Gemüseproduktion in GefahrDürre in Spanien könnte in der Schweiz das Gemüse verteuern
Die anhaltende Dürre in wichtigen Anbauregionen macht den spanischen Produzenten das Geschäft kaputt. In der Schweiz schliessen die Detailhändler Preiserhöhungen nicht aus – zumindest in der Migros wird Olivenöl teurer.

Halb leere Stauseen, ausgetrocknete Felder und kaputte Ernten: Spanien leidet derzeit unter der schlimmsten Dürreperiode in der Geschichte. In einigen Regionen hat es seit über 100 Tagen nicht mehr geregnet, und der Sommer steht erst noch bevor.
Da wichtige Anbauregionen für Früchte und Gemüse im Süden des Landes mit starkem Wassermangel zu kämpfen haben, rechnen Produzenten mit Ernteausfällen. Bauern und Landwirtinnen haben die Ernte von Weizen und Gerste in diesem Jahr bereits komplett abgeschrieben. Auch der Nussanbau, Olivenplantagen sowie Mais, Sonnenblumen und Reis leiden stark. Im Sommer wird der Ertrag voraussichtlich noch niedriger ausfallen, wie der spanische Bauernverband befürchtet.
Davon, dass auch Gemüse und Früchte wie Tomaten, Gurken, Auberginen und Zucchetti betroffen seien, sei derzeit noch nichts zu spüren, heisst es bei den Schweizer Gemüsehändlern. Verschärft sich die Lage in «Europas Gemüsegarten», könnte dies weitreichende Folgen haben – vor allem in Ländern mit tiefer Kaufkraft.
Spanien ist für viele Staaten Europas eines der wichtigsten Länder für den Import von Früchten und Gemüse. Weitere wichtige Länder sind – je nach Produkt – Italien, Frankreich oder Deutschland.
Olivenöl in der Migros könnte teurer werden
Auch die Schweiz importiert jährlich 17’575 Tonnen Gurken und 20’174 Tonnen Tomaten aus Spanien (Zahlen von 2022) – so viele wie aus keinem anderen Land.
Bei der Migros steht alles auf «Grün». «Natürlich spüren auch wir eine gewisse Anspannung auf dem Markt aufgrund der Trockenheit und beobachten die Lage», sagt Sprecher Patrick Stöpper.
Mit leeren Regalen muss also nicht gerechnet werden, mit allfälligen Preiserhöhungen hingegen schon. «Dass vereinzelt bei Produkten, aufgrund schlechter Ernte, die Preise angepasst werden müssen, wird sich leider nicht vermeiden lassen», so Stöpper. Als Beispiel nennt er Olivenöl.
Konkurrent Coop hingegen rechnet vorerst nicht mit Preiserhöhungen aufgrund der Dürre. Auch Lidl und Denner nicht. Aber: «Sollte es zu einer Verknappung kommen, könnte sich dies auf die Preise auswirken», sagt eine Denner-Sprecherin.
Aldi importiert 20 Prozent der Früchte aus Spanien
Aldi spürt beim Gemüse bereits eine leichte Einschränkung, die auf die Wetterverhältnisse im Land zurückzuführen ist. Den Engpass könne man aber mit inländischen Lieferanten ausgleichen, jetzt, da auch hier die Saison beginne. An den Preisen solle dies nichts ändern, heisst es.

Grosse Ernteausfälle erwartet
Die Dürre in Spanien ist dieses Jahr gravierend, doch es ist nicht die erste. Seit Jahren leiden die Regionen Südspaniens unter Wassermangel, unter anderem verursacht durch den Klimawandel, Massentourismus und den intensiven landwirtschaftlichen Anbau.
Oft werden Früchte, Gemüse, Nüsse und Getreide als Monokulturen angebaut, was enorm viel Wasser braucht und besonders umweltschädlich ist, da damit viele Nährstoffe aus der Erde gezogen werden, die sich nicht so schnell wieder regenerieren.
Nach Angaben des grössten Bauernverbandes Spaniens hat die aktuelle Dürre 60 Prozent des ländlichen Raums erfasst. Auf mehr als 3,5 Millionen Hektaren Anbaufläche – etwa so gross wie die Insel Taiwan – habe sie «irreversible Verluste» verursacht.
Viel Wasser benötigen auch Beeren und insbesondere Erdbeeren. Sie sind für die Provinz Huelva, die sehr stark unter der Dürre leidet, von essenzieller Bedeutung. 98 Prozent der nationalen und fast 30 Prozent der europäischen Produktion entfallen auf diese Provinz. Wie sich die Dürre in Spanien auf die Erdbeerernte niederschlagen wird, können Schweizer Gemüsehändler noch nicht abschätzen.
Auf saisonale, einheimische oder Bioware setzen
Generell stellt sich die Frage, wie nachhaltig der Import von Gemüse und Früchten aus Spanien ist. «Wie werden die Wasserreserven in den betroffenen Regionen verteilt, wie viel Wasser wird von den Produzenten illegal abgezapft?» Solche Fragen sollten beim Lebensmitteleinkauf thematisiert werden, sagt WWF-Nachhaltigkeitsexperte Damian Oettli.
Es sei wichtig, dass sich die Kundschaft mit ihren Bedenken an die Detailhändler wende und ihre Erwartungen nach einer wasserschonenden Produktion zum Ausdruck bringe. «Es gibt viele Produzenten in Spanien, die sich rechtlich in einer Grauzone bewegen. Einfach auf ein Logo zu vertrauen, reicht da nicht.»
Für einen umweltbewussten Einkauf rät er, Beeren aus spanischer Produktion massvoll zu geniessen. «Für den grossen Beerenplausch wartet man besser bis Juni/Juli, also bis hierzulande die Beerensaison beginnt.»
Gute Schweizer Ernteerträge
Vergangenes Jahr stammten über 60 Prozent der importierten Erdbeeren aus Spanien. Das sind 9529 Tonnen Erdbeeren. Die Schweiz produzierte 6710 Tonnen Erdbeeren. Für das Jahr 2023 wird eine etwas grössere Ernte von etwa 7000 Tonnen erwartet.
Generell rechnen Schweizer Bauern und Bäuerinnen für dieses Jahr mit einer guten Ernte. Die Schweizer Beerensaison beginnt im Juni. Ab April lassen sich bereits die Beeren ernten, die in Gewächshäusern angebaut werden.
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