Nach Niederlage gegen YBAbstiegsrunde statt Europacup – die «Katastrophe» beim FCZ ist eingetreten
Der FC Zürich verliert gegen die Berner Young Boys und verpasst die Qualifikation für die Meisterrunde. Nach einer Saison mit viel Unruhe wird es nun kaum ruhiger.

- Der grosse Umbruch von Sportchef Milos Malenovic beim FCZ mündet noch nicht im Erfolg.
- Die Zürcher setzen diese Saison ligaweit die meisten U21-Spieler ein – doch diese vielen Wechsel sorgen für wenig Konstanz.
- Wichtige Spieler werden den Club nach Vertragsablauf wohl diesen Sommer verlassen.
Die Ansprüche des FC Zürich in dieser Saison waren hoch: Europacup, attraktiver Fussball, Jugendförderung. Die Realität nach 33 Spieltagen und der 1:2-Niederlage gegen die Berner Young Boys ist eine andere: Abstiegsrunde, Unruhe, Sorgen. «Die Katastrophe», wie sie FCZ-Trainer Ricardo Moniz noch vor wenigen Tagen nannte, ist eingetreten.
Während der ganzen Saison übertönen Nebengeräusche das Gezeigte auf dem Feld. Spieler streiken, Schirme fliegen, fragwürdige Transfers werden getätigt. Ruhe gibt es beim FCZ wenig – dafür umso mehr Arbeit.
Im Mittelpunkt steht Milos Malenovic, seit Oktober 2023 Sportchef. Der 40-Jährige hat nach seinem Amtsantritt einen neuen Wind ins Home of FCZ gebracht. Die NZZ rechnete vor: Seit Malenovic die Fäden zieht, gab es über fünfzig personelle Wechsel. Auf eine Kadertransformation folgt die nächste.
40 Spieler wurden beim FCZ in dieser Saison eingesetzt. Nur einmal in der Geschichte setzte ein Team (ebenfalls der FCZ in der Saison 2019/20, coronabedingt) mehr Akteure ein. «Die Transformation im Verein ist extrem», sagte Trainer Ricardo Moniz nach dem 0:0 gegen Winterthur Anfang April. «Ich versuche, flexibel zu sein. Mehr kann ich auch nicht tun.»
Die Zusammenarbeit zwischen Trainer und Sportchef bleibt dabei schwer zu durchschauen. Immer wieder ist aus dem Umfeld zu hören, Malenovic mische sich in Moniz’ Bereich ein, halte auch gerne selbst Ansprachen in der Kabine.
«Er ist einer der besten technischen Direktoren, die ich kenne», sagt Moniz an der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen YB. Malenovic gehe Risiken ein, wolle etwas hinterlassen. Auf die Frage, ob er sich einmische, antwortet Moniz: «Es liegt an mir, zu entscheiden, wie weit es geht.» Eine klare Abgrenzung klingt anders.
Wie lange Moniz dem Projekt noch angehört, ist offen. Aus dem Umfeld des Vereins ist zu hören, dass der Trainer selbst nicht mehr völlig begeistert sei. Und nach dem Verpassen der Meisterrunde wackelt sein Stuhl gewaltig.
Der Nachfolger scheint ebenfalls bereits vorhanden: Dennis Hediger, aktuell U21-Trainer und einst von Malenovic beraten, soll dereinst übernehmen. Doch auch er steckt mit seinem Team in Schwierigkeiten: fünf Niederlagen in Serie, Platz 17 von 18 in der Promotion League, Abstiegskampf.
Viele Junge pendeln zwischen der ersten Mannschaft und der U21, kaum einer ist gefeit davor, wieder degradiert zu werden. Für das Selbstvertrauen einzelner Spieler hilft das ebenso wenig wie für die Konstanz der beiden Mannschaften.
Diese Fluktuation führt zwar dazu, dass der FCZ ligaweit die meisten U21-Spieler einsetzt, doch viele davon kommen bisher kaum auf nennenswerte Einsatzzeit. Vor dem 33. Spieltag hatten die meisten weniger als 200 Minuten absolviert.
