Brizza, Grottizza, FugazzaIst das etwa eine Pizza? Fast!
Der Klassiker wird mit Tomatensauce und Mozzarella belegt. Weniger puristisch gestalten sich die engsten Verwandten der Pizza – wir haben die besten herausgesucht.
Puristisch Veranlagte, zumindest was die italienische Küche betrifft, müssen jetzt tapfer sein. Spaghetti werden ja gerne verunstaltet (denken Sie an die Bloody-Mary-Version oder übler: Spaghetti Hawaii). Genauso gibt es die Unsitte, alles, was flach ist und irgendwie belegt werden kann, Pizza zu nennen.
Denkt man aber einmal darüber nach – ist es nicht auch eine Bereicherung, ab und zu etwas Neues auf den Tellern vorzufinden? Wir stellen Ihnen unsere liebsten Pizza-Abwandlungen vor, sie sind allesamt – wie das Original – einfach nachzubacken.
Grottizza – die entfernte Bekannte
Natürlich wäre alles nicht ganz so schwer gewesen, wenn ich, statt faul auf dem Liegestuhl zu liegen, eine Wanderung durch die noch nassen Wälder gemacht hätte. Die Grottizza lag mir lange auf dem Magen, eben auch, weil ich vor und nach dem Essen zu wenig Kalorien verbrannt hatte.
Das Wort Grottizza – eine Verschmelzung von Grotto und Pizza – lässt erahnen, dass es sich hier nicht einfach um irgendein Essen handelt. Das tut es nie im Grotto America in Ponte Brolla (dort, wo sich Tessiner Auswanderer Ende 19. und Anfang 20. Jahrhundert trafen, bevor sie auf der Suche nach einem besseren Leben in die USA zogen).
Das Gericht ist eigentlich «La polenta in un modo diverso!!», so steht es auf der Karte. Die beiden Ausrufezeichen haben ihre Berechtigung – die Grottizza ist ein Traum von Tessiner Küche. Verschiedene Varianten gibts von dieser rund angelegten Polenta, mit und ohne Fleisch, und alle lullen einen ein; ich jedenfalls starrte verliebt und auch ein bisschen plemplem in das Pfännchen vor mir. Was soll ich sagen: Auswandern hätte ich nach dieser Portion nicht mehr können, ich war pappsatt, wenn nicht bewegungsunfähig. Una grappa lag dann allerdings noch drin. (nk)
Brizza – die bayrische Kombination
Im Garten im Luna Llena mitten in Bern bestellte ich meine erste Brizza. Die Kellnerin hatte mir diese Kreuzung von Pizza und Brezel empfohlen. Das Rezept für den Teig bekam ich nicht, denn das Quartierrestaurant kauft diesen bereits pizzarund und tiefgefroren ein.
Erfunden wurde die Kreuzung in Bayern: Im Wirtshaus Aschaffenburg bei den Geschwistern Jennifer und Sascha Zeller. Die Wirtsleute übernahmen 2021 eine Brezelfabrik und tüftelten in der eigenen Backstube an ihrer Idee, die sich laut ihren Aussagen als gar nicht so einfach herausstellte. Letzten Sommer stellten sie ihr Produkt in der deutschen Gründersendung «Die Höhle der Löwen» vor. Ihre Tiefkühlbrizza fand zwar dort keine Investoren, aber der Auftritt dennoch eine gute Plattform. Bis es die bayrische Pizza im Einzelhandel gibt, halte ich auf jedem Restaurantmenü Ausschau. (cla)
Röstipizza – Tell auf dem Teller
Das Prinzip folgt der Grottizza: Statt eines luftigen oder dünnen Pizzateigs muss hier etwas anderes als Basis herhalten. So dumm ist die Idee mit der Rösti nicht, finde ich (die ich in der Pizzeria meiner Kindheit auch heute noch eine Röstipizza bestelle), vor allem, weil die Form gegeben ist. Eine richtige Rösti, braun gebrannt dank sehr viel Butter, ein Traum eines jeden Alpsommers, wird im Pfännli serviert. Im runden Pfännli.
