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Corona-Session in Bern
Dividendenverbot bei Kurzarbeit ist vom Tisch

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Schweizer Parlament tagte ausserhalb des Bundeshauses in einer Sondersession.
  • Diese war ausschliesslich der Bewältigung der Corona-Krise gewidmet.
  • Die Sondersession fand in den Hallen der Berner Messe statt.
  • Die Frühlingssession war am 15. März kurz vor der Ausrufung der «ausserordentlichen Lage» abgebrochen worden.
  • National- und Ständerat bereinigten am dritten Tag der Session die letzten Differenzen zu den Milliardenkrediten zur Bewältigung der Krise.
  • Das Parlament fand keinen Kompromiss beim Umgang mit Geschäftsmieten gefunden.
  • Der Ständerat lehnte am Mittwoch eine Motion des Nationalrats für ein Dividendenverbot bei Firmen, die Kurzarbeitsentschädigung beziehen, klar ab.

Nordmann fordert ökologischen Umbau

Auch SP-Fraktionschef Roger Nordmann sagt, einen Gegensatz zwischen Gesundheit und Wirtschaft gebe es nicht. Am Ende einer Pandemie sei es wie nach einem Waldbrand – man müsse wachsam sein.

Er appelliert an eine ökologischere Wirtschaft, wovon er sich den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen verspricht. Daher komme auch die Forderung der Fraktion, die Unterstützung der Fluggesellschaft Swiss an strenge Bedingungen zu knüpfen, sagt Nordmann.

«Wir müssen bestimmte Handlungsweisen der Wirtschaft in Frage stellen. Wir müssen feststellen, dass kürzere Transportwege nicht nur umweltfreundlicher sind, sondern auch sicherer.»

Wenn man sich jetzt nicht um den Binnenmarkt kümmere, würden die Auswirkungen der Krise noch viel teurer werden.

Rösti kündigt Aufarbeitung an

Nun spricht SVP-Präsident Albert Rösti. «Den vor allem medial geschürten Gegensatz von Gesundheit und Wirtschaft» dürfe man nicht vertiefen. Er kündigt an, dass seine Fraktion «Versäumnisse der Regierung» zu einem späteren Zeitpunkt aufarbeiten wolle. So seien grundlegende Mittel wie Schutzmasken oder Beatmungsgeräte nicht in ausreichender Menge verfügbar gewesen.

Rösti betont die wirtschaftspolitischen Forderungen der Fraktion: Die Personenfreizügigkeit sei auszusetzen. Auch sollen die Grenzen geschlossen gehalten werden. Auch wolle die Fraktion mit einer Motion die sofortige Aufhebung des Notrechts erreichen. Damit werde die ordentliche verfassungsrechtliche Situation wiederhergestellt.

Das ist seiner Meinung nach vor allem im Hinblick auf eine allfällige zweite Corona-Welle nötig. Diese müsse mit gezielten Massnahmen bewältigt werden, ein weiterer Lockdown sei nicht tragbar. Weiter fordert die SVP vom Bundesrat, rasch das nötige Sanitätsmaterial zu beschaffen. Zudem sollten das geltende Grenzregime aufrecht erhalten und die Personenfreizügigkeit ausgesetzt werden, verlangt sie.

Sommaruga hält Eröffnungsrede

Nun hat Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga das Wort. Der Bundesrat habe es sich nicht leicht gemacht, sagt sie. Nun gelte es, die Schweiz aus der Krise herauszuführen. «Dazu braucht der Bundesrat Sie, meine Damen und Herren», sagt Sommaruga an die Parlamentarier gerichtet.

«Eines darf das Virus nicht herausfordern: Unsere starke Demokratie. Eine Krise hält sich nicht an fixe Strategien. Wir müssen flexibel bleiben.» Nun gehe es darum, gemeinsam fruchtbare Lösungen zu finden, «die auch morgen noch als gerecht wahrgenommen werden».

Schweigeminute zum Start

Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) hat am Montag die ausserordentliche Session zur Corona-Krise eröffnet. «Diese Session wird in die Geschichte der Schweizer Demokratie eingehen», sagte Moret an der Session «extra muros» in der Berner Messe Bernexpo.

«Mit Emotionen begrüsse ich Sie zu dieser in mehrfacher Hinsicht ausserordentlichen Session», sagte die höchste Schweizerin. Es sei eine ausserordentliche Session an einem ausserordentlichen Ort während einer Krise.

Dies sei ein Meilenstein in der Geschichte der Schweiz. Bislang sei es weder wegen Krieg noch Epidemien noch wegen Naturkatastrophen nötig gewesen, dass das Parlament ausserhalb des Parlamentsgebäudes tagt. Und nie seit mehr als einem Jahrhundert, seit der Spanischen Grippe, habe die Schweiz solche Massnahmen zum Schutz der Gesundheit erlebt.

