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Analyse zum US-Protektionismus
Trumps Zölle sind eine Gefahr für die Wirtschaft weltweit

Zölle verfehlen meistens ihr Ziel: Donald Trump im Jahr 2020, bei einem Auftritt in einer Waschmaschinen-Fabrik der Marke Whirlpool in Ohio.
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In Kürze:
  • Donald Trump plant, Importe mit einem zehnprozentigen Zoll zu belegen.
  • Zölle führen laut Studien zu Wohlstandsverlusten und belasten Konsumenten. Sie sind ein ungeeignetes Mittel, um neue Jobs zu schaffen.
  • Zölle können internationale Handelskriege auslösen und die Weltwirtschaft schädigen.

«Mein Lieblingswort im Lexikon heisst: Zoll.» So spricht Donald Trump, wenn er über die Wirtschaftspolitik referiert, die er als Präsident umsetzen würde.

Ob sich der republikanische Kandidat wohl je die Mühe gemacht hat, den Begriff tatsächlich in einem Wörterbuch nachzuschlagen? Vermutlich nicht. Denn sonst hätte er Zölle kaum zum Herzstück seines Programms gemacht.

So steht zum Beispiel in der Online-Enzyklopädie Wikipedia ziemlich weit oben: «Unter Ökonomen besteht nahezu einhelliger Konsens darüber, dass Zölle kontraproduktiv sind und sich negativ auf Wirtschaftswachstum und wirtschaftlichen Wohlstand auswirken, während freier Handel und der Abbau von Handelsschranken sich positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken.»

Zölle schaden in der Regel also der Wirtschaft. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass Freihandel immer und überall die beste Politik ist. Doch unzählige Erfahrungen, die Länder über die Jahrzehnte gemacht haben, zeigen eben klar: Die Messlatte bei solchen Handelshemmnissen liegt sehr hoch. Nur in seltenen Fällen hat sich das Errichten zusätzlicher Zölle wirklich als gute Idee erwiesen.

Und dass Trumps Zölle zu diesen Fällen gehören: Darauf deutet nicht viel hin.

Konsumenten zahlen die Zeche

Der 78-jährige Politiker schlägt nämlich vor, Importe durchs Band mit einem Zoll zu belegen. Auf importierte Waren egal welcher Herkunft würde der Staat demnach eine Abgabe von 10 Prozent einziehen. Rund ein Zehntel dessen, was in den USA gekauft und verbraucht wird, wäre davon betroffen: Parfüms aus Frankreich, Flachbildschirme aus Südkorea, Lammfleisch aus Neuseeland.

Dem amerikanischen Wahlvolk will Donald Trump weismachen, dass es «die anderen Länder» wären, die diese Abgabe bezahlen würden. Doch das stimmt nicht. Die Zeche zahlen zum Grossteil die Konsumenten in den USA selbst.

Das Peterson Institute for International Economics, ein parteiunabhängiger Thinktank, hat etwa berechnet, dass Trumps Zölle einen Mittelstandshaushalt jährlich über 2600 Dollar kosten würden. Das entspricht einem Wohlstandsverlust von rund zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts – wobei die armen Haushalte verhältnismässig stärker davon belastet wären als die reichen, weil sie einen grösseren Teil ihres Budgets für Konsumgüter ausgeben.

Bereits berücksichtigt ist in dieser Schätzung, dass Trump Importe aus China besonders stark belasten will: Auf diese würde ein Zoll von 60 Prozent fällig.

Der Republikaner behauptet, dass dies Firmen dazu bewegen würde, vermehrt in den USA zu produzieren. Dadurch würden Stellen geschaffen und das Wirtschaftswachstum würde angekurbelt. Doch selbst der republikanischen Partei nahestehende Ökonomen zweifeln das an. Trumps Zölle seien nicht geeignet, um Industriejobs zurück in die USA zu holen, sagte etwa der Verantwortliche für Wirtschaftspolitik beim konservativen American Enterprise Institute.

Doch selbst wenn Firmen aufgrund von Zöllen ihre Produktion nach Amerika verlagern würden, wäre das nicht zwingend ein Gewinn. Das zeigten Beispiele aus Trumps erster Amtszeit ziemlich gut.

