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Weltmeister Franjo von Allmen
«Wir haben ein gutes Grosi, das jeden Mittwoch putzen kommt»

Franjo von Allmen von Team Schweiz beisst auf seine Goldmedaille während der Siegerehrung bei der Audi FIS Alpine Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm, Österreich.
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Er reiste als Geheimfavorit nach Saalbach – und kehrt als zweifacher Weltmeister heim. Auf Gold in der Abfahrt liess Franjo von Allmen am Mittwoch den Triumph in der Teamkombination mit Loïc Meillard folgen. Am Morgen danach redet der 23-Jährige im Hotel der Schweizer, das mitten in der Fanmeile dieser WM liegt, über die aufregenden letzten Tage.

Franjo von Allmen, Sie sagen von sich, vor dem Rennstart seien Sie nie nervös. Gibt es Situationen, in denen das anders ist?

Wenn ich auf Französisch ein Interview geben muss.

Am liebsten reden Sie im Berner Dialekt – auch im deutschen Fernsehen.

Ja, das gab ein paar Reaktionen. (lacht) Berndeutsch ist halt die Sprache, in der ich mich am wohlsten fühle und am authentischsten Interviews geben kann. Aber das Hochdeutsche und in ein paar Jahren auch das Französische sollten schon drinliegen.

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Sie haben offenbar ZDF-Experte Marco Büchel in die Bredouille gebracht, der plötzlich übersetzen musste.

Ja, das habe ich auch gehört. Es war das erste Interview beim ZDF, es ging etwas in die Hose. Ich bin nicht das wahnsinnige Sprachtalent, gebe mir aber Mühe. Und mein Französisch versuche ich nun mit meinen Teamkollegen aufzufrischen.

Was heisst Glatze auf Französisch?

Das weiss ich nicht. (lacht)

Une tête chauve. Sie alle im Team tragen jetzt diese Frisur.

Ja, Alexis Monney hat mit diesem Mist begonnen. Er wettete mit einem Trainer, dass er sich eine Glatze rasieren wird bei seinem zweiten Podestplatz. Dann gewann er in Bormio die Abfahrt und wurde im Super-G Dritter, das ging viel zu schnell. Die Rasur wurde daher in Kitzbühel nachgeholt. Und nun kam irgendein Trainer auf die Idee, einen Rasierer mit nach Saalbach zu nehmen – und die Dinge nahmen am Sonntag ihren Lauf.

Sie gewannen die Abfahrt und sorgten für das grosse Scheren. Nach der Teamkombination, die sie zusammen mit Loïc Meillard gewannen, sind Sie gar Doppelweltmeister. Wie tönt das?

Es ist immer noch unrealistisch. Es braucht noch ein paar Tage, wenn nicht den ganzen Sommer, um das zu verarbeiten.

Malten Sie sich als Bub aus, wie das sein würde: Sie als Abfahrtsweltmeister?

Nein, überhaupt nicht. Als Kind war ich oft auf dem Jaunpass Ski fahren, dort ging es nur um die Freude. Direkt nach der Schule brachte meine Mutter die Ski an die Bushaltestelle, damit wir keine Zeit verlieren. Dann fuhren wir hoch zum Skifahren. Es ging nur darum, eine gute Zeit mit den Kollegen zu verbringen. (räuspert sich) … meine Stimme, Entschuldigung …

«Das Feiern gehört für mich dazu.»

Vielleicht hätten Sie doch besser nur eine Goldmedaille geholt, zwei Feiern waren offenbar eine zu viel.

(lacht) Es geht schon. Also damals hat sich das einfach immer mehr gesteigert, irgendwann fuhr ich Rennen und war vorne dabei. Wir fuhren so gerne Ski, dass wir manche Rangverkündigung verpassten. Es ging nur um Spass und nie darum, mir irgendeinen Traum zu erfüllen. Weltmeister zu werden, hätte ich mir gar nicht vorstellen können.

Die letzten Tage müssen sich angefühlt haben wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Absolut. Es war vieles neu, es gab viele Emotionen, die Tage waren lang. Auch wenn es mich viel Energie kostete, versuchte ich, daraus positive Energie zu ziehen – und auf Dauer wird das auch so sein: Ich werde mich immer gerne zurückerinnern.

Am Sonntag nach der Abfahrt sagten Sie, Sie müssten jetzt bei einer Party «den Kopf lüften». Wie sah das konkret aus?

Wir haben das ja im wahrsten Sinne getan (nimmt seine Mütze vom Kopf und zeigt seine Glatze). Wir haben ziemlich ausgelassen gefeiert, wenn man bedenkt, dass ich mit der Teamkombination noch einen Einsatz hatte an der WM. Das Feiern gehört für mich dazu, es ist die Mischung aus Spass haben und den Fokus wiederfinden, die es ausmacht.

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Gerade im Skisport scheint derzeit ein Trend zum grossen Feiern zu herrschen. Haben Sie eine Erklärung?

