Neue US-RegierungTrump und Musk: Wie lange hält die «Bromance»?
Der mächtigste und der reichste Mann der Welt sind im Siegesrausch vereint. Doch vertragen sich die beiden Egos wirklich – und wie heikel ist die Partnerschaft?
- Elon Musk nimmt aktiv an Trumps politischen und organisatorischen Entscheidungen teil.
- Der reichste Mann der Welt unterstützt Trump und dessen Präsidentschaft mit finanziellen Mitteln.
- Es gibt Bedenken wegen möglicher Interessenkonflikte aufgrund von Musks Unternehmen.
Die Lounge vor Donald J. Trumps Büro in Mar-a-Lago dient dieser Tage als Wartezimmer. Dort kreuzen sich die Wege von Beratern, Clubmitgliedern und jenen, die sich der neuen Regierung andienen wollen. Es ist die wichtigste Jobmesse der Welt.
Im Büro drin sitzt aber nicht nur der wiedergewählte Ex-Präsident. An Trumps Seite ist bislang an jedem Tag der Woche Elon Musk, der Tech-Pionier und sechsfache Unternehmer mit dem welthöchsten Vermögen von 350 Milliarden Dollar.
Besuchern des Anwesens in Florida bleibt nicht verborgen, dass sich Musk in alles einmischt. Kurz nach der Wahl griff er bei Trumps Telefongespräch mit Wolodimir Selenski zum Hörer, letzten Montag traf er sogar den iranischen UNO-Botschafter zum Gespräch. Und zweifellos redet Musk auch bei der Auswahl künftiger Regierungsmitglieder mit.
Musk hat sich die Nähe zum Zentrum der Macht erkauft, indem er Trumps Kampagne mit geschätzten 200 Millionen Dollar unterstützte. Der Milliardär konzentrierte sich auf Pennsylvania und half dort mit, republikanische Wähler zu mobilisieren. Seine Wahlveranstaltungen bereiteten ihm sichtlich so viel Vergnügen wie dem Publikum.
Inzwischen ist er Trumps «First Buddy» geworden, wie ein Journalist es ausdrückte. Musk diniert mit dem Gastgeber und spielt zusammen mit ihm Golf, was ihm bei Trumps 17-jähriger Enkelin Kai den «Onkel-Status» einbrachte. «Elon Musk und Präsident Trump sind gute Freunde und brillante Leader, die zusammen ‹America Great Again› machen werden», sagte Trumps Sprecherin dem «Wall Street Journal».
«Ich werde ihn nicht mehr los»
Zu einer solch engen Verbandelung gehört natürlich gegenseitiges Bauchpinseln. Ein strahlender Musk versprach am Donnerstag, die Dinge aufzurütteln. «Ich glaube, dies wird vielleicht die transformativste Präsidentschaft seit der Gründung des Landes werden», sagte er. «Und Präsident Trump wählt das Kabinett dafür aus.»
Zuvor hatte Trump seinen Busenfreund in höchsten Tönen gelobt. Er glaube an hohe Intelligenzquotienten, sagte der Präsident, und jener von Musk sei so hoch, wie es nur gehe. «Elon – was für ein Job, was für eine Arbeit leistet er», sagte Trump. «Dabei ist er auch ein richtig toller Kerl. Er liebt diesen Ort hier, müsst ihr wissen. Ich werde ihn nicht mehr los.»
Ganz im Stil des Conférenciers, den Trump gern gibt, war die Pointe ironisch gemeint. Aber sie hat einen wahren Kern. Am Tag zuvor hatte das Trump selbst angedeutet, als er in einem Treffen mit Mitgliedern des Repräsentantenhauses seinen Spruch über Musk mit dem Nachsatz ergänzte: «Zumindest bis ich ihn nicht mehr mag.»
Die «Bromance» Trump/Musk könne nicht andauern, glaubt der Historiker David Nasaw. «Mister Musk, Sie haben ein Problem», schrieb Nasaw in der «New York Times»: «In Trumps Weissem Haus gibt es nur Raum für einen Star, für ein Genie.»
Frühere Grossindustrielle scheiterten
Nasaw erzählt, wie frühere Grossindustrielle vergeblich auf hohe Würden bei Präsidenten hofften, zu deren Wahl sie verholfen hatten. Die aussenpolitischen Ratschläge des Stahlbarons Andrew Carnegie – damals der reichste Mann der Welt – wurden von Teddy Roosevelt nach dessen Wahl zum Präsidenten 1901 abgewiesen. Der Zeitungsmagnat William Randolph Hearst erhielt vom neu gewählten Franklin Roosevelt 1932 nicht einmal ein Telegramm.