Natürlich, man kann sich streiten, ob auf eine solche Scheibe geraffelter Kartoffeln wirklich Mozzarella, Oliven oder Kapern hingehören. Was den Rest anbelangt: Ist es nicht fantasielos, einzig Hefeteig oder Sauerteig als Untergrund zu brauchen? (nk)
Fugazza – das italienische Fernweh
Meine Reise nach Argentinien ist eine Weile her – gut und gern 20 Jahre –, daher erinnere ich mich nicht mehr genau, ob ich überhaupt eine Fugazza vor Ort gegessen habe. Erfunden haben sie italienische Auswanderer: Juan Banchero kam von Genua nach Buenos Aires und buk im Jahr 1932 zum ersten Mal eine argentinische Pizza. Das Familienunternehmen liess das Rezept in den 1950er-Jahren patentieren, heute steht das Gericht in vielen argentinischen Pizzerias auf der Karte.
Die Fugazza ist eine Mischung zwischen Focaccia und Pizza. Das Rezept ist kein grosses Geheimnis: Es ist eine Schicht Pizzateig, Käse in der Mitte, eine weitere Schicht Teig und Zwiebeln obendrauf. Wer es selbst versuchen will: Beim Käse steht im Originalrezept Cuartirolo-Käse (weicher Kuhmilchkäse), ich verwende am liebsten Parmesansplitter und in Scheiben geschnittenen Büffelmozzarella. Dann decke ich den Käse mit der zweiten Teigschicht. Fürs Topping Zwiebelringe und Oregano verteilen sowie mit Olivenöl beträufeln. 25 bis 30 Minuten bei 220 Grad im Ofen backen. (cla)
Pinsa – die leichte Schwester
Ein italienischer Klassiker? Das schon, aber nicht so, wie man es sich vielleicht vorstellt. Die Pinsa, eine Pizza mit einem speziellen Teig, wurde von einem vifen Unternehmer in der Nähe von Rom erfunden, der den belegten Teigfladen kurzerhand als pinsa romana schützen liess. Die Mär, dass Pinse im alten Rom als Fast Food gehandelt worden seien, hat er wohl selbst in die Welt gesetzt.
Der Pinsateig besteht – je nach Rezept – aus verschiedenen Mehlsorten (Weizen- und Sojamehl, Reismehl und Sauerteig). Pizzaioli drücken lange auf diesem Teig, der vor der Verarbeitung schon mal drei Tage lang herumgelegen ist, herum, bis er die richtige Form erhält. Selber machen muss man das mittlerweile nicht mehr: Nachdem ich noch vor wenigen Jahren im italienischen Supermarkt laut gejubelt habe, weil ich eine Pinsa-Mehlmischung gefunden hatte, liegt diese mittlerweile auch in unseren Grossverteilern auf. Vielleicht nicht in der kleinen Quartier-Migros, aber in grösseren Filialen sind Pinsateige allemal zu finden.
Noch eine Besonderheit der Pinsa: Sie wird, je nach Zutaten, sowohl vor als auch nach dem Backen belegt. Mir ist das sehr recht: Ich vergesse gerne wahlweise Oliven, Kräuter oder Käse (tatsächlich ist mir das auch schon passiert), und so kann ich die Beläge italienisch abgesegnet auch im Nachhinein noch auf die Pinsa legen. (nk)
Lahmacun – Grüsse aus der Türkei
In türkischen Imbissen ist Lahmacun gang und gäbe. Der Boden ist ein ganz normaler Hefeteig. Der Belag ist eine Fleischmasse aus gehackten Tomaten, gepresstem Knoblauch, gehackter Petersilie und Hackfleisch. Wer es würzig mag, ergänzt mit Kreuzkümmel und Chilipulver. Die Masse auf dem Boden verteilen, 1 cm Rand frei lassen. 15 Minuten bei 220 Grad backen. Fürs Topping braucht es Zwiebelringe und gehackte Petersilie. Dazu passen einige Zitronenspritzer und griechischer Joghurt. Vegetarierinnen und Vegetarier ersetzen das Fleisch mit einer Grillgemüsepaste. So macht es die Zürcher Köchin Elif Oskan und nennt es «Vegacun». (cla)
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