Glosse zu EssiggurkenSaure-Gurken-Zeit! Jetzt!
Gewürzgurken sind das Gemüse der Stunde. Sie sehen lustig aus und eignen sich sogar für Fasnachtskostüme.
Kennen Sie das? Beim Raclette geht es lange, bis der Käse endlich schmilzt auf dem Pfännli, vor allem, wenn Sie wieder mal das Kerzli-Rechaud hervorgekramt haben. Sie müssen das Warten überbrücken. Zum Beispiel mit einer Essiggurke. Das Essen einer Gewürzgurke, wie sie auch heisst, hat etwas merkwürdig Abenteuerliches an sich – mit Klimax: Das Knacken, wenn man in eine Gurke beisst, kann schon mal Glücksgefühle auslösen.
Vielleicht verkleide ich mich an der Fasnacht als Essiggurke. Ein entsprechendes Kostüm hab ich schon ins Auge gefasst, und es wäre das logische Ende einer langen Folge von Gurkencontent, der mich derzeit heimsucht.
Cornichons sind überall. Besonders in meinem Instagram-Feed und in meinem Kühlschrank, aber auch sonst stolpere ich ständig darüber. Zum Beispiel in Form eines Bildes, auf dem ein Schweinchen an einer Essiggurke knabbert, das Ganze ist betitelt mit: Selfcare ideas (Ideen für Selbstfürsorge) – eat a pickle (iss ein Cornichon).
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«Algorithmus!», rufen Sie jetzt. Ja, ja. Weil ich jedes Mal fasziniert auf den Gurkencontent tippe, weiss mein Handy, dass ich Cornichons liebe. Oder es meint, es zu wissen. Ich denke, ich bin nicht die Einzige. Gurken machen gute Laune – wer einmal Erwin Wurms «Essiggurkerl» in Salzburg gesehen hat, weiss warum. Und gute Laune, denke ich, ist angesichts der Weltlage gerade etwas, das recht beliebt sein muss.
Dabei findet die traditionelle Saure-Gurken-Zeit im Sommer statt, dann, wenn das Angebot frisch eingelegter saurer Gurken aus dem Spreewald am grössten ist (eine mögliche Erklärung für den Ausdruck). Im Englischen nennt man es einfach: Gurkenzeit.
Damit sind wohl aber die grossen Exemplare gemeint. Letztes Jahr gingen in den warmen Monaten in Island die Gurken aus. Weil ein Cucumber Guy Gurkenrezepte bei Tiktok veröffentlichte. Weil ein chinesischer Gurkensalat Furore machte. Und weil letztes Jahr alles gechoppt worden ist, vor allem Gurken.
Die echte Saure-Gurken-Zeit – also jene kalten Tage, an denen kleine Gewürzgurken auf unseren Tischen stehen – ist jedoch jetzt. Das bestätigt auch Hersteller Hugo Reitzel aus der Waadt: «Von Herbst bis März ungefähr verkaufen wir viel mehr Cornichons, da dies die Zeit der Raclettes und Fondues ist.»
Vor ein paar Wochen habe ich übrigens zum ersten Mal überhaupt mitbekommen, dass man in den USA Gurken an den Weihnachtsbaum hängt. Die «Christmas Pickle» soll auf einen Bayern zurückgehen, der im Bürgerkrieg 1864 für den Norden kämpfte und nur dank einer Gurke überlebt haben soll. Die Essiggurke ist heute ein Spiel: Wer sie zuerst am Weihnachtsbaum findet, bekommt ein Extrageschenk.
Und es kam noch dicker: An Silvester bekam ich eine Essiggurken-Tischbombe geschenkt (der Inhalt: Kleber mit entsprechenden Bildern und Partyzeugs, das nichts mit Gurken zu tun hatte). Gebana, ein von mir sehr geschätzter Vertreiber von Lebensmitteln, bietet gerade Bio-Essiggurken an. 1,5 Kilogramm für 36 Franken. Ich habe zugegriffen: Denn wer weiss, vielleicht ist dieser Essiggurkenhype ja bald zu Ende, und es hat sich ausgegurkt.
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