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FC Basel in der Krise
David Degen kann froh sein, ist da noch Heiko Vogel

14.05.2023; St.Gallen;  FUSSBALL SUPER LEAGUE - FC St.Gallen - FC Basel;
Pascal Naef, Trainer Heiko Vogel (Basel) VR-Praesident David Degen (Basel) 
(Andy Mueller/freshfocus)
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Die Niederlage hängt seit einer Woche über der Stadt. Sie bestimmt Gespräche in Cafés und in Whatsapp-Gruppen. Sie begleitet als Grundrauschen das tägliche Leben in Basel und bestimmt den Rhythmus, in dem Menschen miteinander reden.

Wie kann das sein? Was ist da los? Und vor allem: Wie soll das alles wieder gut werden?

Dieses dröhnende 0:3 des FC Basel zu Hause gegen Stade Lausanne-Ouchy wirkt nach. Wer es mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört hat, lebt im Gefühl, Zeuge einer Art Zeitenwende geworden zu sein.

Wer nicht im Stadion war, hat es inzwischen garantiert in x-facher Ausführung geschildert bekommen. Das Versagen der Spieler. Die Pfiffe gegen Noch-Sportchef-und-schon-wieder-Trainer Heiko Vogel. Der Applaus der Basler Fankurve für einen Gegner, von dem in der Nordwestschweiz weiterhin niemand den Namen eines einzigen Spielers nennen kann.

Ist das die Götterdämmerung?

Da geschieht gerade Unerhörtes. So viel scheint allen klar. Nur weiss noch niemand, was genau. Ist das die Götterdämmerung? Stolpert der einst so grosse FCB über die eigenen Ansprüche und stürzt ins Bodenlose?

Es ist ein Leichtes, sich darüber lustig zu machen, mit welcher Wonne sich Baslerinnen und Basler um sich selbst und ihre kleine Stadt drehen. Auswärtige sehen die Liebe zum FCB darum gern als Versuch, sich grösser machen zu wollen, als Basel wirklich ist. Aber das ist nur teilweise richtig.

Die Nordwestschweiz ist keine Gegend wie Zürich und Umgebung, wo man problemlos am Fussball vorbeikommt. Selbst wer sich in Basel kein bisschen für 22 schwitzende Männer und einen Ball interessiert, bekommt unweigerlich mit, wie es um Rotblau steht.

Wer verstehen will, wie sehr der FCB seine Region durchdringt, schaut am besten am Fahnentag der Muttenzerkurve vorbei. Einmal im Jahr laden die organisierten Fans alle interessierten Kinder ins Stadion ein, um ihre eigene Fahne zu basteln.

Da stehen die jungen Wilden aus der Kurve und fädeln geduldig an Dutzenden von Nähmaschinen Faden ein oder messen Stoff ab. Und dann eichen Normalos, Kulturschaffende, linke Politikerinnen und bürgerliche Wirtschaftsvertreter einmütig ihren Nachwuchs rotblau.

01.10.2023; Basel; Fussball Super League - FC Basel - FC Stade Lausanne-Ouchy; 

 (Marc Schumacher/freshfocus)

Weil eigentlich niemand in der Stadt am FCB vorbeikommt, hat die Verbundenheit mit ihm eine Komponente, die über das Sportliche hinausgeht: Es ist eine ehrliche Anteilnahme. Wer sich nicht für den Sport interessiert, kennt zumindest die Menschen, die den Club repräsentieren.

Spieler, Trainer, Clubführung – sie alle sind Teil von etwas Grösserem als von blossen Fussballmatchs. Sie treten auf in einer Soap-Opera, an der praktisch ohne Unterbruch weitergeschrieben wird – von zwei lokalen Tageszeitungen, zwei nationalen Boulevardtiteln, Lokalradios, einem regionalen TV-Sender und anderen Medien.

Nicht jeder und jede in Basel versteht Vor- und Nachteile eines 4-3-3-Systems oder kann sagen, auf welchem Rang der FCB in der Liga gerade steht – diese Zahlen sind in letzter Zeit ja auch verwirrend hoch. Aber fast alle wissen, ob sie diesen Flügel einen Schnügel finden oder jenen Trainer einen spröden Langweiler.

Kritisiert wird der Umgang mit den Menschen

Es ist diese persönliche Ebene, die viel zur gespenstischen Atmosphäre gegen Lausanne-Ouchy beigetragen hat. Natürlich hat der sportliche Zerfall das Seine getan. Aber Pfiffe gegen Heiko Vogel gab es schon vor dem Spielbeginn.

Sie hatten weniger mit den miserablen Resultaten des FCB zu tun. Und viel mehr mit den öffentlichen Auftritten des Sportdirektors und mit seinem Umgang mit seinen Trainern.