Hohe Kosten für wenig neue Stellen

2018 beschloss die damalige Regierung nämlich eine Reihe von Zöllen, unter anderem auf Waschmaschinen. Whirlpool, ein Fabrikant aus Michigan, hatte sich zuvor lautstark über die zunehmende Konkurrenz aus Südkorea beklagt.

In der Folge wurden die importierten Produkte von Herstellern wie Samsung und LG wie erwartet teurer. Doch auch die einheimischen Firmen erhöhten ihre Preise – und zwar nicht nur auf Waschmaschinen, sondern auch auf Trockner. Wie Forscher von der Universität Chicago berechnet haben, kam dies die Konsumenten in den USA teuer zu stehen: Sie mussten für diese Produkte insgesamt rund 1,5 Milliarden Dollar mehr bezahlen als zuvor.

Zwar führten die Zölle auch dazu, dass Waschmaschinen vermehrt in den USA produziert wurden. Doch das dürfte die volkswirtschaftlichen Kosten kaum aufgewogen haben. In der Industrie entstanden gerade einmal 1800 Jobs. Pro geschaffenen Job ergibt das einen Wohlstandsverlust von über 800’000 Dollar.

Solche Ergebnisse sind typisch. Sie verdeutlichen eines der grossen Probleme von Zöllen: Ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis ist meistens sehr schlecht. Wenn schon, dann sollten Regierungen die wirtschaftliche Entwicklung auf andere Weise fördern (etwa mit Forschungsprogrammen oder Technologieförderung).

Fast noch schlimmer sind die indirekten Effekte, die Zölle haben können. Auch dafür gibt es ein gutes Beispiel aus der Ära Trump: die Zölle auf Stahl und Aluminium, die er 2018 einführte. Von ihnen profitierte zwar die einheimische Stahlbranche. Doch es stiegen die Kosten für alle anderen US-Firmen, die Stahl als Rohmaterial benötigten – zum Beispiel, um Traktoren herzustellen. Studien haben gezeigt, dass die US-Industrie so an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat.

Es droht ein weltweiter Handelskrieg

Zölle schaden in der Regel aber nicht nur dem Land, das sie einführt, sondern der gesamten Weltwirtschaft. Das liegt daran, dass Exportländer die neuen Zölle meist nicht einfach so hinnehmen, sondern Gegenmassnahmen ergreifen.

Als Trump während seiner ersten Amtszeit seine Stahl- und Aluminiumzölle beschloss, belegte die Europäische Union ihrerseits gewisse Exporte aus den Vereinigten Staaten mit Zöllen – unter anderem Whiskey und Motorräder. Und auch China antwortete damals prompt: mit Gegenzöllen auf amerikanische Agrarprodukte wie Sojabohnen, Getreide, Fisch, Fleisch, Früchte und Nüsse.

Trump glaubt, dass man solche Handelsdispute leicht wieder beilegen kann: mit einem grossen «Deal», der letztendlich zum Vorteil der USA ausfallen würde. Doch die Branchen, die von Zöllen profitieren, ziehen oft ein hartnäckiges Lobbying auf, um sie zu verteidigen. Und so zeigt sich, dass man einmal errichtete Handelsbarrieren oft nur mit Mühe wieder wegbekommt. Sie entwickeln in den internationalen Beziehungen sozusagen ein Eigenleben.

Ein Beispiel dafür sind die Zölle, die Trump als Präsident auf bestimmte Waren aus China einführte. Der Republikaner belegte etwa Elektroautos mit einem Zoll von 25 Prozent. Sein demokratischer Nachfolger Joe Biden nahm die Abgabe nicht zurück, sondern doppelte nach und erhöhte den Satz auf 100 Prozent. Und sogar die EU ist drauf und dran, Elektroautos aus China mit Zöllen zu belegen.

Manche Ökonomen betrachten diese Zölle als taugliches Mittel, um China zu einem fairen Wettbewerb zu zwingen. Ob diese Strategie aufgeht, ist offen. Die grosse Gefahr ist, dass der globale Handelskrieg dadurch zusätzlich angeheizt wird.

Trump sollte das Wort Zoll am besten ganz aus seinem Wortschatz streichen.