Isabell Moret


Ihre Gedanken seien bei all jenen, welche Angehörige verloren haben und nur unter schweren Bedingungen trauern könnten, sagte Moret. Im Namen des Parlaments sprach sie Hinterbliebenen, Kranken und jenen, die unter der Corona-Pandemie leiden, das Mitgefühl aus. Die Nationalrätinnen und Nationalräte erhoben sich für eine kurze Schweigeminute. Zudem sprach Moret für jene die Wertschätzung aus, welche sich um Kranke und Sterbende kümmern.

Lockdown war «ein Erfolg»

Das Virus habe sich im Alltag eingenistet. Abstand- und Hygieneregeln seien selbstverständlich geworden. Die Ansteckungskurve flache aber ab, «der Lockdown war ein Erfolg», die kritische Phase sei überschritten, sagte Moret. Dies sei auch dank der Bevölkerung und allen, die in dieser Krise ihren Einsatz leisteten, möglich gewesen.

Am 28. Februar habe der Bundesrat die «besondere Lage» gemäss Epidemiengesetz ausgerufen, wodurch er erweiterte Befugnisse erlangte. «Ein absolutes Novum», sagt Moret. Doch gemäss Bundesverfassung könne der Bundesrat ohne Zustimmung der Bundesversammlung keine Kredite sprechen. In dieser ausserordentlichen Session stünden nun in beiden Kammern die Genehmigung der vom Bundesrat vorgesehenen Kredite auf dem Programm.

Die Parteien, Fraktionen, Kommissionen und Delegationen hätten weitergearbeitet, um die Bundesratsbeschlüsse da, wo sie es für nötig hielten, zu hinterfragen und in dieser Session Alternativen präsentieren zu können, sagte Moret. «Die Leute zählen heute mehr denn je auf unsere Ideen und Lösungen zur schnellstmöglichen Bewältigung dieser Krise», sagte Moret zu den Nationalrätinnen und Nationalräten.

Parlamentarier fühlen sich fit genug für die Debatten

Die Nationalräte und Ständeräte wollen sich die dreitägige ausserordentliche Session offensichtlich nicht entgehen lassen. Auch wenn es unter den 246 Parlamentariern den einen oder anderen gibt, der einer Corona-Risikogruppe zugerechnet werden dürfte, ist laut Mark Stucki von den Parlamentsdiensten bis zu Beginn der Session lediglich eine Entschuldigung eingegangen.

Es wird in den Hallen der Expo Bern auch auf eine spezielle Infrastruktur für besonders gefährdete Personen verzichtet. Obwohl das eidgenössische Parlament nach den Erneuerungswahlen von letzten Herbst verjüngt wurde, ist die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen immer noch am stärksten vertreten. Das älteste Ratsmitglied ist derzeit der 72-jährige Nationalrat Jean-Pierre Grin von der Waadtländer SVP. (gr)

Die Session findet in den Hallen der Berner Expo statt.

Heute Montag beginnt in den Hallen der Berner Messe Bernexpo die ausserordentliche Session. Sie dauert längstens bis am Donnerstag und ist ausschliesslich der Bewältigung der Corona-Krise gewidmet. Im Zentrum stehen Kredite über 55 Milliarden Franken.

Davon sind 40 Milliarden für Überbrückungskredite für KMU vorgesehen. 6 Milliarden will der Bundesrat in die Arbeitslosenversicherung einschiessen, um Kurzarbeitsentschädigungen zu finanzieren, mit über 5 Milliarden wird der Erwerbsersatz für Selbstständige finanziert. Weitere Kredite betreffen den Einkauf von Sanitätsmaterial oder Nothilfe für Kultur und Sport.

Der grösste Teil des Geldes wurde bereits als Vorschuss bewilligt und wird bereits ausbezahlt. Das Parlament muss die dringlichen Ausgaben jedoch nachträglich bewilligen. Das ist grösstenteils unbestritten.

Eine Mitarbeiterin der Parlamentsdienste desinfiziert das Rednerpult vor Sitzungsbeginn.

Eine nachträgliche Bewilligung muss der Bundesrat auch für den Armeeeinsatz einholen. Zudem beantragt er dem Parlament Staatshilfen für die Luftfahrt. Dafür sind fast 1,9 Milliarden Franken vorgesehen. Das Geschäft ist in den Räten nicht unumstritten, die vorberatenden Kommissionen wollen zusätzliche Auflagen daran knüpfen.

