Inflation steigt rasantDiesel ist so teuer wie nie
Die Teuerung hat im Juni noch mal zugenommen. Nach dem Benzinpreis erreicht nun auch der Diesel einen neuen Rekordpreis.
Seit dem Ausbruch des Krieges ist der Benzin- und Dieselpreis stark gestiegen. Im Juni hat nun der Preis für Diesel einen neuen Rekord erreicht. Laut den neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik lag der Durchschnittspreis bei 2.34 pro Liter. Das bedeutet: Kosteten 40 Liter Diesel im letzten Jahr im Schnitt rund 70 Franken, müssen nun fast 94 Franken bezahlt werden.
Damit treibt der Dieselpreis die Teuerung an. Sie steigt so stark wie seit 1993 nicht mehr. Im Juni kletterte sie auf nun 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Zuwachs befindet sich derzeit am oberen Ende dessen, was Expertinnen und Experten erwartet hatten.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte Mitte Juni vor dem Hintergrund der anziehenden Inflation die Leitzinsen angehoben. Die SNB-Spitze ging damals davon aus, dass der Höhepunkt der Inflation im dritten Quartal 2022 mit durchschnittlich 3,2 Prozent erreicht werden würde. Danach sollte sie sich wieder leicht abschwächen, so die Annahme.
Finanzkrise lässt grüssen
Einen grossen Anteil an der Teuerung haben die steigenden Rohstoffpreise. Und der neue Rekord bei Diesel zeigt: Eine Normalisierung auf einen Preis, wie er vor dem Krieg üblich war, scheint kurzfristig nicht realistisch. Das letzte Mal, als der Preis für Diesel ähnlich hoch war, war 2008. Damals war der Auslöser die Weltwirtschaftskrise. Über 6 Monate hinweg war damals der Preis über 2 Franken pro Liter, der Höchststand lag bei 2.28 Franken. Im März hat der Dieselpreis die Schwelle von 2 Franken wieder überschritten. Und kennt seither nur eine Richtung: nach oben.
Ähnlich sieht es beim Benzinpreis aus, auch er ist einer der Treiber der Teuerung. Dort wurde bereits im März der neue Rekord erreicht. Seither stiegen die Preise gar noch einmal an auf nun 2.25 Franken pro Liter. Alleine von Mai auf Juni stiegen die Preise von 2.06 auf 2.25 um fast 20 Rappen.
Für eine Tankfüllung von 40 Liter macht alleine dieser Sprung fast 8 Franken mehr aus. Vergleicht man die Preise mit 2021, sieht es noch gravierender aus. Damals lag der Durchschnittspreis für Benzin bei 1.67 Franken. Statt 67 Franken kostet die gleiche Menge Benzin 90 Franken.
Erhöhte Margen bei Raffinerien
Der Grund für die hohen Preise sind einerseits hohe Kosten für den Rohstoff, also Rohöl. Dieser erreichte gleich zu Beginn des Krieges einen Höchststand, ist seither geprägt von einem auf und ab. Doch entscheidend für die Preise an der Zapfsäule ist nicht nur der Rohölpreis, sondern auch die Kosten für die Raffinierung. Also der Prozess, um aus Rohöl Benzin und Diesel herzustellen. Dort sind die Margen förmlich explodiert. Zahlen zeigen: Vor dem Krieg war es üblich, dass pro Fass Rohöl die Raffinierung 10 bis 20 Dollar draufschlägt. Nun sind es 40 bis 50 Dollar.
«Die Raffinerien machen derzeit einen grossen Profit», sagte Ramon Werner von der Oelpool AG, Ende Mai gegenüber dieser Zeitung. Seine Firma betreibt unter anderem die Tankstellen von Ruedi Rüssel.
Das Problem hinter den erhöhten Margen: Die Produktionskapazität der Raffinerien ist offenbar knapp. Das hat damit zu tun, dass die Benzin- und Dieselproduzenten in der Vergangenheit davon ausgingen, dass es in Zukunft weniger Benzin und Diesel braucht, und langsam, aber sicher aus dem Geschäft ausstiegen. Den E-Autos gehörte die Zukunft. Doch nun treiben die knappen Produktionskapazitäten die Preise.
Die hohen Benzin- und Dieselpreise sind mitentscheidend dafür, dass andere Güter ebenfalls teurer werden, wie das Bundesamt für Statistik mitteilte. Dies, weil die Transportpreise dadurch erhöht sind, was sich am Ende auf die Konsumentenpreise durchschlägt.
So wurde Fruchtgemüse im Vergleich zum Vormonat um 18 Prozent teurer. Auch andere Lebensmittel sind heute deutlich teurer als noch vor einem Monat. Vergleicht man die Preise mit denen vor einem Jahr, fallen mehrere Produkte auf, die heute deutlich teurer sind als noch vor einem Jahr. Automieten sind heute 86,8 Prozent teurer als im Juni 2021. Schlafzimmermöbel sind ebenfalls 10,9 Prozent kostspieliger als noch vor einem Jahr.
Auch wenn die Teuerung in der Schweiz weiter anzog: Im Vergleich ist man in der Schweiz noch auf einem tiefen Niveau. In der Eurozone lag die Teuerung im Juni bei 8,6 Prozent. So hoch wie noch nie seit der Einführung des Euro im Jahr 1999. In den USA liegt die Inflationsrate ebenfalls bei 8,6 Prozent. Sie ist damit so hoch wie 1981 zum letzten Mal.
In der Hoffnung, die Inflation in der Schweiz zu dämpfen, hat die Nationalbank im vergangenen Monat reagiert und die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte auf noch –0,25 Prozent erhöht.
Der Ökonom Klaus Wellershoff sagte vor wenigen Tagen dieser Zeitung, dass die SNB damit zu spät gekommen sei: «Der Zinsentscheid ist weder inflationsdämpfend, noch wird er einen konjunkturellen Effekt haben. Ich glaube, ein Leitzins von –0,25 Prozent fördert die Inflation. Die Nationalbank kommt zu spät.»
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