Analyse zur neuen EU-KommissionUrsula von der Leyen schaltet auf Kriegswirtschaft
Sie will Europa verteidigungsfähig machen: Ursula von der Leyen startet mit ganz anderen Priorität in die zweite Amtszeit als vor fünf Jahren, als der Klimawandel im Vordergrund stand.
Ursula von der Leyen ist um Superlative selten verlegen. Bei der ersten Wahl 2019 präsentierte sie ihren «Green Deal» gegen den Klimawandel als Europas «Mann-auf-dem-Mond-Moment». Fünf Jahre später ist die Bedrohung durch den Klimawandel zwar nicht aus der Welt geschaffen, ganz im Gegenteil. Die Prioritäten sind beim Start der Kommissionspräsidentin zur zweiten Amtszeit aber ganz andere. Statt Krieg dem Klimawandel jetzt Abmarsch Richtung Kriegswirtschaft.
Russland gebe neun Prozent der Wirtschaftsleistung für seinen Krieg aus, Europa nur 1,9 Prozent für Verteidigung, monierte Ursula von der Leyen. Erstmals wird es in Brüssel einen EU-Kommissar für Verteidigung geben, der Europas fragmentierte Rüstungsindustrie auf Vordermann bringen soll. Im Fokus auch die Unterstützung der Ukraine, Europas Schicksalsfrage überhaupt. Hoch oben auf der Agenda steht zudem die Wettbewerbsfähigkeit des alten Kontinents und hier besonders der Kampf um das Überleben der Autoindustrie.
Im Hintergrund der eskalierende Handelskrieg mit China und die drohenden Zölle von Donald Trump, der bald ins Weisse Haus zurückkehrt. Fast scheint es, als wäre Ursula von der Leyen als Einzige in der Lage, Europas Existenzkampf an allen Fronten aufzunehmen. In Paris ist Emmanuel Macron angeschlagen, in Berlin kämpft Olaf Scholz um sein politisches Überleben. Grosse Initiativen sind aus den Hauptstädten der grössten Mitgliedsstaaten nicht zu erwarten.
Ursula von der Leyen als Stabilitätsanker in Europa? Gross sind Vertrauen und Unterstützung nicht, noch nie hat eine neue EU-Kommission bei der Bestätigung im EU-Parlament so wenig Stimmen bekommen. Polarisierung und Fragmentierung finden sich auch im EU-Parlament wieder, wo Kompromisse zunehmend verpönt sind und konstruktive Lösungen immer schwieriger werden. Und woher das Geld nehmen, das überall fehlt? Im Alleingang wird Ursula von der Leyen Europas Souveränität jedenfalls nicht verteidigen können.
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