Umstrittene ErbschaftssteuerNicht verheiratete Paare werden in vielen Kantonen diskriminiert
Die Besteuerung von Erbschaften hinkt der sozialen Entwicklung hinterher: Konkubinatspaare müssen dem Staat viel abliefern, Ehepaare zahlen nichts. Was Betroffene wissen sollten.
Von Kanton zu Kanton grosse Unterschiede
Bei Erbschaftssteuern gibt es kantonal grosse Unterschiede: Nicht nur beim Steuersatz, sondern auch bei der Frage, wer alles bei einem Erbe überhaupt steuerpflichtig wird. Ehegatten und Kinder sind in praktisch allen Kantonen von der Erbschaftssteuer befreit. Eltern werden in rund der Hälfte aller Kantone zur Kasse gebeten. Auch die Konkubinatspartnerin oder der Konkubinatspartner muss in manchen Kantonen keine Erbschaftssteuer entrichten.
Dagegen müssen unter anderem Geschwister, Cousinen und Cousins, Neffen und Nichten oder natürlich auch nicht verwandte Personen dem Fiskus meist einen Teil des Erbes abliefern. Gar keine Erbschaftssteuer kennen einzig die Kantone Obwalden und Schwyz.
Benachteiligte Konkubinatspaare
Die kantonalen Unterschiede dürften insbesondere Konkubinatspaaren unfair erscheinen. «Beispielsweise im Kanton Zürich werden Konkubinatspaare gegenüber Ehepaaren benachteiligt», sagt Bruno Bächli, Steuerexperte sowie Autor eines Buchs zum Thema «Nachlassplanung und Erbschaftssteuer».
Als Beispiel nennt er ein unverheiratetes Paar, das seit zwei Jahrzehnten zusammenlebt und gemeinsame Kinder hat. Wenn der Mann stirbt und ein gewisses Vermögen angespart hat, muss die Frau auf dem Erbe einen hohen Steuerbetrag bezahlen. Der Steuersatz kann im Kanton Zürich nach Abzug eines Freibetrags je nach Umfang des Nachlasses auf bis zu 36 Prozent steigen. Demgegenüber müsste eine verheiratete Frau keinen einzigen Rappen entrichten.
Bruno Bächli hält das für eine ärgerliche Ungleichbehandlung, die den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen zu wenig Rechnung trägt. Das kann dazu führen, dass Konkubinatspaare irgendwann einmal prüfen, ob eine späte Heirat aus steuerlicher Sicht sinnvoll wäre. Ein solcher Anreiz entspricht allerdings kaum der Idee einer Ehe.
Weitere Kantone wie Bern und Basel-Stadt besteuern ebenfalls Konkubinatspaare. Während manche Kantone die finanzielle Belastung für unverheiratete Paare mit Freibeträgen vor allem für tiefere Vermögen etwas senken, behandeln andere die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner ähnlich wie nicht verwandte Personen. So zum Beispiel in der Gemeinde Genf. Dort gehen bei einer Erbschaft von 100’000 Franken nicht weniger als 49’896 Franken an den Fiskus. So bleibt der Partnerin oder dem Partner noch rund die Hälfte des Nachlasses.
Dass es anders geht, zeigen die Kantone Graubünden, Luzern, Nidwalden, Uri und Zug. Sie befreien Konkubinatspaare unter gewissen Voraussetzungen von der Erbschaftssteuer. Ein Kriterium kann etwa sein, dass das Paar seit mindestens fünf Jahren einen gemeinsamen Haushalt führt.
Eine umstrittene Steuer
Erbschaftssteuern sind politisch umstritten. Manche wollen ihre Ersparnisse möglichst ohne zusätzliche Belastung an Nachkommen oder andere Personen weitergeben. Zumal sie die Ersparnisse häufig schon einmal als Einkommen versteuert haben. Andere halten die Erbschaftssteuer für eine sehr soziale Steuer und wünschen sich insbesondere bei grossen Summen eine höhere Abgabe.
So zum Beispiel mit der Erbschaftssteuerinitiative, über welche die Stimmbevölkerung 2015 abgestimmt hat. Die Initianten verlangten, dass auf Summen ab einem Freibetrag von zwei Millionen Franken eine Steuer von 20 Prozent erhoben wird. Doch bisher blieb die Unterstützung für solche Anliegen überschaubar: Die Initiative wurde mit einem deutlichen Mehr von 71 Prozent verworfen.
Kann ich Erbschaftssteuern einsparen?
In gewisser Hinsicht sind Erbschaftssteuern die angenehmsten oder sogar die schönsten Steuern: Denn bei einem Erbe ist im Grunde genug Vermögen vorhanden, um diese zu bezahlen. Trotzdem bereiten sie immer wieder Probleme. So zum Beispiel, wenn jemand ein Haus erbt, aber zu wenig flüssige Mittel hat, um die Steuern zu begleichen.
Wer seine Erbschaftssteuern optimieren möchte, findet nicht viel Spielraum. Bei Ehepartnern, Kindern und Enkeln stellt sich diese Frage gar nicht, da sie ohnehin weitgehend von der Steuer befreit sind. Stattdessen geht es um andere Angehörige, nicht verwandte Personen und allenfalls Konkubinatspartner.
Am ehesten ist eine Steueroptimierung mit Liegenschaften möglich. Wird ein Haus frühzeitig überschrieben, fällt die Wertsteigerung bis zum Tod nicht mehr in die Erbmasse und muss somit auch nicht versteuert werden. Aber Achtung: Der Marktwert von Wohneigentum kann auch sinken.
Als weitere Variante nennt Bruno Bächli den frühzeitigen Verkauf des Eigenheims an den Erben. Der spätere Erblasser oder die Erblasserin kann den Kauf mit einem Darlehen finanzieren, das nicht zurückbezahlt wird. Zudem besteht die Möglichkeit, eine lebenslange Nutzniessung zu vereinbaren. Das bedeutet, dass der ursprüngliche Besitzer die Liegenschaft nach Belieben selber nutzen oder vermieten kann. Eine Nutzniessung mindert den Wert der Liegenschaft. Als Folge sinkt die bei einem Verkauf fällige Grundstückgewinnsteuer. Die gleiche Wirkung wie die Nutzniessung hat auch ein Wohnrecht des bisherigen Besitzers oder der bisherigen Besitzerin.
Am meisten liesse sich natürlich mit einem Umzug in einen Kanton ohne Erbschaftssteuern einsparen. Doch kaum jemand zieht deshalb um. Wer aber Geld in Mietwohnungen investiert, könnte prüfen, ob sich eine Gelegenheit in Schwyz oder Obwalden ergibt. Denn bei Liegenschaften werden die Steuern am Ort der Immobilie fällig.
Das Erbe frühzeitig und klar regeln
Wichtiger als die Steueroptimierung ist laut Bruno Bächli, dass die Erblasser rechtzeitig regeln, wie das Erbe nach dem Tod aufgeteilt werden soll. Denn ohne klare Vorgaben komme es immer wieder zu Spannungen und bedauerlichen Zerwürfnissen unter Angehörigen, die im schlimmsten Fall auch noch Anwaltskosten nach sich ziehen können. «Ohne Testament oder Erbvertrag ist es für Geschwister und deren Ehepartnerinnen sowie -partner ungleich schwieriger, eine einvernehmliche Lösung zu finden», sagt er.
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