Importe nehmen zu Billigkäse aus dem Ausland verschwindet in Schweizer Fertig-Lasagne
Im Milchland Schweiz wird laufend mehr ausländischer Käse gegessen. Diese Entwicklung dürfte so weitergehen, wenn der Milchpreis weiter steigt.
Die Schweiz gilt als Käse-Exportland. Schon immer wurde mehr Käse aus der Schweiz aus- als eingeführt. Das hat sich nun geändert. Im vergangenen Jahr hat die Schweiz erstmals mehr Käse importiert als exportiert.
Käse gehört zu den Gütern, die ohne besondere Auflagen über die Grenze in die EU-Länder und umgekehrt transportiert werden können. Seit 2007 ist der Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU komplett liberalisiert und zollfrei.
Deshalb haben die Importmengen Jahr für Jahr deutlich zugelegt. Beliebt sind teurere Spezialitäten wie Gorgonzola, Parmigiano Reggiano und französischer Weichkäse wie Camembert, Brie oder Roquefort. Vor allem aber wird Jahr für Jahr mehr billiger No-Name-Billigkäse eingeführt. «Rund 40 bis 50 Prozent des im Jahr 2023 importierten Käses ist preisgünstige, anonyme Massenware für die verarbeitende Industrie und die Gastronomie», sagt Martin Spahr, Marketingchef der Branchenorganisation Switzerland Cheese Marketing.
Restaurants und Kantinen verwenden Käse aus Deutschland
Hinzu kommt: Auch Mozzarella, streichfähiger Frischkäse oder Cheddar werden in grossen Mengen importiert. «An sich ist die Schweiz ein Mozzarella-Produktionsland, trotzdem kaufen viele Schweizerinnen und Schweizer lieber den italienischen Galbani-Mozzarella», sagt Spahr. Tatsächlich produziert Emmi einen Mozzarella, der beispielsweise im Coop erhältlich ist, und die Migros führt die Eigenmarke «Mozzarella Alfredo».
Insgesamt werden in der Schweiz laut der aktuellen Milchstatistik jährlich 24’000 Tonnen Mozzarella hergestellt. Damit liegt Mozzarella auf Platz zwei hinter Gruyère (32’000 Tonnen), aber vor Raclettekäse (17’000 Tonnen) und Emmentaler (15’000 Tonnen). Spahr vermutet, dass viele Kundinnen und Kunden aufgrund der prominenten Platzierung in den Läden sowie starker Werbepräsenz vergleichsweise häufig zu ausländischen Frischkäseprodukten greifen, zu denen neben denjenigen von Galbani auch Cantadou oder Philadelphia gehören.
Einen weiteren Grund für die steigenden Käseimporte ortet Spahr im Bedarf der Gastronomie und in der Industrie. «Der billige Industriekäse aus dem Ausland verschwindet in der Schweizer Nahrungsmittelindustrie und in der Gastronomie», sagt Spahr. Dort würden etwa Tiefkühlpizzen oder Fertig-Lasagnen mit ausländischem Käse hergestellt.
Auch in Hotels, Restaurants, Kantinen und Take-aways komme vermehrt ausländischer Käse auf den Tisch: im Risotto, im Hamburger oder in Wähen. «Fragen Sie einmal im Restaurant, woher der Käse in der Lasagne kommt», rät Spahr. Aufgrund des gestiegenen Kostendrucks würden Restaurants vermehrt auf den Preis achten und sich dabei eher für günstigeren Käse aus dem Ausland entscheiden. Häufig stamme dieser aus Deutschland. Anders als beim Fleisch müssten die Gastronominnen und Gastronomen die Herkunft des Käses in ihren Gerichten nicht deklarieren.
Keine «Gruyère-Berge», aber mehr Aktionen
Bemerkenswert ist ausserdem, dass die Schweizer Bevölkerung ziemlich genau so viel Käse isst, wie auch tatsächlich hier produziert wird. Im vergangenen Jahr lag der Gesamtverbrauch bei 200’000 Tonnen, das macht rund 22 Kilogramm pro Person. Im gleichen Zeitraum wurden in der Schweiz rund 200’000 Tonnen Käse hergestellt – rund 40 Prozent davon respektive 73’494 Tonnen wurden jedoch ins Ausland verkauft und gleichzeitig 74’266 Tonnen importiert.
Das heisst: Im Land, das auf der ganzen Welt für Gruyère, Appenzeller und Emmentaler bekannt ist, wird laufend mehr Käse aus dem Ausland gegessen. Und seit 2022 gehen auch die Exportmengen zurück – wegen der unsicheren Weltwirtschaftslage, des starken Frankens und der sinkenden Kaufkraft in wichtigen Absatzländern.
Beim Export ist der Gruyère der klare König. Doch aufgrund des starken Frankens und der gestiegenen Preissensibilität der Kunden und Kundinnen in wichtigen Exportländern wie Deutschland, Italien und Frankreich seien die Exportmengen zurückgegangen, heisst es bei Switzerland Cheese Marketing.
Von «Gruyère-Bergen», die sich vermeintlich in den Käselagern des Landes erheben, könne aber keine Rede sein, sagt Spahr. Die fehlenden Absätze im Ausland hätten auch Vorteile für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. In den Supermärkten werde Gruyère vermehrt zu günstigen Aktionspreisen angeboten, zudem würden die Käselaibe länger reifen, wenn sie nicht so rasch verkauft werden können. Schliesslich, so Spahr, könne Gruyère gut für Fondue verwendet werden oder sonst als Reibkäse für das Überbacken von Aufläufen.
Vor rund einer Woche hat die Branchenorganisation Milch auf Druck aufkommender Bauernproteste den Milchpreis um 3 Rappen pro Liter erhöht. Wann diese Preiserhöhung auf den Schweizer Käse durchschlagen wird, ist offen und hängt davon ab, ob die Sortenorganisationen, Handelsfirmen und der Detailhandel die Preise weiterreichen.
Klar ist aber: Jede Preiserhöhung ist ein zusätzliches Problem beim Verkauf von Schweizer Käse im Ausland und führt auch nicht dazu, dass in der Schweiz künftig mehr zu einheimischem Käse gegriffen wird.
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