Gletschersturz in den DolomitenZahl der Todesopfer auf zehn erhöht
Die Suche nach den Opfern des Gletscherbruchs an der Marmolata gestaltet sich wegen des instabilen Terrains schwierig. Nach fünf Personen wird noch gesucht.
Die Zahl der bestätigten Todesopfer nach dem Gletscherabbruch in den norditalienischen Dolomiten ist auf zehn gestiegen. Die Einsatzkräfte hätten eine weitere Leiche geborgen, sagte der Präsident der Autonomen Provinz Trient, Maurizio Fugatti, am Donnerstagabend in Canazei vor Journalisten.
Zu sechs Toten sei die Identität geklärt. Es handele sich um zwei Menschen aus Tschechien und vier aus Italien. Fünf Italiener gelten weiterhin als vermisst. Spezialisten der Carabinieri sollen nun feststellen, ob sie unter den bereits gefundenen Leichen sind, und die Identität der übrigen Opfer klären.
Die Nummer zwei im italienischen Staat, Senatspräsidentin Maria Elisabetta Casellati, kam in den Ort, um ihre Anteilnahme auszudrücken. «Wir müssen uns klar darüber sein, dass wir mit dem Klimawandel eine epochale Veränderung haben», sagte die Politikerin der Berlusconi-Partei Forza Italia. Die Gletscher schmölzen deutlich, und deshalb sei eine Änderung der Politik nötig.
Unglück nicht vorhersehbar
Am Donnerstag gingen die Bergungsarbeiten am Boden weiter. Eine Schweizer Firma installierte zwei Überwachungssysteme. Bei einem handele es sich um ein Dopplerradar, das eine sich bewegende Masse registrieren könne, wie Verkaufschefin Susanne Wahlen der Deutschen Presse-Agentur erläuterte. Das zweite Radarsystem taste die Oberfläche ab und messe Millimeter-Veränderungen.
Die Justiz in Trient schliesst unterdessen aus, dass das Unglück vorhersehbar war, wie Staatsanwalt Sandro Raimondi der Nachrichtenagentur Ansa sagte. Die Ermittler wollten den Hergang aber rekonstruieren, Filme sichten und Zeugen hören.
Im Ort Canazei am Fusse des Gletschers wurde eine improvisierte Leichenhalle in einem Eisstadion eingerichtet. Geortete Leichenteile würden fotografiert und per Hubschrauber ins Tal gebracht, sagte der Chef des Bergrettungsdienstes, Maurizio Dellantonio, der Nachrichtenagentur AGI. Tätowierungen, Schmuck oder persönliche Gegenstände wie Rucksäcke und Eispickel könnten zur Identifizierung der Opfer beitragen.
Hubschrauberpilot Fausto Zambelli berichtete am Dienstag, aus der Luft seien Gegenstände am Gletscher geortet worden. Es sei aber unklar, «ob das bedeutet, dass dort die Opfer sind, oder ob sie zu früheren Expeditionen gehören». Die Hoffnung, unter dem Eis noch Überlebende zu finden, sei gering, aber es sei nicht ausgeschlossen: «Wenn es Lufttaschen gibt, gibt es noch Hoffnung. Die Zeit wird knapp, aber wir hoffen immer noch, jemanden lebend zu finden», betonte Zambelli.
Nach Rekordtemperaturen war am Sonntagnachmittag ein Teil des Marmolata-Gletschers abgebrochen, so dass eine Lawine aus Schnee, Eis und Gestein niederging. Italiens Präsident Sergio Mattarella sprach am Dienstag von einem Beispiel «für die zahlreichen Tragödien, die der ungezügelte Klimawandel in so vielen Regionen der Welt anrichtet».
SDA/AFP/fal
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