Neues in der Fifa-Affäre Er war bei Geheimtreffen dabei, jetzt wird gegen Bundesstrafrichter ermittelt
Gegen den Richter und früheren Staatsanwalt Olivier Thormann läuft ein Strafverfahren. Er arbeitet heute ausgerechnet bei jenem Gericht, das Fifa-Fälle beurteilt.
Das Strafverfahren wegen Geheimtreffen zwischen den Spitzen der Bundesanwaltschaft und des Weltfussballverbands wird ausgedehnt. Neben dem ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber und dem amtierenden Fifa-Chef Gianni Infantino und zwei weiteren Beschuldigten gibt es zwei neue Verdächtige. Gemäss Informationen dieser Redaktion sind dies der frühere Chefjurist des Weltfussball-Verbands, Marco Villiger, sowie der ehemalige Leiter der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität bei der Bundesanwaltschaft, Olivier Thormann.
Beide waren vor rund fünf Jahren an mindestens einem der informellen Treffen der Spitzen der beiden Organisationen anwesend. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Die Ausdehnung des Verfahrens auf Thormann ist pikant: Der Ex-Fussball-Chefermittler des Bundes amtet heute als Bundesstrafrichter. Er ist damit ausgerechnet an jenem Gericht tätig, dass die Fussball-Fälle beurteilen muss, die er bei der Bundesanwaltschaft initiiert hatte. Dies hat zur Folge, dass er in zahlreichen Verfahren in den Ausstand treten muss.
Pikant ist aber auch, dass das Verfahren jetzt ausgedehnt wird: Diese Woche muss Richter Thormann als Zeuge am eigenen Gericht erscheinen – dies im Betrugsverfahren gegen Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter und Ex-Uefa-Präsident Michel Platini. Thormann hatte einst persönlich die Ermittlungen gegen Blatter geführt und soll nun im Zeugenstand Aufschluss darüber gegeben, wie es zu der Untersuchung gekommen war.
Gemeinsame Nachtessen mit Fifa-Kadermann
Insbesondere Michel Platini vermutet, dass die Geheimtreffen zwischen Bundesanwaltschaft und Fifa dazu dienten, ihn aus dem Rennen zu nehmen für die Nachfolge von Blatter an der Spitze des Weltverbands. Von seinem eigenen Richter als Zeugen erhofft sich das Bundesstrafgericht Aufklärung in der Frage, ob es eine solche Verschwörung gab oder nicht. Doch nun könnte Thormanns Aussagebereitschaft eingeschränkt sein. Als Beschuldigter in einem verwandten Verfahren hat er das Recht, das Zeugnis zu verweigern.
Thormann bestätigt, dass gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet worden ist, will sich aber nicht weiter äussern. Als Wirtschaftskriminalitätschef der Bundesanwaltschaft war er 2018 ausgeschieden, suspendiert vom damaligen Bundesanwalt Lauber. Der Grund bleibt im Dunkeln. Bereits damals wurde gegen Thormann ein Bestechungsverfahren eröffnet – wegen informeller Kontakte zu Fifa-Chefjurist Villiger.
Diese Untersuchung endet ergebnislos. Thormann hatte gemäss der Einstellungsverfügung zwar in SMS und in gemeinsamen Nachtessen mit dem Fifa-Kadermann die erforderliche Distanz und Unparteilichkeit vermissen lassen, aber sich nicht strafbar gemacht. Sonderermittler Ulrich Weder verzichtete auf eine Anklage.
Derselbe Staatsanwalt und derselbe Verdächtige
Derselbe Ulrich Weder führt nun als Ausserordentlicher Bundesanwalt auch das Strafverfahren wegen der Geheimtreffen – von dem nun wiederum Olivier Thormann betroffen ist. Es stehen sich also derselbe Staatsanwalt und derselbe Verdächtige erneut gegenüber. Und es geht sogar inhaltlich um einen sehr ähnlichen Gegenstand.
Allerdings darf die Justiz nicht zweimal gegen denselben Beschuldigten in derselben Sache vorgehen. Dies kann fast nichts anderes bedeuten, als dass andere Verdachtselemente aufgetaucht sind. Ulrich Weder wollte sich zum laufenden Verfahren nicht äussern.
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