In der «Nachwuchs-Trophy» der Liga, in der die Spielminuten von Schweizern des Jahrgangs 2003 oder jünger gezählt werden, rangiert der FCZ auf Rang vier. Ligakrösus Luzern bleibt mit grossem Abstand voraus – und steht auch sportlich wesentlich besser da.
Die Neuausrichtung beim FC Zürich und der Fokus auf junge Talente sind zwar erkennbar: Die Spielzeit von U21-Spielern (Jahrgang 2003 oder jünger) mit Schweizer Pass wurde im Vergleich zur Vorsaison (1493 Minuten) weit mehr als verdoppelt. Diese Taktik könnte sich, wenn, dann langfristig auszahlen, kurzfristig tut sie es nicht.
Fragwürdiger Transfer, harsche Personalpolitik
Ebenso wenig wie der fragwürdige Transfer von Benjamin Mendy. Der Franzose, einst mehrfach wegen Sexualdelikten angeklagt und freigesprochen, bringt dem FCZ vor allem eines: Negativität – auf und neben dem Platz.
Sein bisheriger Höhepunkt: ein Auftritt im Zürcher Nachtleben, wenige Stunden nach einer 0:4-Niederlage gegen Basel – mit einem Muskelfaserriss. Der Ausfall des Franzosen bis Ende Saison ist alles andere als eine Schwächung. Der FCZ täte gut daran, dieses Kapitel rasch zu schliessen. Der Imageschaden ist aber bereits angerichtet.
Die zwei Gesichter dieses FC Zürich: Nirgends sind sie sichtbarer als in der Transferpolitik.
Neben dem Scherbenhaufen Mendy zeigt etwa Steven Zuber, was man sich von einem Spieler seines Formats erhofft. Einst von Fans kritisch beäugt wegen seiner Vergangenheit bei GC, ist der Routinier mittlerweile unbestritten.
Doch auch er vermag das fragile Team nicht allein zu tragen. Zu viele Wechsel, zu harscher Umgang mit Spielern, deren Verträge auslaufen. Ifeanyi Mathew wäre in vielen Spielen der Rückrunde eine Hilfe gewesen, auch ein Mirlind Kryeziu hätte dem Team gutgetan, doch beide bleiben aussen vor.
Weshalb Spieler, die beim Verein angestellt sind, vom Verein bezahlt werden und in solch schwierigen Phasen gut gebraucht werden könnten, einfach zum Zuschauen verdammt sind, ist kaum nachzuvollziehen. Es ist ein weiteres Beispiel der radikalen Personalpolitik, die zur Folge hat, dass Moniz immer wiederholt, seit seinem Amtsantritt vor ziemlich genau einem Jahr seien «fast 80 Prozent der Spieler» weg.
Nun folgt der nächste Sommer, das nächste Transferfenster. Eigentlich hatte der Sportchef im Winter betont, den Umbruch bereits vorgezogen zu haben. Doch dass es ruhig bleibt beim FCZ, ist schwer zu glauben. Stand jetzt werden neun Spieler den Club aufgrund auslaufender Verträge verlassen, darunter auch wichtige Stützen wie Jean-Philippe Gbamin.
«Wir hoffen, dass sich der Spielbetrieb der ersten Mannschaft endlich selbst finanziert», waren die Worte von FCZ-Präsident Ancillo Canepa zu Beginn dieser Saison. Nichts deutet darauf hin, dass dies den Zürchern in dieser oder der nächsten Spielzeit annähernd gelingt. Ohne Europacup fehlen wichtige Einnahmequellen. Und viele Spieler sind aktuell nicht im Kader, um in naher Zukunft durch Transfers Millionenbeträge in die Kassen zu spülen.
Bislang stärkt Canepa seinem Sportchef in der Öffentlichkeit den Rücken, lässt ihn weiter gewähren. Doch kehrt nicht sehr bald Kontinuität in den Verein, zahlen sich die grossen Risiken nicht endlich aus, droht ein weiteres Jahr, das viel Lärm macht, wenig Erfolg bringt – und doch so einiges kostet.
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