Absurder US-WahlkampfTrump schuftet bei McDonald’s. Oder zumindest tut er so
Statt mit Kamala Harris über konkrete politische Vorschläge zu streiten, stellt sich der republikanische Präsidentschaftskandidat mit Anzug in die Fast-Food-Küche.
- Donald Trump gibt sich in McDonald’s-Filiale als Arbeiterheld der einfachen Leute.
- Er attackiert Kamala Harris’ Glaubwürdigkeit bezüglich ihrer McDonald’s-Erfahrungen.
- Trumps Inszenierung wird von Kritikern als inszenierter PR-Stunt verspottet.
- Er vermeidet die Stellungnahme zu Diskussionen über einen höheren Mindestlohn.
Einer von acht Amerikanern hat im Laufe seines Lebens schon bei McDonald’s geschuftet: von der Musikerin über den Unternehmer bis zur Astronautin, wie McDonald’s auf seiner Website stolz verkündet. Dass die Angestellten – 2023 waren es weltweit 150’000 – diesen Job bei Bewerbungen in einem anderen Berufsfeld gar nicht unbedingt in den CV aufnehmen, ist kein Geheimnis. Für hoffnungsvolle Astronauten zum Beispiel ist der McDo-Dienst nun mal kein Distinktionsmerkmal.
Trotzdem gings an diesem Wochenende im US-Wahlkampf sozusagen ums Ehrenbürgertum im Reich des Fast-Food-Giganten; um die Street Credibility, die das Chrampfen mit heissem Fett und hässigen Gästen verleiht. Seit Wochen behauptet der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump mit Verve, dass seine Rivalin, die Demokratin Kamala Harris, lüge, wenn sie von ihrem studentischen Sommerjob bei McDonald’s erzählt. Denn in ihren Bewerbungsunterlagen für spätere Arbeitsstellen habe sie ihre Position zwischen Fritteuse und Glacemaschine nicht aufgeführt. «Birtherism, meet burgerism» pointierte die «New York Times» (NYT) in Anspielung auf Trumps alte Verschwörungstheorie, dass Barack Obama in Afrika zur Welt gekommen sei.
Nun ist es so, dass Harris erst seit 2019 mit ihrer Erfahrung im gnadenlosen Niedriglohnsektor hausieren geht. Die Tochter einer alleinerziehenden Mutter präsentiert sich als authentische Aufsteigerin, die für die Nöte der Unter- und Mittelschicht Verständnis hat.
Mit Schürze über dem weissen Hemd und der roten Krawatte
Die NYT hat darum – und angesichts des Gewichts, das Trump diesem Thema in der grossen Schlacht um die Stimmen der kleinen Leute beimisst – recherchiert und tatsächlich eine Augenzeugin von damals aufgetrieben: eine ehemalige Freundin von Harris, die 1983 ebenfalls in einer (anderen) McDonald’s-Filiale malochte und Harris’ Bericht bestätigte. «Das ist, was wir Normalos halt so machten», schrieb sie in der NYT. Die Imbisskette wiederum hat sich, entgegen den Behauptungen Trumps, überhaupt nicht dazu geäussert, wie Fact-Checker nachweisen.
Überrascht es irgendjemanden, dass Donald Trump sich von solchen Recherchen nicht beeindrucken lässt, sondern jetzt noch einen draufgesetzt hat? Am Sonntag schlug der erklärte Fast-Food-Aficionado in einer ausgewählten McDo-Filiale im matchentscheidenden Swing-State Pennsylvania auf, band sich eine Schürze über das weisse Hemd und die rote Krawatte, liess sich das Frittieren erklären, schüttelte hier ein bisschen die Pommes, streute da ein wenig Salz und bediente die Kunden, munter plaudernd, durchs Fenster: So hatte es wenigstens aussehen sollen. «Nun habe ich 15 Minuten länger bei McDonald’s gearbeitet als Kamala», triumphierte Trump bei seiner kleinen Pressekonferenz am Fensterchen.
Dass die Chose ein Stunt war, eine genau durchgeplante Gelegenheit für vielsagende Quotes, Fotos und Filmclips vom «Helden der Arbeiter», versteht sich von selbst. Ebenso, dass Trumps Einsatz sich in engen Grenzen hielt und er darauf fokussierte, altväterliche Freundlichkeiten mit den hingerissenen «Kunden» auszutauschen, die ihre Bestellung geschenkt bekamen. Sie waren natürlich keine zufälligen Passanten, sondern ausgesuchte, eingefleischte Trump-Fans. Fürs allgemeine Publikum war die Filiale aus Sicherheitsgründen geschlossen.
Klar, dass der falsche Koch für den Spott nicht zu sorgen brauchte. Das «New York Magazine» etwa fand es hochkomisch, wie Trump seine Zweifel an Harris’ Ehrlichkeit ausgerechnet mit einem total inszenierten Auftritt zu highlighten versuchte, als aufgedrehte Plauder-Persona in einer geschlossenen Fast-Food-Filiale. Trump postulierte dabei sogar, er habe immer schon einmal bei McDonald’s anpacken wollen. Nach getaner Arbeit resümierte der Millionenerbe gut gelaunt: «Ich hätte nichts gegen diesen Job, ich mag diesen Job.» Eine Steilvorlage für seine Kritiker, die ihm im Netz stante pede vorschlugen, grad sofort einzusteigen.
Auf die Frage, ob dieser harte Job nicht einen anständigen Mindestlohn verdiene (wie ihn Joe Biden 2021 gegen den Widerstand der Republikaner hatte einführen wollen – und scheiterte), flüchtete sich der Präsidentschaftskandidat allerdings in Worthülsen. «Ich denke, die Leute arbeiten schwer. Sie sind super.» Und der Arbeitsprozess sei «beautiful». Na dann.
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