Regeln für Käseproduktion Richter müssen entscheiden, woher die Löcher im Emmentaler kommen sollen
Die Löcher im Nationalkäse sind wegen steigender Hygiene geschrumpft. Hersteller wollen Heublumenpulver einsetzen. Der Bund sperrt sich, nun warten alle auf das Bundesverwaltungsgericht.
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt: Werden die Löcher im Schweizer Emmentaler nicht immer kleiner? Das ist tatsächlich so, und das ist der Hygiene geschuldet. Aber ganz von vorne: Ursprünglich war es der Heustaub in den Ställen, der die Löcher wachsen liess. Beim Melken per Hand gelangte der Staub in die Milch, sodass sich Bakterien bilden konnten. Bei der Verarbeitung zu Käse produzierten diese Gase, die unter der Rinde nicht entweichen konnten. Und so entstanden die Löcher. (Lesen Sie weiter: Emmentaler fürs Militär, Parmesan für die Bank – 18 Fakten über Käse)
Mit der zunehmenden Hygiene beim automatisierten Melken und der räumlichen Trennung vom Heuhaufen schrumpften die Löcher zunehmend. Daher empfahl Agroscope, das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, vor zwölf Jahren erstmals, Heublumenpulver als Mittelchen gegen den Lochverlust einzusetzen. Das natürliche und unbedenkliche Material wird seither bei der Produktion vieler Käsesorten eingesetzt.
Käsehersteller wollen grössere Löcher
Nicht aber bei der Herstellung von Emmentaler mit dem Herkunftsetikett AOP. Dort gibt das Pflichtenheft vor, dass der Einsatz von Zusatzstoffen oder Verarbeitungshilfsstoffen untersagt ist. Dazu zählt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auch Heublumenpulver und verbot das Zusatzmittel in der Herstellung vom Emmentaler AOP deshalb. Die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland legte dagegen Berufung beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen ein.
Das Argument des BLW laut der gerichtlichen Zusammenfassung des Sachverhalts: Der Einsatz von Zusatzstoffen oder Verarbeitungshilfsstoffen würde zu einer Industrialisierung der Produkte mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung führen «und ihre Vielfalt und Unvergleichbarkeit schwächen».
Das federführende Consortium Emmentaler AOP könne laut BLW ihr Ziel – mehr und grössere Löcher im Käse – auch mit der sogenannten «beherrschten Filtration» der Milch bei der traditionellen Käseherstellung erreichen, «ohne dabei die hygienische Sicherheit der Produkte infrage zu stellen».
Im Ausland hat der Emmentaler Riesenlöcher
Das Verbot von Heublumenstaub führt zur absurden Situation, dass Löcher in Emmentalerkäse aus Deutschland oder Frankreich die Grösse eines Fünflibers erreichen können – während die Schweizer Variante mit Herkunftsbezeichnung AOP kaum mehr auf einen Zweifränkler kommt. Der Käse aus dem Ausland darf nämlich mit Zusatzstoffen wie Heublumenpulver behandelt werden.
Die Produzentenorganisation des Emmentaler AOP erwartet nun vom Gericht die Aufhebung der Verfügung des BLW und die Gutheissung des Gesuchs. Sie erkennt «ein Dilemma zwischen Tradition und Innovation», da gestiegene Hygienestandards bei der Milchgewinnung heute die Lochbildung erschwerten. Heublumenpulver sei gegenwärtig die einzige und beste Lösung gegen den Lochmangel.
Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht findet am 4. Juni statt. Das Urteil kann danach noch an das Bundesgericht weitergezogen werden.
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