Ich kann nur für unser Team reden: Das ist sehr eingespielt, wir sind gerne zusammen und gehen gerne gemeinsam aus.

Trainer Vitus Lueoend und Marco Odermatt des Schweizer Teams bei der Nationalhymne während der Alpine Ski-WM Saalbach-Hinterglemm 2025, Team Kombination Herren.

Mögen Sie, dass die Bilder davon bald in den sozialen Medien auftauchen?

Ich finde es schade, dass im Ausgang so viele Fotos und Videos gemacht werden müssen. Aber das ist heutzutage halt unumgänglich.

Sie könnten sich in einem Club auch ein Séparée mieten.

Wir sind doch auch nur Menschen und feiern auch gerne einmal unter anderen Leuten.

Als Abfahrer betreiben Sie eine Hochrisikosportart. Brauchen Sie das Ausgehen, um vom Adrenalin herunterzukommen?

Auf der Abfahrt werde ich schon viel Adrenalin los. Es geht mehr darum, den Kopf freizubekommen.

«Es verunsichert mich mehr, wenn ich andere Meinungen höre.»

Versuchen Sie, solche Momente möglichst festzuhalten?

Extrem, ja. Für mich ist das Ganze noch unrealistisch, umso wichtiger ist es, im Moment zu sein und die Emotionen irgendwie fassen zu können.

Wieso funktioniert es in diesem Abfahrtsteam momentan so gut?

Wir sind eine zusammengewürfelte Gruppe von Athleten aus der ganzen Schweiz. Es ist nicht selbstverständlich, dass es so läuft. Wir sind in zwei Dritteln des Jahres zusammen unterwegs, man lernt einander besser kennen. Und die vielen Erfolge schweissen uns natürlich zusammen. Das Spezielle ist, dass wir alle relativ jung sind und uns schon aus dem Europacup kennen.

Manche Teamkollegen besichtigen gemeinsam und besprechen die Ideallinie miteinander. Sie dagegen sind auf der Piste lieber alleine unterwegs. Warum?

Ich kann nicht Ski fahren wie ein Marco Odermatt oder ein Marco Kohler, ich muss mein eigenes Ding machen, habe meine eigene Linie. Es verunsichert mich mehr, wenn ich andere Meinungen höre. Allerdings: Manchmal wäre es auch besser, wenn ich auf andere hören würde. (lacht)

Sie machen die Fehler lieber selbst?

Learning by doing, das gilt für mich in jeder Lebenssituation. Es ist der schnellste Weg, etwas zu lernen.

Ihr Fahrstil ist spektakulär und risikoreich, wie würden Sie ihn beschreiben?

Er ist nicht vergleichbar mit jenem von Odermatt, der auch sehr am Limit fährt. Ich muss jeweils die Grenze finden und doch nicht darüber hinausschiessen. Diesen Punkt zu treffen, ist nicht einfach. Aber mit jedem Rennen gewinne ich Erfahrungen.

Sind Sie als Jugendlicher oft gestürzt?

Ausfälle hatte ich viele, aber gestürzt bin ich eigentlich nicht extrem oft.

«Ich bin ein extremer Lebemensch.»

Im Sport geht alles schnell – bei Ihnen erst recht, mit 23 sind Sie Doppelweltmeister. Im österreichischen Fernsehen werden Sie schon Superstar genannt. Was macht das mit Ihnen?

Es ist schwierig für mich. Es ging alles sehr schnell, die Emotionen sind gross. Aber es ist schön, freuen sich die Leute mit mir.

Zu Ihrer neuen Bekanntheit gehört, dass Ihre Geschichte öffentlich erzählt wird. Wie ist es für Sie?

Es ist nicht das, was ich mir erträumt habe, aber es gehört dazu. Als Sportler kann man die Öffentlichkeit auch nutzen.

Ein Teil Ihrer Geschichte ist der plötzliche Tod Ihres Vaters vor sechs Jahren. Wie schwierig ist es, wird das immer wieder zum Thema?

Darüber rede ich nicht gerne. Am liebsten würde ich dafür sorgen, dass das Thema öffentlich nicht wiederkehrt. Manche Medien haben Schlagzeilen gebracht, bei denen ich mir an den Kopf fasse. Ich versuche, Schlagzeilen mit etwas anderem zu schreiben.

Ihre Mutter zog aus dem Haus aus, Sie wohnen dort noch zusammen mit Ihrem sieben Jahre älteren Bruder. Wer schmeisst den Haushalt?

Wir haben ein gutes Grosi, das jeden Mittwoch putzen kommt. (lacht) Wir sind jetzt nicht die Ordentlichsten, aber wir sind auch nicht so oft zu Hause. Wir schauen schon, dass wir ab und zu zusammen essen können.

Wohnt Ihre Mutter noch in der Region?

Ja, aber nicht gleich um die Ecke. Es gibt es schon ab und zu, dass ich bei ihr vorbeischaue.

Nach dem Tod Ihres Vaters stand auch Ihre Karriere auf der Kippe.

