Ex-Chefin der AfDEin Requiem in eigener Sache
Korruption habe die AfD in den Rechtsextremismus getrieben, klagt Frauke Petry. Ihre eigene Rolle dabei malt sie rosa.
Pünktlich zum deutschen Superwahljahr 2021 hat Frauke Petry ein Buch geschrieben: «Requiem für die AfD» heisst es. Um es zu vermarkten, erhebt die frühere Parteichefin, die 2017 austrat, jetzt schwere Vorwürfe gegen die aktuelle AfD-Spitze.
Aus dem Umfeld der in der Schweiz ansässigen Milliardäre August Baron von Finck und Henning Conle seien Millionen illegal in die AfD geflossen, unter anderem wohl über die Agentur des SVP-Werbers Alexander Segert. Das Geld sei der Grund gewesen, so Petry, warum ihr damaliger Co-Chef Jörg Meuthen und die aktuelle Spitzenkandidatin Alice Weidel sich ab 2016 von ihr ab- und den Rechtsextremisten um Björn Höcke zugewandt hätten. Es sei damals weniger um Politik oder Macht gegangen als um blanke Korruption.
Warum Petry ihre Einsichten jahrelang für sich behalten hat, bleibt ihr Geheimnis.
Was die verdeckten Geldflüsse an die AfD betrifft, sind fast alle von Petrys Vorwürfen längst bekannt. Die Partei musste deswegen bereits Bussen in Höhe von mehr als einer halben Million Euro bezahlen. Neu ist nur, dass die 46-Jährige Belege präsentiert, die beweisen sollen, dass illegale Gelder auch in die enorme Präsenz der AfD in den sozialen Medien geflossen seien. Der für diese zuständige Manager sei kaltgestellt worden, als er sich geweigert habe, radikalere Töne anzuschlagen.
Warum Petry diese Einsichten jahrelang für sich behalten und erst jetzt öffentlich gemacht hat, bleibt ihr Geheimnis. Es nährt aber den Verdacht, dass es ihr – wie früher – vor allem um sich selbst geht. Seit ihrem Austritt unterhält sie die Legende, sie habe aus der AfD eine «mögliche Kanzlerpartei» machen wollen: eine respektable bürgerliche Kraft rechts von der CDU, die sich klar von Rechtsextremisten wie Höcke abgrenzt. Meuthen, Weidel und andere hätten sie daran gehindert.
Auch Petry liess sich mit dem rechtsextremen «Flügel» ein, wenn es ihr nützte.
An dieser Legende sind viele Dinge falsch: Wie Meuthen, der Wirtschaftsprofessor aus dem Westen, pflegte die promovierte Chemikerin Petry zum rechtsextremen «Flügel» der AfD stets ein taktisches Verhältnis. 2015 stürzte sie mit dessen Unterstützung den vergleichsweise liberalen Mitgründer und Co-Chef Bernd Lucke und drängte ihn aus der Partei – so wie es 2017 Meuthen wiederum mit Petry machte, als diese versuchte, Höcke auszuschliessen. Seit sich Meuthen seinerseits gegen den «Flügel» wendet, sind auch seine Tage an der Spitze der Partei gezählt.
Petry war auch – wie Meuthen – nie «gemässigt», sondern schlug radikale Töne an, wann immer es ihr nützlich schien. In der Flüchtlingskrise forderte die sechsfache Mutter, die deutsche Polizei müsse an der Grenze notfalls auf Flüchtlinge schiessen, um sie am Übertritt zu hindern. Einmal wollte sie das Wort «völkisch» für den Gebrauch durch ihre Partei rehabilitieren.
2019 löste sie ihre eigene Partei auf – nach einem Debakel bei der sächsischen Landtagswahl.
Auch ihr Verhältnis zur Wahrheit war eher taktischer Natur. Sie lüge, ohne rot zu werden, sagte Lucke 2015: «Sie ist eine Frau, die sich anpasst. Sie steht kaum für irgendwelche Inhalte, sondern lässt sich treiben von den Stimmungen an der Basis.»
Die lukrativen Mandate im Bundestag und im sächsischen Landtag hat Petry auch nach ihrem Austritt aus der AfD behalten. Im Herbst zieht sie sich aber endgültig aus der Politik zurück. Ihre «Blaue Partei», die sie nach ihrem Abgang gegründet hatte, löste sie schon 2019 auf. Bei der Landtagswahl hatte sie zuvor noch 805 Stimmen erhalten.
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