Musk droht vorerst nicht die Gefahr, von Trump fallen gelassen zu werden. Nach dem Willen des Präsidenten soll er gemeinsam mit dem Techunternehmer und Ex-Kandidaten Vivek Ramaswamy die gesamte US-Bundesverwaltung umgestalten und straffen, um Kosten zu sparen.
Das Reformerduo hat mit der Arbeit bereits begonnen. Das ausserhalb der Regierung angesiedelte «Departement für Verwaltungseffizienz» hat auf Musks Kurznachrichtendienst X den Benutzernamen @DOGE erhalten, eine Hommage auf die von Musk bevorzugte Kryptowährung Dogecoin. Es wurde auch schon eine erste Job-Annonce geschaltet. «Wir brauchen keine Teilzeit-Ideenlieferanten», heisst es darin. «Wir suchen Revolutionäre für einen kleinen Staat mit superhohem IQ, die 80 und mehr Stunden in der Woche an unscheinbaren Kostensenkungen arbeiten wollen.» In einer weiteren X-Botschaft schrieb Musk: «Die Arbeit wird echt mühsam sein, viele Feinde schaffen, und die Entschädigung beträgt null.»
Wegen des spielerisch-frechen Tons und ihrer zupackenden Art trauen viele den beiden unorthodoxen Reformern jenen Erfolg zu, der früheren Sparübungen nicht beschieden war. Der grossen Sprüchen zugeneigte Musk will die Kosten von Amerikas Bundesverwaltung um jährlich zwei Billionen Dollar senken, und das schon bis zum 4. Juli 2026, wenn die USA ihr 250-jähriges Bestehen feiern.
Trump hat an den Visionen des Vordenkers und Ideenlieferanten Musk offenbar Gefallen gefunden. «Er saugt alles ein, debattiert über die Flut seiner Ideen und unterwirft sie Stresstests», will «Axios» erfahren haben. Mit Verweis auf nahestehende Republikaner ortet die Website bei dem 78-Jährigen Trump und dem 53-jährigen Musk ähnliche Charakterzüge: Beide Männer haben unersättlichen Ehrgeiz, gehen riesige Risiken ein und verstehen die Macht der sozialen Medien. «Axios» gibt dazu sogar eine psychoanalytische Erklärung: Trump wie Musk wurden von strengen, dominierenden Vätern geprägt.
Die zwei Alphatiere ziehen daher am gleichen Strick. Wie «Axios» schreibt, zeigen sie wenig Empathie und verordnen dem Land die Schocktherapie, die es nach ihrer Meinung braucht. Gegen Regeln und Normen wähnen sie sich dabei immun.
Wechselwähler sind skeptisch
Ganz selbstlos strengt sich Musk aber nicht an. Seine Unternehmen sind derart vom Staat abhängig, dass Kritiker gigantische Interessenkonflikte befürchten. Tesla baut auf Abgaslimiten und Verbilligungen für die Kundschaft; Spacex hat in den letzten zehn Jahren staatliche Aufträge im Umfang von 15 Milliarden Dollar erhalten. Je nachdem wie Musk an Regulierungen schräubelt, könnte er grossen Nutzen davontragen.
Von Trumps Wahl hat er bereits profitiert. Dies gilt zwar nicht für das frühere Twitter, das nach dem Wahltag einen Exodus von 115’000 frustrierten Nutzern erlebte. Dafür sprudelt Spacex und Musks KI-Unternehmen xAI neues Investorengeld zu. Die führende Raketenfirma hat jetzt einen Wert von 250 Milliarden Dollar, und xAI wird bald 45 Milliarden Dollar wert sein.
Die linke Zeitschrift «New Republic» titelte am Freitag bereits: «Trumps neue Oligarchie wird unvorstellbare Korruption entfesseln.» Weder der Präsident noch Musk dürfte sich aber von solchen Befürchtungen bremsen lassen. Eher könnten wahlpolitische Bedenken für andere Republikaner oder Trumps Nachfolgekandidaten eine Rolle spielen.
In einer Fokusgruppe von «Axios» zeigten sich am Dienstag wenige Wechselwähler von Musk begeistert. 5 von 14 Befragten fanden Musks Beraterrolle schlecht, und niemand fand sie gut. Ein Mann aus Las Vegas brachte es auf den Punkt: Musk sei offenbar ein guter Geschäftsmann, sagte er. «Aber ich habe nicht ihn gewählt. Ich weiss nicht, was am Schluss seine Agenda ist.»
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