Wir machten eine schwierige Zeit durch, auch finanziell. Der Skisport ist ein teurer Sport. Es war umso schöner, dass ich die Unterstützung vom ganzen Dorf Boltigen bekam, von den Leuten, von Bekannten. Ihr Crowdfunding trieb meine Karriere einen grossen Schritt voran.

Nun sind Sie ganz oben angekommen und haben mit Red Bull auch den potentesten Sponsor Ihres Sports. Wie kam es zum Engagement?

Es war im letzten Winter hier in Saalbach während der letzten Rennen. Ich ging im Zielraum zum Kühlschrank und fragte einen Mann, ob ich mir ein Red Bull herausnehmen darf. Es war Patrick Riml (Alpin-Chef beim Athleten-Projekt von Red Bull), ich kannte ihn nicht. Er sagte: «Selbstverständlich!» Später sprach er mich an und sagte, es sei sehr schön gewesen, dass mal jemand gefragt habe, das sei nicht mehr selbstverständlich. Wir kamen ins Gespräch – und so hat sich das Ganze entwickelt.

Ihr Durst hat sich ausbezahlt.

Sehr, ja. (lacht)

Als Red-Bull-Fahrer haben Sie viele Möglichkeiten, was das Training oder den Transport angeht. Was nutzen Sie?

Es gibt sehr viel, was wir tun können. Es ist gut für mich, habe ich Marco Odermatt im Team, er kann mir zeigen, was alles möglich ist – etwa bezüglich Trainings. Ich habe mit ihm auch schon den Jet oder Helikopter genutzt, weil das Reisen manchmal viel Energie braucht.

In der Szene heisst es, dass ein Abfahrtstitel eine Million Franken wert sein kann. Stimmen Sie zu?

Man kann ja daran glauben.

Wie gehen Sie mit Geld um: Sparen oder verprassen?

Ich bin ein extremer Lebemensch. Es ist sicher wichtig, dass man in jungen Jahren gescheit mit so viel Geld umgeht, aber ich kann es ja auch nicht mit ins Grab nehmen. Zu leben ist für mich extrem wichtig.

Eines Ihrer Hobbys ist das Töfffahren. Gönnen Sie sich ein neues Gefährt?

Wenn ich einen guten finanziellen Grundstock habe, gönne ich mir gerne etwas. Aber zuerst lege ich das Geld schlau an.

Sie fahren Motocross wie etwa auch Marcel Hirscher oder Justin Murisier. Hilft das für Ihren Sport?

Ich bin jeweils mit ein paar Kollegen auf entsprechenden Strecken unterwegs. Und es gibt viele Parallelen zum Skisport. Du bist auch nur über zwei Punkte mit dem Boden verbunden, musst einen zentralen Schwerpunkt finden und die Spannung aufrechterhalten, damit du schnell reagieren kannst.

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Sie fliegen im Jet, sind bald Millionär – und haben Zimmermann gelernt. Wie weit weg ist Ihr früheres Leben derzeit?

Gar nicht weit weg. Ich will im Sommer ein paar Wochen auf dem Bau arbeiten. Es würde wieder etwas Normalität in das Ganze bringen, dann sähe ich wieder die alten Kollegen, mit denen ich ganz normal plaudern kann.

Das ist trotz Ihrer WM-Titel möglich?

Aber zu 100 Prozent. Das sind genau die Leute, die mich als normalen Menschen sehen und nicht als Weltmeister.

Kann man die Lehre als Zimmermann eigentlich im Fernstudium absolvieren?

(lacht) Es war für mich extrem wichtig, diese Basis zu haben. Dass es so aufgeht mit dem Skisport, ist ja nicht selbstverständlich. Aber die Lehre parallel zu absolvieren, war nicht ganz einfach, zum Glück hatte ich einen Lehrbetrieb, der mich voll unterstützte. Es gab einige Absenzen, auch in der Schule.

Und dann bewegt sich dieser gelernte Zimmermann – wie jüngst – plötzlich in der Schickeria von Kitzbühel. Wie passen diese Welten zusammen?

Das ist auch neu für mich und etwas, was ich lernen darf. Ich komme aus einer bodenständigen Familie, aber der Einblick in diese Welt ist spannend.

Sie reisen nun nach Hause, von 100 auf 0, wie geht das?

Das ist gerade gut für mich, es war doch viel in diesen Tagen. Herunterzufahren, ist für mich sehr wichtig, ich gehe saunieren und versuche, das alles zu verarbeiten. Dann schaue ich, dass ich auf das Rennen hin wieder Spannung aufbauen kann, in Crans-Montana steht nächsten Donnerstag ja schon das erste Training an.

Die letzte Frage dreht sich um Ihren Vornamen, es gibt einige Gerüchte, klären Sie uns auf.

Ich heisse Franjo, in meiner ID steht Franjo. Der Name wurde zusammengewürfelt aus Franz-Josef, aber es gibt keinen speziellen Hintergrund.