Schliesslich werden sich National- und Ständerat mit gut drei Dutzend Vorstössen befassen müssen, die die Kommissionen eingereicht haben. Einige davon sind mit harten Forderungen verknüpft, etwa zu den Geschäftsmieten oder für Nothilfe für Medien. Andere sind eher programmatischer Natur, so die Forderungen nach einer rascheren Aufhebung des Lockdown, der Sicherung von Lehrbetrieben oder einer Revision des Dublin-Abkommens.

Die Durchführung einer ausserordentlichen Corona-Session haben sowohl der Bundesrat als auch eine Mehrheit des Ständerats verlangt. Diese findet in der Berner Messe Bernexpo statt, weil im Parlamentsgebäude die Distanzregeln nicht eingehalten werden könnten. Als Standort beworben hatte sich auch Luzern. Es ist die erste Session «extra muros» seit der Herbstsession 2006 in Flims GR.

Ständerat will geheim abstimmen

Die Ratsleitung, das sogenannte Büro, will während der Corona-Session die geheime Stimmabgabe einführen. Eine entsprechende Änderung des Geschäftsreglements des Ständerats ist am Montag gleich zu Beginn der Session traktandiert. Die geheime Stimmabgabe im Bundesparlament – das gab es seit der Gründung der modernen Schweiz im Jahre 1848 noch nie. Lesen Sie hier, wie das Büro den brisanten Antrag begründet.

SVP will bei Kultur kürzen

Ebenfalls als Vorschuss bewilligt und unbestritten sind die 6 Milliarden Franken, die der Bundesrat für den Fonds der Arbeitslosenversicherung beantragt hat. Das Geld ist für Kurzarbeitsentschädigungen vorgesehen. Darauf haben im Zug der Corona-Krise auch befristet oder temporär Angestellte, Lehrlinge und mitarbeitende Geschäftsinhaber Anspruch. Inzwischen wurde für rund einen Drittel aller Arbeitnehmenden Kurzarbeit beantragt.

Für Erwerbsersatz für Selbstständige beantragt der Bundesrat insgesamt 5,3 Milliarden Franken, für die Beschaffung von Medikamenten, Masken und anderem Sanitätsmaterial knapp 2,6 Milliarden Franken. Diesen Kredit möchte die SVP um 600 Millionen Franken kürzen. Ganz streichen will sie die 25 Millionen Franken, die als Soforthilfe für Kulturschaffende vorgesehen sind. Die Ausfallentschädigung soll um 45 Millionen Franken gekürzt werden.

Die SVP stellt sich auch gegen die zusätzlichen Mittel, die die Finanzkommissionen für Kitas beantragen. Die Nationalratskommission will dafür 100 Millionen Franken ausgeben, die Ständeratskommission 65 Millionen. Der Bundesrat lehnt die Finanzhilfe für Kitas ab.

Die Finanzkommission des Ständerats will auch den Tourismus mit 27 Millionen Franken zusätzlich unterstützen, die Wirtschaftskommission verlangt sogar 67 Millionen.

Lesen Sie auch: So wollen die Parteien den Weg aus der Corona-Krise finden

Die SVP stellt sich gegen Mieterlasse und will auch im Fall einer zweiten Welle keinen weiteren Lockdown. Die SP fordert ein Investitionsprogramm. Und auch der Klimaschutz wird wieder zum Thema.

Armee und Luftfahrt

Neben diesen Milliarden-Krediten müssen National- und Ständerat den Armeeeinsatz bewilligen. Das ist vorgeschrieben, falls mehr als 2000 Armeeangehörige aufgeboten werden oder der Einsatz länger als drei Wochen dauert. Der Bundesrat hatte den Einsatz von 8000 Armeeangehörigen bewilligt, tatsächlich aufgeboten wurden rund 5000. Die Mobilmachung ist im Grundsatz unbestritten.

Mehr zu reden geben dürfte die Finanzspritze für die Luftfahrt. Der Bundesrat beantragt dafür insgesamt 1,875 Milliarden Franken: 1,275 Milliarden Franken zur Sicherung der Darlehen an Schweizer Fluggesellschaften und 600 Millionen Franken zur Unterstützung von flugnahen Betrieben an den Landesflughäfen. Der Bundesrat will damit eine «kritische Infrastruktur» schützen. Die Finanzkommissionen beantragen, die Hilfe an Umwelt- und Sozialauflagen zu knüpfen.

Keine Fortsetzung der Frühlingssession

Die dritte und letzte Woche der Frühjahrssession wurde wegen der Coronavirus-Pandemie abgebrochen.
Dabei handelte es sich um einen Abbruch und nicht um eine Unterbrechung. In der Tat holt das Parlament die verpasste Woche nicht nach – die heute startende Sondersession ist ausschliesslich der Bewältigung der Corona-Krise gewidmet.

Lesen Sie mehr dazu: Bundesrat erklärt Notstand, riegelt das Land ab und mobilisiert die Armee