt an ihm, zu zeigen, dass er das ernst meint.