Dass Vogel kurz nach seiner zweiten Ankunft in Basel einfach Alex Frei auf die Strasse setzte, wurde in Basel noch mit einem gewissen Erstaunen hingenommen. Dann kamen seine Ausfälle gegen Schiedsrichter, die ihn viele Sympathien gekostet haben.

Jetzt also der Rauswurf von Timo Schultz nach bloss sieben Runden in der Super League. Und der wird Vogel so richtig übel genommen. Schultz hat in Basel in der richtigen Fussballkneipe sein erstes Bier getrunken. Er sass auch mal am Rhein. Sein trockener Humor schien sehr Basel-kompatibel.

28.09.2023; Basel; FUSSBALL SUPER LEAGUE - FC Basel - FC Luzern; 
Trainer Timo Schultz (Basel) 
 (Martin Meienberger/freshfocus)

So einer hat aus Sicht vieler in Basel eine faire Chance verdient. Dass Schultz nun verantwortlich sein soll, weil sich ein Team mit über 35 Zu- und Abgängen wie eine Ansammlung von Teenagern auf der Suche nach sich selbst präsentiert? Wird als ungerecht empfunden.

Es ist verblüffend, wie stark sich Vogels Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gewandelt hat. Nachdem er 2011 unverhofft vom Assistenten zum Cheftrainer geworden war, galt er als der lustige Heiko, dessen Sprüche Kultstatus erreichten.

Jetzt konzentriert sich die ganze Wut über eine bislang komplett missratene Saison auf Vogel. Was früher als lustig galt, wird heute als schnoddrig wahrgenommen.

Als Vogel Schultz’ Absetzung erklären wollte, gelang ihm sogar ein kleines Kunststück: Sein unpassend aufgekratzt wirkender Auftritt liess den sonst so quirligen David Degen neben ihm fast schon staatsmännisch erscheinen.

Amtszeit der Trainer im Schnitt: sechs Monate

Degen ist der Präsident des FC Basel, unter dem der Club so geduldig wirkt wie ein Eichhörnchen auf Speed. Sechs Trainerwechsel hat es seit Degens Einstieg im Mai 2021 gegeben. Im Schnitt dauerte eine Amtszeit sechs Monate.

Degen steht nicht in der Kritik, weil die Resultate auf nationaler Ebene mittelmässig bis mies sind. Sondern weil der FCB unter ihm nie zur Ruhe zu kommen scheint. Kürzlich sagte er in der NZZ: «Egal, was passiert, ich bin schuld.» Und: «Ich bin es langsam gewohnt, dass man auf mich einprügelt.»

Aber im Moment kann Degen froh sein, gibt es noch Vogel. Volkes Zorn entlädt sich am Sportdirektor, der nun schon zum zweiten Mal für einen Trainer einspringt, für dessen Entlassung er selber verantwortlich gemacht wird. Kurz nach dem Spiel gegen Ouchy forderte im seriösen «Regionaljournal» von SRF eine Alt-Nationalrätin Vogels Entlassung.

03.03.2021; Basel ; FUSSBALL SUPER LEAGUE - Fans des FC Basel errichten auf dem Barfuesserplatz in Basel ein Mahnmal gegen die Fuehrung des Vereis vor dem Spiel FC Basel - BSC Young Boys ; 

(Claudio Thoma/freshfocus)

Degen zehrt noch von etwas anderem. Als die Region 2021 fürchtete, der FCB könnte in ausländische Hände gelangen, tauchte er wie der weisse Ritter am Horizont auf. In einem epischen Machtkampf rang er Bernhard Burgener die Aktien ab. Etwas vereinfacht ist Degen der Präsident, der vom Volk auf den Schild gehoben wurde.

Auch das ist Teil der aktuellen Stimmungslage. Als Burgener 2021 den FCB in eine Briefkastenfirma mit dem wunderbaren Namen Basel Dream & Vision AG legen wollte, war das eine Chance, sich gegen etwas zu wehren. Es gab ein Mahnmal auf dem Barfüsserplatz, es wurde demonstriert. Und mit Degen war jemand da, auf dem man seine Hoffnungen projizieren konnte.

In Bern droht dem FCB der Fall auf den Abstiegsplatz

Und heute? Sind da bloss noch die finanzielle Zwangslage und die sportlichen Enttäuschungen. Und weit und breit keine Alternative zur aktuellen Clubführung in Sicht.

Auch diese Erkenntnis trägt zur Stimmungslage in der Stadt bei: Dass dieses Boot gerade weit weg von jeder Werft auf offener See schlingert. Und nur die Hoffnung bleibt, dass der Kahn nicht untergeht.

Heute Sonntag spielen die Basler auswärts bei den Young Boys. Beim Meister aus Bern haben sie ihre letzten 16 Spiele nicht mehr gewonnen. Mit einer Niederlage könnte der FC Basel auf den letzten Platz der Super League abrutschen.

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