Kommentar zum Axenstrasse-UnfallDie Lehren daraus sind einfach, aber nicht nur bequem
Gern würde man Schuldige für das Unglück am Urnersee benennen, um es fassbar zu machen. Dieser Versuchung sollte man widerstehen.
Rund 200 Verkehrsunfälle mit Todesopfern ereignen sich hierzulande jedes Jahr. Aber dieses eine Unglück an der Axenstrasse vom Sonntag bewegt zurzeit die Schweiz wie kein anderes.
Kein Wunder. Der Sturz eines Personenwagens über eine 45 Meter hohe Felswand in den See und, wie man jetzt im Detail weiss, 182 Meter tief unter Wasser: eine schreckliche Vorstellung. Sie lässt niemanden unberührt. Die Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer.
Etwas bis dahin so Unvorstellbares muss Ursachen haben. Und am besten auch noch Schuldige.
Dazu die Bilder von der Unfallstelle. Offensichtlich hat das Auto ein schwächlich wirkendes Geländer glatt durchschlagen. Warum gab es keine solide Leitplanke wie sonst doch auf jedem Meter Autobahn? An diesem Ort, atemberaubend eingequetscht zwischen Felswänden und See?
Man ringt um Erklärungen. Etwas bis dahin so Unvorstellbares muss Ursachen haben. Und am besten auch noch Schuldige: Ist es das Bundesamt für Strassen, das dort für die Sicherheit verantwortlich ist? Ist es der Kanton Schwyz, der die gefährliche Strasse schon längst hätte im Berg umtunneln sollen? Sind es Umweltorganisationen, die gegen die geplanten Tunnel Einsprache erhoben haben? Oder sind es die Gerichte, bei denen die Einsprachen jahrelang liegen geblieben sind?
Diese möglichen Sündenböcke wurden schon Stunden nach dem Unglück genannt. Die plausibelste Erklärung ist aber eine andere: Der tödliche Unfall war eine Verkettung unglücklicher Umstände.
Auf Englisch spricht man von einem «freak accident».
Der Personenwagen touchierte die Felswand an der ungünstigsten Stelle. Beim Zurückschleudern prallte er im ungünstigsten Winkel in das Geländer. Deshalb hielt dieses der Wucht nicht stand, obwohl es den Vorschriften entsprach. Die Topografie von Fels und See sorgte für den Rest.
Auf Englisch spricht man von einem «freak accident».
Wenn die polizeiliche Untersuchung nicht noch völlig anderes zutage fördert, sind die Lehren aus dem Unfall eigentlich einfach, aber weniger bequem, als mit dem Finger auf andere zu zeigen: Autofahren erfordert ungeteilte Aufmerksamkeit. Technik und Natur bergen Risiken. Leben ist gefährlich.
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