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Währung im Wirbel des Ukraine-Kriegs
Franken so stark wie noch nie, Euro unter 98 Rappen

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Der Euro hat am Dienstag gegenüber dem Franken weiter an Terrain eingebüsst und ist so wenig wert wie noch nie. Das Rekordtief erreichte der Euro bei 0,97605 Franken. Am Morgen hatte die Gemeinschaftswährung noch 0,9860 Franken gekostet.

Letztmals in ähnlich tiefen Regionen war der Euro am legendären 15. Januar 2015, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) völlig überraschend den Mindestkurs von 1,20 Franken aufgehoben hatte. Dies hatte die Finanzmärkte in Turbulenzen gestürzt, so dass zeitweise gar kein Euro-Kurs mehr ermittelt werden konnte.

Schuld an der jetzigen Talfahrt ist die unsichere Versorgungslage Europas mit Erdgas. Dies könnte eine Rezession auslösen, wird befürchtet. Russland hatte am Montag eine Halbierung seiner bereits reduzierten Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 angekündigt. Die Erdgaspreise legten auch am heutigen Dienstag deutlich zu.

Die Eurozone ist stark von russischem Erdgas abhängig. Ein Ausbleiben der Lieferungen würde die Wirtschaft in ganz Europa stark belasten. Unterdessen haben die EU-Staaten zwar einen Notfallplan zu Gaskonsum-Drosselung auf den Weg gebracht. Der Plan soll vor allem die Risiken reduzieren, die sich aus einer vollständigen Unterbrechung russischer Gaslieferungen ergeben könnten. Dennoch dürfte dies nicht ohne Folgen bleiben – auch nicht für die Schweiz.

Firma gibt starken Franken als Pleite-Grund an

Dass der starke Franken nicht spurlos an den Schweizer Firmen vorbeigeht, zeigte sich gerade heute. Die Thurgauer Maschinenbaufirma Knobel stellt ihren Betrieb ein. 60 Arbeitsplätze gehen dadurch verloren. Als Grund nennt das Unternehmen die zunehmende Schwäche des Euro. Dies habe die Konkurrenzfähigkeit verschlechtert, weil die Kosten hauptsächlich in der Schweiz anfielen, während die Erträge mehrheitlich aus dem Euro-Raum stammten.

Hinzu sei die Corona-Krise gekommen, schreibt Knobel weiter. Die dadurch bedingten wirtschaftlichen Verwerfungen und Betriebsschliessungen hätten das Frauenfelder Unternehmen ans Ende der Wirtschaftlichkeit gebracht. Intensive Bemühungen um eine Rettung der Firma seien schliesslich erfolglos geblieben.

IWF senkt globale Wachstumsprognose

Dass sich die weltweite Konjunkturlage eintrübt, dürfte für diverse Firmen in näherer Zukunft zur Belastung werden. Die Weltwirtschaft wird nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr wegen des Kriegs in der Ukraine und der anhaltend hohen Inflation deutlich langsamer wachsen als erwartet. «Auf eine zaghafte Erholung im Jahr 2021 folgten zunehmend düstere Entwicklungen im Jahr 2022», heisst es in der neuen IWF-Prognose zur Weltwirtschaft.

Mehrere Schocks haben demnach die durch die Pandemie bereits geschwächte Wirtschaft getroffen: Die jüngsten Corona-Lockdowns in China hätten zu neuen Problemen für globale Lieferketten geführt, heisst es. Auch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die grossen europäischen Volkswirtschaften seien negativer als erwartet – das spiegele sich vor allem in den Energiepreisen wider.

In seiner neuen Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr nur noch mit einem globalen Wachstum von 3,2 Prozent. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im April angenommen. Für die Eurozone erwartet der IWF ein um 0,2 Prozentpunkte geringeres Wachstum von 2,6 Prozent.

Hartnäckige Inflation

«Die Inflation bleibt hartnäckig hoch», heisst es weiter in dem aktuellen Bericht. In diesem Jahr rechnet der IWF in den Industriestaaten mit einer Teuerungsrate von 6,6 Prozent, also 0,9 Prozentpunkte mehr als noch im April angenommen. In Schwellen- und Entwicklungsländern soll die Inflationsrate im Durchschnitt 9,5 Prozent betragen, ein Plus von 0,8 Prozentpunkten. Es werde allgemein erwartet, dass die Inflation bis Ende 2024 in die Nähe des Niveaus vor der Pandemie zurückkehren werde, hiess es in dem Bericht.

Mehrere Faktoren könnten jedoch dazu führen, dass sich die Dynamik nicht verändere und die Inflation hoch bleibe. Ein Faktor seien Schocks bei den Lebensmittel- und Energiepreisen infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Diese Entwicklung könnte einer Stagflation Vorschub leisten. Unter Stagflation versteht man eine nicht mehr wachsende Wirtschaft bei gleichzeitigem Preisauftrieb.

Gespanntes Warten aufs Fed

Mit Spannung wird in diesem Zusammenhang auch die neue Zins-Entscheidung der US-Notenbank Fed am Mittwoch erwartet. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits einen erneuten grossen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten in Aussicht gestellt. Die Rekordinflation hatte auch die Euro-Währungshüter zu einem höheren Tempo bei ihrer ersten Zinserhöhung seit elf Jahren gezwungen. Die EZB kündigte in der vergangenen Woche an, dass die Leitzinsen um 0,50 Prozentpunkte steigen.

Die jüngste Senkung der globalen Konjunkturprognose um 0,4 Prozentpunkte des IWF geht dem Bericht zufolge vor allem auf die unvorhersehbaren Folgen des Kriegs in der Ukraine zurück. So könne es zu einem «plötzlichen Stopp der europäischen Gasimporte aus Russland» kommen. Auch könnte es schwieriger als erwartet sein, die Inflation zu senken.

Schuldenkrise als Folge

Die strengere Geldpolitik als Reaktion auf die hohe Inflation könnte für Schwellen- und Entwicklungsländer eine Schuldenkrise zur Folge haben. Diese Staaten könnten aufgrund höherer Zinsen ihre Kredite schwerer zurückzahlen. Auch erneute Corona-Ausbrüche und damit verbundene Lieferkettenengpässe seien ein Risikofaktor für die Weltwirtschaft.

Die neue Prognose spiegele das nachlassende Wachstum in den drei grössten Volkswirtschaften der Welt – den Vereinigten Staaten, China und dem Euroraum – wider, was erhebliche Auswirkungen auf die globalen Aussichten habe, schrieb IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas.

Der IWF betont allerdings, dass die Prognosen ausserordentlich unsicher seien. Sie beruhten aktuell auf der Annahme, dass es zu keiner weiteren unerwarteten Verringerung der Erdgaslieferungen aus Russland an das übrige Europa komme. Auch gehe man davon aus, dass die Inflationsentwicklung einigermassen stabil bleibe. «Es besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass sich einige oder alle dieser Grundannahmen nicht bewahrheiten», mahnt der IWF.

SDA/cpm