Datenleck bei der Credit SuisseDieses Werk schreibt ein Stück Bankengeschichte
Das Buch über die «Suisse Secrets» zeigt nicht nur die teils haarsträubenden Kunden der Grossbank. Es gibt auch einen einmaligen Einblick in die Schweizer Finanzwelt.
Kaum waren die ersten Berichte über das grosse Datenleck bei der Credit Suisse Ende Februar publiziert, erhielten diese sogenannten Suisse Secrets schon zusätzliche, ganz aktuelle Brisanz: Nach den Sanktionen gegen russische Oligarchen erschienen sofort Berichte über die 27 Konten der Familie von Eisen-Tycoon Alischer Usmanow bei der Credit Suisse. Der Umfang: 1,9 Milliarden Franken.
Wie bei allen grossen Datenlecks werden die 18’000 geheimen Kontodaten aus den «Suisse Secrets» nun regelmässig wieder zum Thema. Weder die Credit Suisse noch die ganze Schweiz wird das Thema also schnell los. Sogar das Parlament wird sich noch einmal damit befassen. Passend dazu ist nun das Recherche-Buch der beteiligten deutschen Journalisten in Schweizer Buchhandlungen erhältlich. Der Titel: «Schweizer Geheimnisse».
Ob man nun ein Freund oder ein Kritiker des Bankgeheimnisses ist – dem Buch ist jetzt bereits ein prominenter Platz in der Geschichtsschreibung des Schweizer Bankenplatzes gesichert. Der Grund: Es gibt zwar Dutzende Bücher über das Schweizer Bankgeheimnis. Aber alle diese Autoren wussten letztlich nicht in grossem Stil, welche ausländischen Kunden die Banken tatsächlich hatten, wen also dieses Geheimnis am Ende tatsächlich schützte.
Genau diese Lücke schliesst «Schweizer Geheimnisse». Auf 280 Seiten erfahren die Lesenden Details über die schwierigste Kundschaft der Credit Suisse in den letzten Jahrzehnten. Es ist ein Panoptikum des Schreckens: Es geht um Männer, die für die CIA Menschen folterten und dann plötzlich und unerklärlicherweise Dutzende Millionen erhielten, die die Bank fraglos angenommen hat. Man liest von Milliarden, die von Diktatoren und ihren Familien in die Credit Suisse strömten.
Spenden für Bedürftige landeten in Luxusimmobilien
Angenehm ist, dass die Autoren nicht einfach eine endlose Anzahl von Problemkunden aneinanderreihen, sondern die wichtigsten Fälle in 19 Kapiteln einzeln vertiefen und erklären. Unterbrochen ist das Ganze mit spannenden Blicken hinter die Kulissen der heiklen Recherchearbeit mit gestohlenen Bankdaten.
In der Vertiefung all dieser Fälle liegt allerdings auch die Schwäche des Buches aus Schweizer Sicht: Die Veränderungen auf dem Finanzplatz der letzten 15 Jahre waren dramatisch. Das hiesige Publikum bewertet einen Fall von 2003 deswegen ganz anders als einen von 2016. Sowohl die Berichte der ausländischen Medien Ende Februar als auch das Buch nehmen darauf wenig Rücksicht. Eine Schweizer Sicht auf die Daten war allerdings auch nicht möglich, weil hiesige Journalistinnen und Journalisten wegen des Bankengesetzes schlicht nicht mitarbeiten konnten.
Das ist schade, weil bei einigen Leserinnen und Lesern der ausländischen Artikel im Februar der Verdacht aufkam, es handle sich nur um alte Fälle. Die aktuellen Berichte aus den «Suisse Secrets» zu den Russland-Sanktionen zeigen jedoch das Gegenteil.
Ein weiterer aktueller Fall und ein Highlight des Buches ist die Geschichte, wie Spenden der Gläubigen an die katholische Kirche, die für die «Bedürftigsten» vorgesehen waren, über Konten bei der CS in Luxuswohnungen in London abgezweigt wurden. Der Fall wird in diesen Tagen in Rom vor Gericht verhandelt. Aktueller geht kaum.
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